Harburg. Betreiber kann Bezirksamt Harburg überzeugen, dass es sich um Sport handelt. Dafür war aber ein Anwalt nötig - und Zugeständnisse.

Das ging schnell: Ab sofort darf die Hamburger Wasserski-Anlage am Neuländer Baggersee in Harburg doch wieder den Betrieb aufnehmen – wenn auch unter strengen Auflagen. Geschäftsführer Siegfried Weckler und sein Team freuen sich. Sie planen, die ersten Wassersportler ab Sonntag über die See-Oberfläche flitzen zu lassen.

Dem vorausgegangen war ein Streit zwischen Weckler und dem Bezirksamt Harburg: Ist der Wasserskilift eine Sportanlage oder ein Ort des Freizeitvergnügens? (Das Abendblatt berichtete) Das ist wichtig, denn Individualsport im Freien ist auch unter der gegenwärtig geltenden Corona-Eindämmungsverordnung der Freien und Hansestadt Hamburg bei Einhaltung von ausreichend Abstand ausdrücklich erlaubt.

Streit darum, ob Anlage ein Sport- oder Rummelplatz ist

Siegfried Weckler, Geschäftsführer der Wasserskianlage am Neuländer Baggersee, freut sich: Er darf seine Tore nun doch öffnen.
Siegfried Weckler, Geschäftsführer der Wasserskianlage am Neuländer Baggersee, freut sich: Er darf seine Tore nun doch öffnen. © xl | Lars Hansen

Tennis-Außenplätze, Golfclubs oder die Trimmgeräte in öffentlichen Grünanlagen sind deshalb nicht gesperrt. Freizeitvergnügen, die viele Menschen anziehen, sind hingegen explizit verboten, weswegen mittlerweile zum vierten Mal der Dom ausgefallen ist und vielleicht auch ein fünftes Mal nicht stattfindet. Weckler war es nicht gelungen, das Bezirksamt zu überzeugen, dass die Anlage am Baggersee mehr Sport- als Rummelplatz ist. Dabei trainieren bei ihm auch internationale Szene-Profis und Sportsoldaten. Andererseits waren vor der Pandemie an heißen Sommertagen auch sehr viele Breitensportler und Schnupperfahrer auf dem Wasser.

Weckler hatte ein Konzept erstellt, mit dem er den reinen Sportbetrieb sicherstellen wollte. Das Bezirksamt hatte nach Rücksprache mit dem Sportamt der Innenbehörde dennoch abgelehnt. Erst die Intervention eines Anwalts bewirkte ein Umdenken.  „Es ist mir schnell gelungen, das Bezirksamt zu überzeugen, dass hier doch alle Voraussetzungen gegeben sind, um den Wasserskilift als Sportanlage einzustufen“, sagt Hermann Lindhorst, Fachanwalt für Sport- und Medienrecht.

Mit einer Klage drohen, wie man es sich vielleicht vorstellt, musste Lindhorst dem Bezirksamt gar nicht erst. Die Gespräche mit dem Amt seien „sehr konstruktiv“ verlaufen, so der Anwalt. Vielleicht half ihm sein unaufgeregter Kommunikationsstil, überzeugender zu sein als Weckler. Vielleicht half ihm auch ein frisches Verwaltungsgerichtsurteil in einem ähnlich gelagerten Fall aus Nordrhein-Westfalen.

Bezirksamt Harburg: Handelt sich um eine Abwägungsfrage

Hendrik
Hendrik "Monthy" Manthey, Betriebsleiter der Wasserskianlage am Neuländer Baggersee, erneuert die Schrauben an  den Abstandsmarkierungen © xl | Lars Hansen

„Herr Lindhorst konnte uns überzeugen, dass es gewährleistet ist, dass auf der Anlage ein reiner Sportbetrieb stattfindet“, sagt Sandra Stolle, stellvertretende Pressesprecherin des Bezirksamts und verteidigt die vorherige Ablehnung: „Es war zunächst nicht klar zu erkennen, ob es sich hier um Sport- oder Freizeitbetrieb handeln sollte. Und es handelte sich natürlich auch um eine Abwägungsfrage: Welches Signal senden wir aus, wenn wir in Hamburg immer weitere Beschränkungen erlassen, um die Pandemie einzudämmen, aber gleichzeitig die Wasserski-Anlage öffnen lassen. Im Zweifel fällt die Entscheidung da restriktiv. Aber die Zweifel wurden jetzt ausgeräumt.“

Ein massenhafter Besucheransturm ist am Baggersee nun nicht zu erwarten. Gefahren wird in vorgebuchten Zeitblöcken von jeweils zwei Stunden. Maximal 15 Sportler können sich pro Zeitblock einbuchen. „Buchungen nehmen wir nur von unseren Jahreskartenbesitzern an“, sagt Betriebsleiter Hendrik Manthey. „So ist sichergestellt, dass nur erfahrene Fahrer kommen. Die Anfängerstartmatte haben wir gerade abgesperrt und derzeit erneuern wir noch die Befestigung der Abstandsmarkierungen, die wir im vergangenen Jahr schon angebracht hatten. Wir peilen Sonntag als Starttag an.“

So testete ein Redakteur den Sport:

Die Sportler müssen einen aktuellen Coronatest vorweisen. Der soll demnächst auch noch auf dem Parkplatz der Anlage möglich sein.  Die Standfläche für den Testcontainer wurde bereits planiert und gefestigt. Die Umkleiden hingegen bleiben geschlossen und lediglich eine Toilette wird geöffnet sein.

Eigentlich gehört zu einer Sportanlage auch die Verpflichtung, sie neben dem Spitzensport auch für die Nachwuchsförderung zu nutzen. Anfängerkurse wollen und dürfen Weckler und Manthey jedoch vorerst nicht anbieten: „Anfänger brauchen manchmal Hilfestellung“, sagt Anwalt Lindhorst, „aber dabei kann man keinen Abstand wahren.“

Profis das tägliche Training wieder ermöglichen

Der einzige Kontakt, der stattfindet, ist die Übergabe des Haltebügels vom Anlagenfahrer an den jeweils nächsten startbereiten Sportler. „Das ist jedoch unter routinierten Beteiligten in einer halben Sekunde getan“, sagt Monty Manthey.

Weil zwischen den Zwei-Stunden-Blöcken auch noch ein Zeitpuffer von 30 Minuten liegt, sind lediglich vier Blöcke pro Tag möglich. Das bedeutet täglich 60 Fahrer und klingt nicht nach viel. Tatsächlich aber schätzt Hendrik Manthey, dass man damit jedem Wasserski-Enthusiasten in Hamburg ein bis zwei Besuche pro Woche und der halben Handvoll Profis tägliches Training ermöglichen kann.

„Ich bin froh, öffnen zu können“, sagt Siegfried Weckler. „Das Einzige, was mich etwas ärgert, ist, dass im Schreiben des Bezirksamts meine Sportanlage nirgends wirklich Sportanlage genannt wird.“