Harburg. Anjes Tjarks erteilt vielen Forderungen aus dem Hamburger Süden eine Absage. Lösungen präsentierte der Grünen-Politiker nicht.
Harburgs Gewerkschafter haben der Hamburger Verkehrspolitik einen dicken Forderungskatalog präsentiert und für die meisten ihrer Forderungen am Dienstagabend eine höfliche Absage kassiert. Vor allem einer zusätzlichen S-Bahn-Station in Bostelbek, die neben dem Mercedes-Werk auch zahlreiche andere Betriebe im nahen Gewerbegebiet besser an den Nahverkehr anbinden würde, steht Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) skeptisch gegenüber.
Das sagte er bei einer Podiumsdiskussion des DGB-Ortsverbands Harburg im Kulturclub „Stellwerk“. Auch eine Verlängerung der U 4 nach Harburg wird es in absehbarer Zeit nicht geben. Und die Verstärkerlinie S 32, mit der auf dem Harburger S-Bahn-Ast ein Dreiminuten-Takt ermöglicht werden soll, ist zwar geplant und dringend notwendig, aber noch nicht finanziert.
Fünfstellige Zahl von Hamburgern pendelt jeden Tag über die Elbe
Mit auf dem Podium saßen die verkehrspolitischen Sprecher dreier Bürgerschaftsfraktionen: Ole Torben Buschhüter (SPD), Gerrit Fuß (Grüne) und Heike Sudmann (Linke). Auch die CDU war eingeladen, hatte jedoch keinen Vertreter entsandt. Der Harburger DGB hatte im Laufe nahezu eines Jahres eine Umfrage bei 100 Betriebs- und Personalräten von Firmen und Institutionen südlich der Elbe gemacht, um herauszufinden, was an den Wegen zum Arbeitsplatz verbessert werden könnte, und daraus Forderungen entwickelt.
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Einige der Ergebnisse hätten Harburger so nicht erwartet: So pendeln zum Beispiel nicht nur Harburger nach Hamburg, um zu arbeiten, sondern auch eine fünfstellige Zahl an Hamburgern nach Harburg. Mit fast 60 Prozent ist das eigene Auto das bevorzugte Verkehrsmittel, um zur Arbeit zu gelangen. Wer das ändern möchte, muss die öffentlichen Verkehrsmittel attraktiver machen, fordern die Harburger Gewerkschafter. Sie wünschen sich eine bessere Anbindung der Gewerbegebiete, beispielsweise durch eine S-Bahn-Haltestelle Bostelbek, eine westliche Elbquerung der S-Bahn mit Stop an den Containerterminals, eine Verlängerung der U 4 bis Harburg. „Schickimicki-Pralinen-Projekte, wie autonom fahrende Taxis bringen nichts“, sagte ein Zuhörer unter Applaus, „wir brauchen richtig Kapazitäten!“
Als einzige Oppositionspolitikerin legte Heike Sudmann gleich noch eine Forderung darauf: „Die Fahrpreise müssen sinken!“, sagte sie, „wenn schon kein Ein-Euro-Ticket, wie in Berlin, dann wenigstens die Möglichkeit, die günstige Profi-Card auch für Beschäftigte kleiner Betriebe zugänglich zu machen, statt wie bislang nur für Groß-Abonnenten.“
Nicht der Preis ist das Problem, sondern die mangelnden Kapazitäten
Gerrit Fuß, als Wilhelmsburger der einzige Diskutant aus dem Süden, konterte, dass der Schwerpunkt aktuell nicht auf den Preisen sondern der Leistungsfähigkeit der Verkehrssysteme liegen müsste: „Wenn niemand mehr in die Bahn hineinkommt, macht auch ein niedrigerer Fahrpreis das bahnfahren nicht attraktiver“, sagte er.
Um zusätzliche Kapazitäten zu schaffen, will die Stadt eine dritte Linie auf den Harburger S-Bahn-Ast bringen: Die S 32. Eigentlich soll sie bis 2025 fahren. Genügend Fahrzeuge dafür sind bei der S-Bahn vorhanden. Damit alle dann drei Harburger Linien zuverlässig fahren können, muss allerdings an der Strecke viel gebaut werden: Stromversorgung und Regeltechnik müssen angepasst werden. Dazu muss man Stell- und Gleichrichterwerke bauen. Das kostet Geld, das Hamburg nicht hat. Tjarks möchte es aus einem Topf im Bundeshaushalt holen, der für kommunale Verkehrsprojekte eingerichtet wurde. Er ist zuversichtlich, das Geld zu bekommen.
Einen S-Bahn-Halt in Bostelbek wird es nicht geben
Einen S-Bahn-Halt in Bostelbek kann sich Tjarks nur schwer vorstellen: „Das würde die Fahrzeit für alle Nutzer von weiter westlich verlängern und dieser Nachteil überwiegt wahrscheinlich den Vorteil, den so eine Station bringen würde.“
Auch die U 4 könne keine Lösung für den Hamburger Süden sein. „Grundsätzlich muss sie verlängert werden, aber da denken wir eher in Jahrzehnten als in Jahren. Die aktuellen Probleme können wir damit nicht angehen.“
Bei der S-Bahn-Querung der Elbe im Westen warte man auf die Machbarkeitsstudie, sagte der SPD-Experte Buschhüter. In Planung sei hingegen eine Expressbus-Linie zwischen Neugraben und Altona, ergänzte Gerrit Fuß. „Damit die nicht im Stau stecken bleibt, müssen Sie aber eine Busspur im Elbtunnel einrichten“, reagierte Heike Sudmann darauf, „und das meine ich nur halb im Scherz!“