Stelle. Gemeinde muss die Planunterlagen erneut auslegen, denn auf dem vorgesehenen Gelände lebt ein scheues Tierchen.
Die Gegner des geplanten Aldi-Logistiklagers in Stelle haben einen Teilerfolg errungen. Die Planungsunterlagen werden ein drittes Mal öffentlich ausgelegt und Bürger können ihre Einwendungen einbringen. Das hat der Verwaltungsausschuss beschlossen. Grund ist der Umweltbericht, der nach dem Auftauchen der seltenen Feldgrille auf dem Planungsgelände überarbeitet werden musste.
Dadurch sei die Gemeinde Stelle gesetzlich zu einer erneuten Auslegung verpflichtet, sagt Tina Hirt, zuständig für die Bauleitplanung. Der aktualisierte Umweltbericht werde in Kürze auf der Internetseite der Gemeinde veröffentlich, die geänderten Passagen werden markiert.
Steller Bürger entdeckten Feldgrille
Voraussichtlich von Ende Juli oder Anfang August werden die vollständigen Unterlagen für vier Wochen im Rathaus ausgelegt. „Einwendungen sind aber nur gegen die Änderungen möglich“, sagt Hirt. Eine endgültige Entscheidung zu dem Bauvorhaben fällt somit frühestens nach den Sommerferien, wie es auch Bürgermeister Robert Isernhagen vor einiger Zeit angekündigt hatte.
Die Feldgrille war im Frühjahr von Steller Bürgern entdeckt worden, nachdem die archäologischen Untersuchungen begonnen hatten. Zuvor war das Gelände landwirtschaftlich genutzt worden. Die Gemeinde ließ daraufhin einen Biologen auf das Gelände, der den Fund bestätigte. Die Feldgrille gilt in Norddeutschland als stark gefährdet. „In Niedersachsen ist sie vom Aussterben bedroht“, sagt Thomas Rieckmann von der BUND-Ortsgruppe Stelle, die seit längerem gegen die Neubaupläne protestiert.
Rund 100 Exemplare der kleinen Heuschrecke
Die Naturschützer schätzen, dass auf dem Areal um die hundert Exemplare der Heuschreckenart leben könnten. „Man kann sie nicht sehen, aber sie sind deutlich zu hören“, sagt Rieckmann. Dies allerdings nur bei den richtigen Wetterbedingungen, es darf weder Regen noch Wind geben, dafür eine Temperatur von mindestens 20 Grad. Die Feldgrille kann nicht fliegen und ist sehr scheu. Um die Artenvielfalt zu erhalten, müssten Korridore bestehen bleiben, so Rieckmann, der Neubau würde den Lebensraum der Feldgrille zerstören.
Die Naturschützer gehen davon aus, dass es nicht allein die Feldgrille war, die zu der erneuten Auslegung geführt hat. Es müssten noch weitere Unsicherheiten in den Planungsunterlagen bestehen, die nun geheilt werden sollten, um möglichen Klagen die Grundlage zu entziehen. Dies betreffe zum Beispiel den Denkmal- und den Biotopschutz. „Ob die verkürzte und thematisch begrenzte Auslegung ausreichend ist, um eine rechtssichere Planung vorzulegen, wird man sehen“, sagt Rieckmann. Der BUND lasse sich anwaltlich beraten und werde gegebenenfalls Widerspruch einlegen.
Es geht den Gegnern auch um den Erhalt von Bäumen
Auch die Grünen in Stelle haben erhebliche Bedenken angesichts der Aldi-Pläne. Sie begrüßen daher die erneute Auslegung und die Korrektur des Umweltberichts nach dem Fund der Feldgrille. „Das entspricht unseren Forderungen, wir müssen aber sehen, ob die Korrekturen ausreichen“, sagt Vorstandsmitglied Helga Schenk. Sie ist zufrieden, dass nun auch erhaltenswerte Bäume in die Planzeichnungen aufgenommen seien. Nach bisheriger Planung würden mehrere Eichen, die mehr als hundert Jahre alt sind, gefällt.
Das könnte zumindest naturverträglicher gestaltet werden, hatten die Grünen im Juni im Ortsentwicklungsausschuss beantragt. „Insbesondere die alten Eichen sind zu schützen. Nach dem Stammumfang zu schließen, sind viele davon über einhundert Jahre alt, einige bis zu 300 Jahren“, so Schenk. Dies könnte unter anderem erreicht werden, wenn der vorgesehene Verkehrskreisel kleiner als bisher geplant gebaut würde.
Schutz der Bäume durch einen Bebauungsplan
„Zudem ist es zwingend notwendig, die zu erhaltenden Bäume direkt im Bebauungsplan auszuweisen und Erhaltungsgebote und Nachpflanzgebote festzusetzen, um den dauerhaften Schutz der Bäume zu gewährleisten. Leider enthält die Vorlage und die Planzeichnung nur eine farbige Fläche, auf der die Bäume gar nicht mehr zu erkennen sind, weder diejenigen, die gefällt werden sollen, noch die übrigen“, heißt es in dem Antrag.
Dies sei nun geändert worden, sagt Helga Schenk. Da jedoch nur beschränkt Einwendungen möglich sind, werde die Auslegung ihrer Einschätzung nach inhaltlich nicht sehr viel bringen, meint Schenk. „Ich glaube leider nicht, dass wir noch zu einer Ablehnung des Logistiklagers kommen.“
Aldi sieht der Entwicklung gelassen entgegen
Bei Aldi sieht man die Entwicklung gelassen. Die erneute beschränkte Auslegung komme nicht überraschend, sagt Aldi-Sprecher Axel vom Schemm. „Das ist ein absolut üblicher Verwaltungsvorgang, der auf die zeitliche Planung oder allgemein auf die Pläne zu unserem Logistikzentrum in Stelle keine Auswirkungen hat.“
Der Konflikt um einen Aldi-Neubau in Stelle geht durch die erneute Auslegung in eine neue Runde. Fest steht bereits, dass die Fronten zwischen Gegnern und Befürwortern des Projekts sich verhärten. Das tue Stelle nicht gut, meint Helga Schenk von den Grünen, die den Bau verhindern wollen. „Was mir am meisten Sorge macht, ist die Spaltung, die jetzt durch den Ort geht.“