Harburg. Mit großem Abstand und vor kleinem Publikum wollte der Hamburger Jugendchor Gospel Train seine Jahreskonzerte in der Eberthalle geben.
Bis zuletzt hatten die Sängerinnen und Sänger des Hamburger Jugendchors Gospel Train auf eine Genehmigung gehofft. Jetzt steht fest: die beiden großen Jahreskonzerte am 13. und 14. November in der Friedrich-Ebert-Halle fallen in diesem Jahr aus. Und das, obwohl Chorleiter Peter Schuldt mit Unterstützung der der Musikgemeinde Harburg und dem Gesundheitsamt ein umfassendes Hygiene-und Abstandskonzept für die Benefizkonzerte erarbeitet hatte, welches von der Hamburger Gesundheitsbehörde bereits abgenickt worden war. „Wir hatten von der Gesundheitsbehörde ein Go“, sagt Peter Schuldt. „Aber auf eine Zusage der Schulbehörde warten wir bis heute vergeblich.“ Ohne die Erlaubnis der Schulbehörde aber ist ein Auftritt des Chors, der seine Wurzeln in der Goethe Schule Harburg hat und damit offiziell ein Schulchor ist, nicht möglich.
Die Enttäuschung bei den 34 Chormitgliedern und ihrem Leiter ist riesig. Zumal dieser das Konzept für die Veranstaltungen bis ins kleinste Detail ausgearbeitet hatte. „Unser Konzept ist bombensicher“, sagt Peter Schuldt. „Wir hätten damit zeigen können, dass es Möglichkeiten gibt, verantwortungsvoll ein Konzert zu geben und auf diese Weise als Chor durch die Pandemie zu kommen.“
Schuldt, der in Hamburg als Pionier in Sachen Chorarbeit gilt, wäre auch diesmal gern konstruktiver Vorreiter für eine ganze Branche gewesen, zu der in Hamburg nicht nur die professionelle Chöre sondern auch rund 1000 Laienchöre zählen. „Wir müssen nicht alles absagen, sondern verantwortungsvoll planen und handeln“, sagt er. „Unter Einhaltung entsprechender Regeln sind auch Konzerte möglich und die brauchen wir, um für die Chöre eine Perspektive zu haben.“
Für das Jahreskonzert hatte Peter Schuldt die technische Ausstattung aufgestockt und 40 Mikrofone – für jeden Sänger eins – angeschafft. Damit sollte garantiert werden, dass sich die Sänger gegenseitig hören können, wenn sie gemeinsam singen. Das Konzept sah vor, die Sänger mit einem Mindestabstand von 2,50 Metern auf der Bühne zu platzieren. Dafür hatte er den großen Chor in vier kleinere Chöre mit jeweils 22 Sängern aufgeteilt, die seit Monaten separat proben. Die Gruppen sollten nacheinander auf der Bühne stehen und getrennte Auf- und Abgänge nutzen. Markierungskreuze auf dem Boden sollten den Standort eines jeden Sängers festlegen. Zwischen den Sängern sollten – auch als optisches Erlebnis – LED-Leuchten und Pflanzen platziert werden. Jedes Konzert sollte auf 60 Minuten begrenzt sein. Pausen waren nicht vorgesehen.
Liedertafel Harmonie hatte aus der Not eine Tugend gemacht
Auch für die Besucher sieht das Konzept klare Regeln vor. Statt der 1107 Menschen, die normalerweise in der Eberthalle Platz finden, sollte die Zahl der Gäste auf 270 bis 300 Zuschauer beschränkt werden. Alle persönlichen Daten sollten bei der Buchung der Karten aufgenommen werden. Die Besucher sollten zudem auf einem Merkzettel detaillierte Anweisungen zum eigenen Verhalten bekommen. Um Warteschlangen vor der Halle zu vermeiden, sollten alle vier großen Ein- und Ausgangstüren genutzt werden. Peter Schuldt hatte zudem ausreichend Helfer organisiert, die die Besucher zu ihren Plätzen geleiten sollten. Für ausreichende Durchlüftung der Halle sollten offene Saal- und Außentüren sorgen. Diese bleiben nun sowohl für die Sänger als auch die Besucher am 13. und 14. November verschlossen.
Auch wenn die Enttäuschung riesig ist, keiner weiß, wie lange die Einschränkungen durch die Pandemie noch andauern, schauen die Sänger von Gospel Train optimistisch in die Zukunft. Um die Jahreskonzerte womöglich doch nachholen zu können, hat Peter Schuldt schon mal zwei Termine im April 2021 in der Eberthalle geblockt. Auch das jährliche Benefizkonzert in der Laeiszhalle für die Obdachloseneinrichtung Herz As, veranstaltet vom Förderverein des Lions Club Hamburg-Hammonia e.V., soll im kommenden Februar stattfinden.
Chorverband ermutigt die Sangesfreunde zum Weitermachen
Dass ein Chorkonzert unter Corona-Bedingungen durchaus möglich ist, hatte Peter Schuldt am 18. Oktober eindrucksvoll bewiesen. Sein Finkenwerder Männerchor, die Liedertafel Harmonie“, hatte aus der Not eine Tugend gemacht und pandemiebedingt in eine Werkhalle eingeladen. Die zwei einstündigen Kurzkonzerte vor jeweils 30 geladenen Gästen waren ein voller Erfolg. „Das Konzert war ein kleiner Aufstand gegen das Virus, gegen die Kultur-Krise“, sagt Peter Schult. „Wir haben damit ein Zeichen gesetzt, dass der Mut nicht ganz verloren gegangen ist.“
Auch der Chorverband Hamburg ermutigt die Chöre trotz der schwierigen Umstände weiterzumachen und kreative Lösungen für das gemeinsame Singen zu finden, z.B. unter freiem Himmel oder in Turnhallen. „Die Raumnot der Hamburger Chöre ist groß“, sagt Verbandspräsidentin Angelika Eilers. „Aufgrund der Abstandsregelungen kann nur ein Bruchteil der Chöre in den gewohnten Räumen proben.“ Um die Situation zu verbessern, sucht der Verband dringend bezahlbare Räumlichkeiten, die groß genug sind, um bis zu 50 Singenden die Möglichkeit zum Proben zu geben. Damit einher geht der Appell an Institutionen und Eigentümer, mögliche Probenräume zur Aufnahme in einer Datenbank beim Landesmusikrat zu melden.
Der Chor
Gospel Train ist ein internationaler Jugendchor der Goethe Schule Harburg und gehört zu den bekanntesten Schulchören in Deutschland.
In dem Chor spiegelt sich die kulturelle Vielfalt des Stadtbezirks Harburg. Die Mitglieder kommen aus knapp 30 Nationen.
Das Projekt steht nicht nur für großartige musikalische Leistungen, sondern auch für soziales Engagement und Mitmenschlichkeit. So singt der Chor unter anderem für die Obdachlosen-Initiative „Herz As“ oder die Knochenkrebsstiftung AXIS.
Zur Galabesetzung des Chores für große Auftritte zählen zwischen 40 und 60 Sänger. Zu den Akteuren gehören auch etliche ehemalige Schüler.