Neuenfelde. Pella Sietas Werft muss einen Insolvenzantrag stellen. Politiker aus dem Hamburger Süden sehen die Schuld daran bei zwei Behörden.
Der Insolvenzantrag der Werft Pella Sietas löst bei den Politikern im Hamburger Süden Frustration und Verärgerung aus. Südlich der Elbe haben sich Vertreter aller Parteien in letzter Zeit für die Neuenfelder Traditionswerft stark gemacht. Der Insolvenzantrag war abzusehen, dennoch alarmiert er die Politiker und die Menschen in der Region.
Manche Politiker sehen jetzt den Senat in der Pflicht. Manche sehen aber auch das Werft-Management in der Verantwortung für die Situation. Es ist bereits der zweite Insolvenzantrag der Werft innerhalb von zehn Jahren – nachdem die Schiffbauer von der Este zuvor 380 Jahre lang alle Höhen und Tiefen ihres Geschäfts ohne Pleite überstanden hatten.
Pella-Sietas-Werft: 2011 schon Insolvenzantrag gestellt
„Ich erinnere mich noch, wie ich 2011, noch mit Thomas Völsch, bei zweistelligen Minusgraden morgens am Werktor versucht habe, den Betroffenen Mitarbeitern Mut zuzusprechen“, sagt Holger Böhm, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Regionalausschuss Süderelbe. „Das wollte ich eigentlich nicht noch einmal erleben und damit meine ich nicht die Temperaturen. Das haben die Mitarbeiter nicht verdient! Wenn die Werft tatsächlich schließen muss, ist das ein ganz herber Schlag für die ganze Region. Hier müssen sich die Bürgerschaftsabgeordneten aus dem Süden sofort beim Senat für schnelles Handeln einsetzen!“
Böhms Genosse und Bürgerschaftsabgeordneter Matthias Czech erwidert, dass die Bürgerschaft das Thema sehr wohl im Blick habe. „Es liefen in den letzten Monaten ständig Gespräche zwischen der Werft und den Fachbehörden“, sagt er, „man ist einer Lösung der Probleme nah, aber manchmal wurde das Verhalten der Werftleitung auch als Erpressungsversuch wahrgenommen.“
Schlick im Werftbecken ist ungelöstes Problem
In den Verhandlungen ging es hauptsächlich um die Schlickbeseitigung im Werftbecken. Für das kostengünstige Spülverfahren stellten Umweltbehörde und die Hafenbehörde HPA unabhängig voneinander so strenge Bedingungen, dass es nahezu unmöglich war, sie einzuhalten. In der Folge blockierte ein fertig gebautes Baggerschiff, das bei Sietas mangels Wassertiefe nicht ausgedockt werden konnte, monatelang die Werft.
„Bereits 2020 gab es einen Brandbrief aus dem Alten Land an den Hamburger Senat, hier eine Lösung zu finden, denn die Werft ist für die ganze Region ein wichtiger Wirtschaftsfaktor“, sagt die Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Gudrun Schittek aus Cranz. „Geschehen ist nichts. Auch die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes hat ihre Zusage, die Este auf schiffbarer Tiefe zu halten, bislang nicht umgesetzt. Dabei sind alle Beteiligten in Hamburg um eine Lösung bemüht.“
„Werft zwischen Wirtschafts- und Umweltbehörde zerrieben“
Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete für Süderelbe, André Trepoll, sieht diese Bemühungen nicht: „Hier wird die Werft zwischen der Wirtschaftsbehörde in Form der HPA und der grünen Umweltbehörde zerrieben. Die Konsequenz haben wir jetzt. Gute Wirtschaftsförderung sieht anders aus!“
Metin Hakverdi (SPD), Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Harburg, sieht die Insolvenzanmeldung in einer Reihe von unerfreulichen Entwicklungen im Hamburger Süden, wie der Ankündigung eines harten Sparkurses bei Airbus oder der Absage von Daimler an den Ausbau des Harburger Werkes: „Wir brauchen Industriearbeitsplätze im Hamburger Süden und wir brauchen an diesen Arbeitsplätzen gute Arbeitsbedingungen“, sagt er, „damit die hoch qualifizierten Facharbeiter auch motiviert und in der Lage sind, Innovationen mitzutragen und mitzuentwickeln. Nur so behalten wir im internationalen Wettbewerb und im Kampf gegen den Klimawandel die Nase vorn. Dass die Gewerkschaften hier um den Erhalt guter Arbeitsplätze kämpfen, finde ich deshalb nicht kontraproduktiv, sondern konstruktiv! Angst um den Arbeitsplatz haben zu müssen, ist hingegen wirklich kontraproduktiv.“
Pleite von Pella Sietas sei harter Schlag für die Region
Der CDU-Bezirksabgeordnete Lars Frommann weist auf die lange Tradition und die Zukunftsfähigkeit der Werft hin: „Sietas gibt es seit nahezu 400 Jahren. Es ist die älteste Werft Deutschlands und gleichzeitig eine sehr innovative. Wenn sie scheitert, hat das Symbolwert und wäre ein harter Schlag für die Region Süderelbe und Altes Land“, sagt er. „Aber es mangelt der Werft ja nicht an Aufträgen, sondern an Geld. Hier muss der Insolvenzverwalter alles tun, damit der Schiffbaubetrieb weiter gehen kann – schnell Geld beschaffen und die Schlickbeseitigung organisieren!“