Bardowick. Bei der Sanierung stoßen Bauarbeiter auf eine Hypokaustenheizung, eine mittelalterliche Fußbodenheizung. Die soll nun Besucher locken.

Holzbalken, die bereits vor der Wand enden. Wände, die ihre statische Aufgabe nicht mehr erfüllen. Und immer wieder An- und Umbauten aus unterschiedlichen Epochen. Bei der Sanierung des St. Nikolaihofs in Bardowick müssen die Planer und Handwerker viele Herausforderungen meistern. Seit neun Jahren arbeitet die Stiftung Hospital St. Nikolaihof aus Lüneburg daran, mit Hilfe von Fördermitteln das Jahrhunderte alte, deutschlandweit einzigartige Ensemble auf Vordermann zu bringen.

Nachdem bereits die Kapelle saniert wurde und die Bücherei in das erneuerte Männerhaus eingezogen ist, wurde nun das erste der beiden Herrenpfründnerhäuser denkmalgerecht grundsaniert. Das zweite Haus dieser Art auf dem Gelände wird noch auf die Sanierung vorbereitet. Dort ist zu sehen, in welchem Zustand die Häuser bisher waren. Boden und Wände sind bereits freigelegt, Tapetenreste aus den 1950er-Jahren sind dort ebenso zu sehen wie historische Deckenmalereien aus dem 16. oder 17. Jahrhundert, niedrige Türen führen von einem Zimmer in das nächste. Hier sollen vier oder fünf neue Wohnungen entstehen.

Der St. Nikolaihof in Bardowick wird seit 2009 aufwendig saniert.
Der St. Nikolaihof in Bardowick wird seit 2009 aufwendig saniert. © Lena Thiele

„Die Sanierung ist eine Herausforderung“, sagt Stephan Cohrs, Technischer Leiter der Gebäudewirtschaft bei der Stadt Lüneburg, bei einem Rundgang mit Stadtbaurätin Heike Gundermann. Am bereits sanierten Herrenpfründnerhaus ist das Ergebnis der Mühen zu sehen. In dem Haus mit der Nummer 19 i/j befinden sich zwei kleine Wohnungen, die von August an wieder bezogen werden können. Sie sind einfach ausgestattet und mit einer Fläche von 51 und 37 Quadratmetern eher klein.

Wie die übrigen 15 Wohnungen auf dem Gelände werden sie laut Stiftungszweck an ältere bedürftige Menschen vermietet. Die Warmmiete beträgt 450 Euro für die größere, 324 Euro für die kleinere Wohnung. Vermittelt werden sie durch den Senioren- und Pflegestützpunkt in Lüneburg.

Früher lebten hier Menschen, die sich in die Anlage eingekauft hatten und bis ans Lebensende hier versorgt wurden. „Sie waren nicht wohlhabend, aber hatten durchaus etwas Geld“, beschreibt Cohrs die damaligen Bewohner der Herrenpfründnerhäuser, die Mitte des 15. Jahrhunderts gebaut wurden. Seitdem hat sich viel getan. „Das Gebäude wurde mehrfach überformt“, sagt Cohrs über das bereits sanierte Haus. „Um den mittelalterlichen Kern herum gibt es mehrere Anbauten, Ausbesserungen und Ergänzungen. Das hat die Sanierung komplex gemacht.“

Vor allem die mangelnde Statik machte Probleme, die Wände waren nicht mehr richtig aufeinander abgestimmt. Die Sanierung kam zum richtigen Zeitpunkt. „Das Haus war auf dem Weg, auseinanderzufallen“, beschreibt Lüneburgs Stadtbaurätin Heike Gundermann den statischen Zustand.

Zwei Wohnungen sind schon fertiggestellt. Lüneburgs Stadtbaurätin Heike Gundermann und Stephan Cohrs, Technischer Leiter der städtischen Gebäudewirtschaft, beim Rundgang
Zwei Wohnungen sind schon fertiggestellt. Lüneburgs Stadtbaurätin Heike Gundermann und Stephan Cohrs, Technischer Leiter der städtischen Gebäudewirtschaft, beim Rundgang © Lena Thiele

Um die Stabilität wieder zu garantieren, musste zunächst der Rohbau instand gesetzt werden. Metallene Anker an der Außenwand erinnern daran, dass nun lange Edelstahlgewindestangen, die wie Balken von einer Seite zur anderen Seite des Hauses verlaufen, dieses zusammenhalten. Am Dach und an den Außenwänden wurde möglichst wenig Baumaterial ersetzt, ein Teil der Ziegel und Backsteine wurden aufgearbeitet und wieder eingesetzt.

„Wir wollen die Gebäudesubstanz so weit wie möglich erhalten“, sagt Cohrs. Dazu gehört auch, die unterschiedlichen Bauweisen zu berücksichtigen, so wurde der massiv gebaute Backsteinanteil anders gedämmt als der Fachwerkanbau. Auch vorhandene Ungleichheiten wurden beibehalten, so der Bauingenieur. „Wir haben uns bei den Arbeiten am historischen Vorbild orientiert.“

Die größte Überraschung während der Bauzeit war jedoch ein Fund von besonderem historischem Wert. Der Abbruchunternehmer hatte bereits im Jahr 2018 jede Menge Schutt unter dem Fußboden entdeckt, so dachte er zumindest. Es stellte sich jedoch heraus, dass er auf eine sogenannte Hypokaustenheizung gestoßen war, eine Art Fußbodenheizung aus dem Mittelalter. Sie besteht aus einer gewölbten Konstruktion aus Steinen, unter der mit Kohle oder Holz eine Feuerstelle betrieben wird. Die heiße Luft steigt nach oben, und erhitzt die darauf verteilten losen Steine. Die Wärme aus dieser Steinpackung wird dann über einen längeren Zeitraum an den Estrich im Fußboden abgegeben.

„Das ist ein wirklich toller Fund“, sagt Cohrs. Nicht nur, dass die Heizung vollkommen erhalten geblieben war. „So eine Hypokaustenheizung in einem relativ einfachen, profanen Gebäude war hier im Umkreis ein Novum. Das gab es bisher nur im Rathaus oder im Gericht.“ Deshalb entschieden die Planer, den Fund der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und entwickelten ein Ausstellungskonzept.

Das Innere des St. Nikolaihofs befindet sich  zum  Teil noch im Rohbau.
Das Innere des St. Nikolaihofs befindet sich zum Teil noch im Rohbau. © Hansestadt Lüneburg

Der Raum wurde von einer der Wohnungen abgetrennt, die Heizung im Boden soll mit einer durchsichtigen Plexiglasscheibe abgedeckt werden. Von einem Steg an der Wand entlang können Besucher künftig einen Blick auf die mittelalterliche Konstruktion werfen. Auch besondere Wandmalereien sollen erhalten bleiben und hervorgehoben werden.

Ermöglich wird die Sanierung der Häuser durch Städtebaufördermittel aus dem Programm Städtebaulicher Denkmalschutz in Höhe von rund 6,5 Millionen Euro. Sie kommen vom Bund und vom Land Niedersachsen. „Die Förderung deckt den unrentierlichen Anteil der Kosten“, erklärt Gundermann. Den Rest der Gesamtkosten zahlt die Stiftung aus Eigenmitteln.

Insgesamt wird für die Sanierungsarbeiten zwischen 2009 und 2022 eine Summe von 16,8 Millionen Euro veranschlagt.

Das „Haus der armen Kranken“

Das Ensemble St. Nikolaihof wird erstmals im Jahr 1251 als „Haus der armen Kranken“ urkundlich erwähnt. Die Einrichtung gehörte der Stadt Lüneburg, Bardowick war im 12. Jahrhundert zerstört worden.


Anfangs brachte die Stand Lüneburg Leprakranke in dem sogenannten Leprosenheim außerhalb der Stadtmauern unter.

Die Kapelle hat ihren Ursprung im 14. Jahrhundert, 1316 taucht erstmals der Name St. Nikolaihof auf. Ebenfalls im 14. Jahrhundert wird das Ensemble zum Altenheim, in das sich Lüneburger Bürger einkauften. 40 Männer und Frauen bewohnten die Kammern, ebenso viele Menschen arbeiteten auf dem Hof.

Im Laufe der Jahrhunderte entstanden weitere Gebäude. Heute gehören zu dem Ensemble die Männerhäuser, das Frauenhaus, das Pfarrhaus, das Organistenhaus und Provisorat, die Kapelle und die Herrenpfründnerhäuser.