Ohlendorf. Demokratische Schule Seevetal wird erweitert: Jetzt lernen dort 44 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren.
Marla muss sich entscheiden: Weiter an der Schülerzeitung arbeiten, zum Regenwaldprojekt rübergehen oder zum Tanzen? „Ich kann mich doch nicht dreiteilen“, klagt die Elfjährige, die mit ihren Mitschülern gerade Fragen für ein Interview formuliert.
Marla ist eine der zwölf neuen Oberschüler an der Demokratischen Schule Heureka Seevetal. Zu Beginn des Schuljahres gab es die Genehmigung für die Erweiterung der Einrichtung, die vor zwei Jahren als Grundschule gestartet ist. Mittlerweile besuchen 44 Mädchen und Jungen zwischen sechs und zwölf Jahren die Einrichtung.
Selbstbestimmtes Lernen steht im Vordergrund
Das Konzept stellt das selbstbestimmte Lernen in den Mittelpunkt. Lehrer Jens Hoffmann hält sich deshalb im Hintergrund, steht aber für Fragen der Kinder bereit. Der 56-Jährige gibt unter anderem einen Spanischkursus und bietet Projekte aus dem Kunstbereich an. Er will mit seinem Wechsel an die freie Schule dabei helfen, neue Lernformen zu etablieren. „Die Kinder sollen nie aufhören, sich selbst zu überlegen, was sie machen wollen“, sagt er. „Am Allerwichtigsten ist, dass die Kinder bei sich bleiben und lernen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.“
Hoffmann ist einer der fünf neuen Teilzeitkräfte, die in diesem Schuljahr zu dem bisherigen pädagogischen Dreierteam gestoßen sind. Täglich sind jetzt fünf Lehrer im Dienst in dem Gebäude in Ohlendorf. „Dadurch haben wir viel mehr Ruhe als zuvor“, sagt René Wolniak, pädagogischer Leiter der Grundschule. Für die neue Oberschule hat seine Frau Susanne Wolniak die pädagogische Leitung übernommen.
Ein Kernelement ist das altersübergreifende Lernen
Ein Kernelement der Schule ist das altersübergreifende Lernen, die Kinder suchen sich ihre Partner eher nach Interessen als nach ähnlichem Alter aus. Dennoch gibt es für die älteren Schüler sowohl einen eigenen räumlichen Bereich – das Obergeschoss ist auf die Oberschule ausgerichtet –, als auch Kurse mit speziellen Inhalten. „Das ist eine Vorgabe der Schulbehörde, die wir natürlich respektieren“, sagt Marie Krüger, organisatorische Schulleiterin und Gründerin der Schule.
Die sogenannten Lernbegleiter bieten verschiedene feste Kurse an, die die Kinder wählen können. Darüber hinaus können sie frei entscheiden, mit welchen Projekten sie sich beschäftigen. Die Lernfortschritte werden in Lernentwicklungsberichten dokumentiert.
Eine Schule ohne Noten
Noten gibt es nicht an der Heureka-Schule. „Wir wollen keine künstliche Hierarchie herstellen“, sagt Marie Krüger. „Deshalb lehnen wir es ab, die Kinder zu bewerten und zu beurteilen.“ Eine Ausnahme sei natürlich unangemessenes Verhalten anderen gegenüber. Auch wertfreie Rückmeldungen über den Lernstand der Schüler gebe es, sagt Krüger. „Viele Kinder wollen auch wissen, wo sie gerade stehen.“
Am Ende der 10. Klasse wartet externe Prüfung
Am Ende der zehnten Klasse können die Oberschüler bei externen Prüfungen ihren Abschluss machen. Danach sollen sie selbst entscheiden, ob sie die Oberstufe einer regulären Schule besuchen wollen. Für die Demokratische Schule ist eine solche Erweiterung nicht vorgesehen, denn das wäre zwangsläufig mit der Vergabe von Noten verbunden.
Ob das Konzept für ein Kind das richtige ist, zeigt sich manchmal erst nach einiger Zeit. Einige Schüler hätten die Schule auch wieder verlassen, sagt Krüger. Umso mehr Wert lege das Team jetzt darauf, die neu aufzunehmenden Schüler im Vorfeld sorgfältig auszuwählen. „Das war auch für uns ein Lernprozess“, sagt sie. „Es ist wichtig zu prüfen, ob die Familien, die sich bewerben, wirklich für unsere Art von Schule sind. Oder ob sie vor allem gegen die herkömmliche Schule sind.“ Denn die Entscheidungsfreiheit, die den Kindern in der Schule gelassen wird, sollen diese auch zu Hause erleben dürfen.
Marla hat sich schnell entschieden. Sie bleibt erstmal bei der Schülerzeitung, an der auch der elfjährige Timo mitarbeitet. Ihm gefällt es an seiner neuen Schule. „Es ist einfach toll, so frei zu lernen, wie man möchte.“