Kreis Harburg. Einwohner aus dem Landkreis sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis zu drei Stunden unterwegs, bis sie ein Testzentrum erreichen.
Der Konflikt um das weit abgelegenen Corona-Testzentrum für die Landkreise Lüneburg, Uelzen, Lüchow-Dannenberg und Harburg in Rosche (Landkreis Uelzen) eskaliert. „Wir sind ein gerüttelt Maß verärgert und genervt“, sagte Kai Uffelmann, der Erste Kreisrat des Landkreises Harburg, am Montag dem Abendblatt. „Die Wahl von Rosche durch die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) ist die schlechteste Lösung von allen.“ Der Standort liegt so, dass Einwohner aus dem Landkreis mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis zu drei Stunden brauchen, um ihn zu erreichen.
Auch die FDP-Kreisratsfraktion macht Druck. In einem Dringlichkeitsantrag fordern die Freien Demokraten Landrat Rainer Rempe auf, „umgehend mit dem Roten Kreuz (DRK) Verhandlungen zur Installation eines Testzentrum in gut erreichbarer Mitte des Kreises Harburg, an den Krankenhäusern Buchholz oder Winsen, aufzunehmen.“
Höchste Zahl der Infizierten
Uffelmann, der zweite Mann an der Spitze der Kreisverwaltung, verweist darauf, dass der Kreis Harburg nicht nur der größte im Zuständigkeitsbereich der KVN-Bezirksstelle Lüneburg sei, sondern auch die höchste Zahl der Infizierten aufweise. „Von den Urlaubsrückkehrer nutzen viele den Flughafen Hamburg oder die Hamburger Bahnhöfe“, so der Erste Kreisrat. Viele der zuletzt positiv Getesteten gehöre zu dieser Gruppe.
Mit den beiden Zentren an den Krankenhäusern in Winsen und Buchholz habe man eine gute Lösung gehabt. Diese nun nach der Schließung Ende Juli „wegzuwerfen“, sei „ohne Sinn und Verstand.“ Uffelmann empfiehlt, beide Standorte oder zumindest einen der beiden wieder zu öffnen.
Doch dazu wird es vorerst nicht kommen. „Es bleibt vorerst bei Rosche. Die Inanspruchnahme der Testzentren in Niedersachsen ist bislang verhalten. Aktuell gibt es zudem keine neuen Beschlüsse des Vorstands der KV Niedersachsen“, sagt Oliver Christofffers, der Geschäftsführer der zuständigen Bezirksstelle der KVN in Lüneburg. Dabei gilt jetzt, dass sich Rückkehrer aus Risikogebieten im Ausland ohne Symptome testen lassen müssen.
„Wir werden die KVN nicht aus der Verantwortung entlassen“
Urlauber, die sich außerhalb dieser Gebiete erholt haben, können innerhalb von 72 Stunden freiwillig an einem Test teilnehmen. Alle Tests sind kostenlos. Die Aufgabe können auch niedergelassene Ärzte oder Gesundheitsämter übernehmen.
Für Uffelmann ist dabei klar, dass die Test in jedem Fall einer originäre Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung bleiben. Zumal derzeit Einwohner aus dem Kreis bei der Verwaltung darauf hinweisen, dass längst nicht alle Ärzte Testes anbieten würden. Dazu komme, dass die Vergütung für die Praxen kaum ausreiche, um die notwendige Schutzausrüstung zu finanzieren. „Wir werden die KVN nicht aus der Verantwortung entlassen,“ versichert er.
Darum geht es auch Arno Reglitzky, dem Sprecher der FDP-Fraktion im Kreistag. So bitten er und Nicole Bracht-Bendt den Landrat in dem Antrag, umgehend mit der KVN in Hannover ein Gespräch zur organisatorischen Unterstützung und zur finanziellen Förderung eines dringlich benötigten Testzentrums zu führen. Zudem soll mit dem Gesundheitsministerium über eine finanzielle Förderung des Zentrums verhandelt werden. Reglitzky und Bracht-Bendt sehen derzeit „weder Bürgernähe noch eine nachhaltige Strategie einer Gefahrabwendung.“ Deshalb soll der Landkreis durch den Landrat „die Initiative zum Handeln in die Hand nehmen.“
DRK kann Medizinisches Personal stellen
Immerhin: Mit Unterstützung aus dem Landkreis Harburg könnte die KVN rechnen. „Die KN-Bezirksstelle müsste uns ansprechen, wenn wir helfen sollen“, sagt der Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes Harburg-Land, Roger Grewe (siehe Infokasten). Das DRK kann vor allem Medizinisches Personal stellen. Die Ärzte kamen bei den beiden jetzt geschlossenen Testzentren aus den Krankenhäusern des Kreises. Uffelmann ist überzeugt: „Die Ärzte hätten diese Aufgabe weiter übernommen.“
Die Entscheidungswege sind in jedem Fall kurz. Denn im Präsidium des DRK im Landkreis sitzen mit Norbert Böttcher der Geschäftsführer der Krankenhaus-Gesellschaft, der Kreistagsabgeordnete Jan Bauer und als Schatzmeister – der Erste Kreisrat Kai Uffelmann.