Stade/Lüneburg. Doppelausstellung im Museum Lüneburg und im Stader Schwedenspeicher erklärt das mittelalterliche Pilgerwesen.

Eine Doppelausstellung in Lüneburg und Stade präsentiert spannende und zum Teil überraschende Ergebnisse eines umfassenden Forschungsprojekts beider Museen über das Pilgerwesen im Mittelalter in Norddeutschland. Beide Ausstellungen entführen Besucherinnen und Besucher in eine uns heute fremd anmutende Welt mit vielfältiger Frömmigkeitskultur. Dabei ist das Thema Pilgern heute – nicht zuletzt durch Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ – wieder sehr populär. So waren noch im vergangenen Jahr fast 350.000 Pilger auf dem berühmten Jakobsweg unterwegs.

Den Auftakt bildet die Sonderausstellung „Pilgerspuren – Von Lüneburg an das Ende der Welt“ im Museum Lüneburg, die seit kurzem ihre Türen geöffnet hat. Sie widmet sich den mittelalterlichen Pilgerreisen zu den berühmten Fernwallfahrtsstätten in Santiago de Compostela, Rom und Jerusalem. Anhand vielfältiger Exponate, darunter herausragende Objekte von mehr als 40 auswärtigen Leihgebern, erzählt die Ausstellung Geschichten von Reisenden aus Lüneburg und anderen norddeutschen Städten und folgt ihren Spuren bis fast an das Ende der ihnen bekannten Welt. Dargestellt werden die Motive für den Antritt einer Fernwallfahrt, der Aufbruch, die Ausrüstung von Pilgern, die teilweise abenteuerlichen Bedingungen des Unterwegsseins und der Aufenthalt vor Ort.

Reiseandenken zeugen von Wallfahrten

Neben Reiseberichten zeugen Briefe und Wegekarten von den Herausforderungen und Mühen des Pilgerns. Zu den mitgebrachten Reiseandenken zählen Muscheln aus Santiago, Pilgerzeichen aus Rom oder Modelle der heiligen Stätten in Jerusalem. Schrift- und Bildzeugnisse berichten aber auch von bezahlten oder gescheiterten Reisen, falschen Pilgern oder dem Tod auf der Reise. Videos aus dem Vatikanischen Apostolischen Archiv und einem seit Jahrhunderten in Familienbesitz befindlichen Tattoostudio nehmen die Besucher mit nach Rom und Jerusalem. Die Sonderausstellung in Lüneburg ist noch bis 1. November zu sehen.

Die Museen Stade zeigen vom 3. Oktober bis 14. Februar 2021 im Museum Schwedenspeicher die Ausstellung „Pilgerspuren – Wege in den Himmel“. Hier sind die spektakulären Pilgerzeichenfunde aus dem historischen Hansehafen, die den bislang größten Fundkomplex dieser Art in Deutschland überhaupt darstellen, Ausgangspunkt für die Ausstellung. Diese mittelalterlichen Bildzeichen eröffnen einen Blick auf die Geschichten hinter den früheren Pilgerstätten in Norddeutschland und tragen maßgeblich zu ihrer Identifizierung bei. Durch die Reformation, die der Heiligenverehrung ein jähes Ende setzte, blieb Norddeutschland für Jahrhunderte ein weißer Fleck auf der Karte der Pilgerwege, dabei gab es hier im Mittelalter sehr viele Pilgerwege, Wallfahrtsorte und Menschen, die sich auf die Reise machten.

Wallfahrten waren einst nötig für das Seelenheil

Beide Ausstellungen nehmen ihre Betrachter mit zu den Ursprüngen des Pilgerns und machen deutlich, wie komplex die Vorstellungswelt vor über 500 Jahren war. Während Pilgerreisen heute oft ein spirituelles Erlebnis oder einfach Synonym für entschleunigte Wanderungen sind, waren sie früher zwingend nötig für den Sündenablass und zur Erlangung des Seelenheils.

Im Begleitprogramm der Sonderausstellungen finden Veranstaltungen für Erwachsene, Familien und Kinder statt. Die Termine in Lüneburg sind unter www.museumlueneburg.de zu finden. Für Gruppen bis maximal zwölf Personen bietet das Museum Führungen durch die Ausstellung zu individuellen Terminen an. Die Buchung ist unter 04131/720 65 80 und buchungen@museumlueneburg.de möglich.