Harburg. Bewohner der Harburger Schloßstraße und des Schellerdamms bepflanzen Brachflächen rund um Straßenbäume.
Der Harburger Binnenhafen ist als Technoquartier mit maritimem Flair bekannt und zunehmend auch als Wohnviertel. Mit den Bewohnern verändert sich die Umgebung – wenn auch nur im Kleinen: Entlang des Schellerdamms und der Harburger Schloßstraße sprießen rund um grasgrüne Baumscheiben winzige Gärtchen wie Pilze aus dem Boden. Hier sind Bewohner als Einzelkämpfer oder gemeinsam mit anderen aktiv geworden und haben Grünpatenschaften für die Bauminseln übernommen. Sie sind nicht allein: Im Bezirk Harburg gibt es 200 Grünpaten.
Als einer der ersten im Binnenhafen verwandelte Horst Schulze vor rund vier Jahren die Baumscheibe vor seiner Haustür in ein blühendes Mini-Beet. „Ich hatte Balkonpflanzen übrig und habe sie auf dem Flecken eingegraben“, sagt der Anwohner der Harburger Schloßstraße. „Eine Nachbarin sagte mir, dass ich das offiziell machen und dem Bezirk melden sollte. Jetzt habe ich sogar eine Urkunde als Grünpate.“
Die Zahl der Harburger Grünpaten stieg vor allem 2020 und 2021
Schon 2005 hatte die Stadt das Projekt Grünpate angestoßen. Bürger oder Firmen können die Patenschaft für ein Beet oder einen Baum übernehmen und haben dann dafür zu sorgen, dass es dem Grün gut geht. Die Beetpflanzen dürfen maximal 80 Zentimeter hoch werden, und beim Einsetzen dürfen die Baumwurzeln nicht beschädigt werden. Zunächst lief die Aktion schleppend an – im Mai 2009 gab es im Bezirk Harburg nur einen Grünpaten. „Die Zahl ist stetig gestiegen, besonders in 2020 und 2021 gab es vermehrt neue Interessenten“, sagt Bezirksamtssprecher Dennis Imhäuser.
Horst Schulze hat seine kleine Oase mit einigen winterharten Blühpflanzen bestückt. Zur Straße hin wachsen Heckenrosen, wie man sie aus Nordfriesland kennt. „Die können Salz vertragen, falls im Winter mal ein Streufahrzeug vorbeikommt“, sagt der Hobbygärtner. Es gibt auch ein Stück Rasen und eine kleine Steingarten-Ecke.
Gut 100 Meter weiter stadteinwärts hat die Friseurin Angelika Leber ein kleines pflanzliches Kunstwerk errichtet und dabei auch in die Höhe gearbeitet: Einige Topfpflanzen stehen auf einer kleinen, an den Baum gelehnten Leiter. Eine Oase der Ruhe konnte die Wellness-Friseurin angesichts der vom Schwerlastverkehr malträtierten Straße nicht schaffen, aber zumindest eine Augenweide für Kunden und Passanten.
Zwei soziale Einrichtungen bilden Gärtnerteams am Schellerdamm
Seit Mai dieses Jahres blüht es auch am Schellerdamm. Dort startete das Sozialkontor das Projekt „Blühende Inseln – Stadtgärtnern in Harburg“ und gestaltete mit ihrer Wohngemeinschaft Schellerdamm ein Blumenbeet. Es bekam eine markante Umrandung aus kurzen Stöcken und ein Hinweisschild mit einem durchgestrichenen Hund in eindeutiger, gebückter Sitzhaltung. „Wir freuen uns sehr, dass auch einige Nachbarinnen und Nachbarn mitmachen. Interessierte sind herzlich willkommen: Es gibt noch viele weitere Grünflächen, die zu kleinen Beeten umgewandelt werden könnten!“, lautet die Internet-Botschaft des Stadtgärtnerteams.
Gleich bei den Nachbarn traf sie ins Schwarze: „Wir haben das Beet vom Sozialkontor gesehen und einen Aufruf an unsere Bewohner gestartet, sich doch als Gärtnerin oder Gärtner zu engagieren“, sagt Regina Runde von der gemeinnützigen Gesellschaft Parea (altgriechisches Wort für Miteinander). Parea wurde vom überregional agierenden Wohnungsbauunternehmen Sahle Wohnen ins Leben gerufen, mit dem Ziel das soziale Engagement unter den Mietern zu fördern. Im Binnenhafen betreibt Parea das Paulinum Schellerdamm mit 102 Service-Wohnungen für Menschen im 60+-Alter. Sie treffen sich zu Kaffee- und Spielerunden, zum Basteln, zu Vorträgen und seit kurzem auch zum Gärtnern. „Wir sind Anfang August gestartet“, sagt Einrichtungsleiterin Runde, „unsere Kreativ-Gruppe hat die Patenschaft für drei Beete übernommen.“
Anwohner spenden Blumen oder bringen Kaffee vorbei
Zwei sind bereits komplett bepflanzt. Auf dem dritten herrscht zur Hälfte noch Wildwuchs aus Gras und Wildkräutern. Sie sollen nun allmählich Blumenstauden und Ziergewächsen weichen. „Wir wollen damit auch ein bisschen das Quartier zusammenbringen“, sagt Runde. „Die Leute bleiben stehen, spenden Blumen oder bringen Kaffee vorbei, wenn die Gruppe im Beet aktiv ist.“ Auch sie und ihr Team wünschen sich, dass noch mehr Nachbarn die Idee aufgreifen. Zur Freude der Anwohner und zahlreicher Insekten, die die bunten Trittsteine eifrig besuchen.