Harburg. 109 Schulen in der Region dürfen sich „Umweltschule in Europa – Internationale Nachhaltigkeitsschule“ nennen. Was das bedeutet
Wenn Dana und Hannes, Lynn und Sean Pause haben, gehen die Schüler der IGS-Buchholz am liebsten in den Garten. Sie setzen sich an den Teich, schauen den Bienen zu oder ernten ein paar Äpfel bevor sie zurück in den Unterricht müssen. Am Gymnasium Hittfeld in Seevetal gehen die Schüler bei gutem Wetter ins „Grüne Klassenzimmer“ auf den Schulhof, sie pflanzen Blühwiesen und forschen zum CO2-Verbrauch. Und am Alexander-von Humboldt-Gymnasium (AvH) in Harburg sind die Schüler dem Müll auf der Spur, experimentieren zum Klimawandel oder bauen Unterkünfte für Insekten.
Die drei Schulen in der Region Harburg und Umland tragen das Qualitätssiegel „Umweltschule in Europa – Internationale Nachhaltigkeitsschule“. Sie haben sich auf die Fahnen, Bildung für nachhaltige Entwicklung in Unterricht und Schulleben zu integrieren.
In der Region Lüneburg 49 Schulen ausgezeichnet, in Hamburg sind es 60
Insgesamt sind in der Region Lüneburg 49 Schulen ausgezeichnet, in Hamburg sind es 60. Die Auszeichnung wird seit 1995 an Schulen verliehen, die sich in besonderer Weise um umweltverträgliche Schulkonzepte und die Bildung für nachhaltige Entwicklung einsetzen. Getragen wird das Projekt in Deutschland durch die Deutsche Gesellschaft für Umwelterziehung.
Wer sich „Umweltschule in Europa“ nennen möchte, muss mehr tun als nur Müll sammeln und das Licht ausknipsen. „Es geht darum, Nachhaltigkeit ganzheitlich und systematisch im Schulleben zu verankern“, sagt Sabine Hansen, Schulleiterin des AvH. Das Gymnasium im Stadtteil Rönneburg gehört zu den ersten Umweltschulen, die 1995 in Hamburg ausgezeichnet wurden und trägt seitdem durchgängig das Qualitätssiegel. Abfallvermeidung und Energiesparen, Solarstrom und gesundes Pausenfrühstück – all das sind Selbstverständlichkeiten am AvH. „Alle Nachhaltigkeitsaspekte sind bei uns im Unterricht verankert. Wir leben das, was wir lernen“, sagt Sabine Hansen.
Schülerfirma in Rönneburg vermarktet „fairtrade Schulsachen“
So gibt es am AvH neben den vielen Aktionen zum Ressourcensparen etliche Nachhaltigkeitsprojekte. Dazu gehören unter anderem eine Schülerfirma, die „fairtrade Schulsachen“ vermarktet, es gibt Trinkwasserspender, Sozialpraktika und Zeitzeugenprojekte. Die Schüler nehmen an der Juniorwahl teil, sie haben einen Bach renaturiert und forschen zum Thema Mikroplastik. „Unser Ziel ist es, dass die Schüler lernen, ihr Leben nachhaltig zu gestalten und damit die Ressourcen für kommende Generationen zu sichern“, so die Schulleiterin. „Dabei geht es darum, den Schülern zu zeigen, an welchen Stellen sie selbst die Möglichkeit haben etwas zu ändern und einen kleinen Beitrag zu leisten.“ Ein Beispiel dafür ist das „Klimafrühstück“, bei dem die Teilnehmenden ganz praktisch erfahren, welche Auswirkung Ernährung das Weltklima hat. Oder die Klimadetektive, die in den Klassenräumen nach Energieräubern suchen.
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Auch die IGS Buchholz trägt den Titel „Umweltschule in Europa“. Hier können naturverbundene Schüler Jahrgänge fünf bis acht die Ökologieklasse besuchen, haben dort jede Woche zwei zusätzliche Stunden zu den Themen Umweltbildung und nachhaltige Entwicklung. „Die Ökologieklasse ermöglicht es uns, auch größere Projekte wie den Schulgarten und die Imkerei umzusetzen“, sagt Lehrkraft Anna Maria Metscher, die gemeinsam mit ihrer Kollegin Inga Schlüter das Projekt Umweltschule leitet. Jüngstes Projekt war der Bau einer Lehmhütte als Lernort im Freien. Darüber hinaus veranstaltet die Schule Mobilitätswettbewerbe, die Schüler trennen Müll und achten darauf, Energie in den Klassenräumen zu sparen.
Jetzt wollen die Mitstreiter an der IGS Buchholz die Umweltaktivitäten in einem größeren Rahmen bündeln. „Auf unserem Weg Richtung Klimaneutralität und Nachhaltigkeit haben wir uns beim Projekt ‚Schools for Earth‘ beworben“, sagt Anna Maria Metscher. Das Projekt wurde von der Umweltorganisation Greenpeace entwickelt und begleitet Schulen bei ihrer aktiven Arbeit für den Klimaschutz. „Sollten wir an dem Projekt teilnehmen dürfen, werden wir uns den ökologischen Fußabdruck unserer Schule anschauen und prüfen, was wir bei Strom- und Wärmeversorgung, Verpflegung und Mobilität, Abfall und Wasser ändern müssen“, so Metscher.
Gymnasium Hittfeld war eine der ersten Umweltschulen im Landkreis Harburg
Zu den ersten Umweltschulen im Landkreis Harburg gehört das Gymnasium Hittfeld. „Wir haben schon lange, bevor das Siegel 2005 in Niedersachsen erstmals vergeben worden ist, Umweltthemen angepackt“, sagt Irmgard Bierwisch, Lehrerin im Ruhestand. So habe man bereits Anfang der 1970er Jahre mit Schülern einen Teich und einen Knick angelegt, Lichtsparprojekte angeschoben und, als Beitrag zur alternativen Energiegewinnung, eine Solaranlage auf dem Flachdach der Schule installiert. „2004 haben wir den Schulhof begrünt, ein Jahr später die Imker-AG gegründet und eine Schmetterlingswiese angelegt“, sagt Irmgard Bierwisch. Längst gehören Bienen, Schmetterlingswiese, Müllsammeln und Energiesparen, Waldtage, Webcoaches und soziales Engagement wie Spendenaktionen für das Hospiz für Hamburgs Süden zum Alltag der 1200 Schülerinnen und Schüler am Gymnasium Hittfeld.
Initiatoren an der Schule: "Nachhaltigkeit ist mehr als Müllsammeln"
„Der nachhaltige Umgang mit der eigenen Lebenswelt und der Blick auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen und auf spätere Generationen stehen in all unseren Projekten im Vordergrund“, sagt Bierwisch, die sich auch im Ruhestand weiterhin für das Thema Nachhaltigkeit an der Schule engagiert. „Nachhaltigkeit ist mehr als Müllsammeln“, ergänzt ihr Kollege Uwe Stattkus. „Es geht uns darum, den Unterricht in vielfältiger Form an den Themen und Methoden der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung auszurichten.“
Um das zu erreichen, gründeten Lehrer, Eltern und Schüler die Projektgruppe BNE und befragten die Schülerinnen und Schüler. „Wir wollen beim Thema Nachhaltigkeit die Bedürfnisse und Perspektiven aller Mitglieder der Schulgemeinschaft berücksichtigen“, sagt Markus Grabichler, der sich als einer von zwei Elternvertretern in der Projektgruppe engagiert. „Deshalb haben wir eine Umfrage gestartet.“
Gespräche mit Alfred-Wegener-Institut auf Helgoland über Kooperation laufen
Mit Hochdruck arbeitet die Projektgruppe daran, Nachhaltigkeitsthemen dauerhaft im Curriculum zu verankern und weitere BNE-Projekte anzuschieben. Derzeit sind die Mitstreiter im Gespräch mit dem Alfred-Wegener-Institut (AWI), das auf Helgoland ein Schülerlabor eingerichtet hat und nun eine Partnerschule sucht, die nicht nur in Sachen Ökologie und Umweltschutz forschen will, sondern darüber hinaus auch etwas für das Miteinander in Europa tut. „Als Erasmus-Plus-Schule kooperieren wir mit Schulen in Europa und tauschen uns über nachhaltige Bildung aus“, sagt Irmgard Bierwisch. „Insofern wären wir der perfekte Partner für das AWI.“
Für die Schülerinnen und Schüler steht außer Frage, dass das Thema Nachhaltigkeit in den Schulalltag gehört. „Es geht um unsere Zukunft “, sagt Zwölftklässlerin Lara Augustin vom Gymnasium Hittfeld. „So wie es jetzt ist, darf es nicht bleiben.“ Wenn jeder einzelne von uns jetzt nichts tue, werde die Erde bald nicht mehr bewohnbar sein. „Wir müssen uns kümmern, schließlich wollen wir noch lange auf dieser Erde leben“, sagt Fünftklässlerin Matilda vom AvH, die gemeinsam mit Mitschülerin Emma jetzt eine AG zum Upcycling gründen möchte. Und sie wollen Bäume pflanzen. Im Rahmen von „Plant for the Planet“ haben sich die beiden gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen aus der ganzen Welt das Ziel gesetzt, 1000 Milliarden Bäume auf diesen Planeten zurückzubringen. Der Impuls für das Engagement kommt aus ihrer Schule.