Harburg. Viele Händler stehen mit dem Rücken zur Wand, der anhaltende Lockdown gefährdet zahlreiche Geschäfte und Existenzen.

Rotes Licht symbolisiert vieles: Es gebietet dem Straßenverkehr Einhalt, wirbt für Dienstleistungen, markiert das Ende von Landfahrzeugen und die Backbordseite der Hafeneinfahrt. Vor allem aber ist es ein Notsignal. Und das haben am Montag zahlreiche Einzelhändler gesetzt, um auf ihre prekäre Lage im Lockdown aufmerksam zu machen. Auch das Harburger Phoenix-Center beteiligte sich und war am Abend in rotes Licht getaucht.

Das Harburger Citymanagement unterstützte die Aktion, mit welcher im Vorfeld der heutigen Ministerpräsidenten-Konferenz für eine schnelle Öffnung des Einzelhandels geworben werden sollte.

„Mit der Aktion wollen wir ein klares Zeichen setzen und zeigen: Der Handel blutet aus und die Lebendigkeit der Innenstadt ist in Gefahr! Viele Händler stehen mit dem Rücken zur Wand, der anhaltende Lockdown gefährdet zahlreiche Geschäfte in ihrer Existenz und Arbeitsplätze im Handel“, sagt Julita Hansen, eine der beiden Center-Managerinnen. „Daher ist eine schnelle Öffnung der Geschäfte dringend erforderlich!“

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Dies ginge nachweislich mit Sicherheit und Verantwortung: Zahlreiche Studien würden belegen, dass der Einzelhandel kein Infektionstreiber ist. Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) würde das Infektionsrisiko im Einzelhandel als niedrig bewerten.

So jedenfalls interpretieren die Einzelhandelsverbände die Aussagen des RKI in der Erklärung zum Plan der stufenweisen Lockdown-Lockerung. Ganz so einfach ist es allerdings nicht: Bei einer Inzidenz über 50 empfiehlt das RKI im Stufenplan weiterhin die Schließung des nicht lebensnotwendigen Einzelhandels. Die Inzidenz in Deutschland lag gestern bei 65; in Hamburg bei 74, Tendenz steigend.

Von 130 Geschäften im Phoenix-Center haben im Lockdown 30 geöffnet

Die Einzelhändler argumentieren damit, dass die Geschäfte, die trotz Lockdown öffnen dürfen, sich in bisherigen Untersuchungen nicht als Infektionsherde erwiesen hätten, unter anderem weil dort verschärft auf Abstand, Hygiene und Maskenpflicht geachtet würde. Auch die vom zweiten Lockdown betroffenen Geschäfte und Center haben bereits im vergangenen Jahr umfangreiche Hygiene- und Präventionskonzepte eingeführt, die auch weiterhin konsequent umgesetzt werden sollen“, sagt Julita Hansen.

Von den 130 Geschäften im Phoenix-Center haben 30 geöffnet, viele davon jedoch in stark reduziertem Umfang; beispielsweise für Mitnahme-Mahlzeiten oder zur Abholung zuvor bestellter Ware. Aber auch für diese Geschäfte bedeute ihre teilweise Öffnung nicht automatisch ein gutes Geschäft, im Gegenteil: „Die aktuell diskutierten „Click & Meet“-Angebote oder vergleichbare Ideen sind keine Alternative – im Gegenteil. Die Kosten für Personal und Ladenbetrieb sind zumeist höher als die Umsätze, so dass derartige Angebote die aktuellen Verluste nur weiter erhöhen würden“, sagt Julita Hansen.

Dazu käme noch ein weiterer Aspekt: „Der Vorteil eines Shopping Centers ist die Vielfalt, die dort angeboten wird und damit eine Vielzahl an Kunden anlockt. Durch die jetzige Verordnung sind wir diesbezüglich eingeschränkt und können unseren Kunden nicht wie gewohnt unser gesamtes Sortiment, die große Vielfalt und die ganze Bandbreite anbieten. Dadurch hat sich die Laufkundschaft für die verbleibenden Geschäfte natürlich verringert!“

Wer nicht öffnen darf, kann nicht verkaufen

Wer nicht öffnen darf, kann nicht verkaufen. Allerdings sind die unterschiedlichen Sparten des Einzelhandels unterschiedlich betroffen: Im Statistik-Portal „Statista“ ist besonders der Textilhandel als schwer getroffen gekennzeichnet. Ihm bricht fast eine ganze Modesaison weg. Um 76 Prozent gingen die Textilumsätze gegenüber dem Vorjahr zurück.

Es folgen Möbelhändler, Kaufhäuser und Technikhändler. Das Phoenix-Center kommt seinen Mietern bei Kaltmiete, Nebenkosten und Werbekostenumlage flexibel entgegen. „Unser gemeinsames Ziel ist es, die Händler in dieser herausfordernden Situation deutlich zu entlasten und die Lasten, die sich aus den Schließungen ergeben, im Rahmen eines fairen und ausgewogenen Interessenausgleichs gemeinsam zu schultern.“

Das Bild der Harburger City wird sich durch den Lockdown verändern

Auch außerhalb des großen Shopping-Centers leidet der Einzelhandel unter dem Lockdown: „Einige große Ketten, die auch in Harburg Filialen haben, sind in Rettungsschirm-Verfahren“, sagt City-Managerin Melanie Gitte Lansmann, „und viele andere leiden darunter, dass die so genannten Soforthilfen auf sich warten lassen.

Mit Geld ist es aber nicht getan: Je länger der Lockdown dauert, desto mehr wird sich das Einkaufsverhalten der Menschen ändern, fürchte ich. Das wird auch das Bild unser Innenstädte stark verändern. Wir müssen diese Entwicklung zum Online-Shopping verlangsamen, und das geht nur mit einer schnellen Öffnung der Geschäfte!“