Harburg. Nach den Vandalismus-Attacken auf die Einrichtung für Kinder- und Jugendliche haben die „Omas gegen Rechts“ 2000 Euro gespendet.

Eigentlich kommen Astrid Braeger, Heidi Leuteritz, Dörte Schnell und die anderen Mitglieder von der Initiative „Omas gegen Rechts“ immer dann zusammen, wenn irgendwo in Deutschland demonstriert wird. Bei jeder rechtsextremen „Merkel-muss-weg-Demo“ in Hamburg im September erhoben sie ihre Stimmen gegen Rechts, ebenso bei Großdemonstrationen wie „Berlin gegen Nazis“. Am 1. Mai gesellten sich die Damen in der Harburger Fußgängerzone zur Mahnwache des Bündnisses Hamburg gegen Rechts. Und zuletzt ging es gemeinsam gegen den Rassismus in den USA auf die Straße. Die Damen mischen sich in den politischen Diskurs ein für eine demokratische, rechtsstaatlich organisierte freie Gesellschaft und gegen Ausgrenzung und Rassismus. Ihr Motto: „Alt sein heißt nicht stumm sein!“

Logischerweise konnten sie auch diesmal nicht schweigen. Als die Harburger Mitstreiter der „Omas gegen Rechts“ Ende Mai von den Verwüstungen auf dem Ponyhofgelände im Meyers Park erfuhren, entschieden sie spontan, nicht nur mit Worten, sondern mit Taten Flagge zu zeigen. Sie riefen eine Telefonkonferenz ein und entschieden 2000 Euro als schnelle Hilfe für den Kinder- und Jugend-Reitverein Meyers Park e.V. zu spenden. Unbekannte hatten hier in der Nacht vom 24. auf den 25. Mai die Stallgebäude mit Hakenkreuzen und Symbolen von Geschlechtsteilen besprüht.

Auch Container, Infotafeln und Fensterscheiben waren beschmiert. Die Täter hatten zudem die Werkstatt aufgehebelt und wertvolles Werkzeug gestohlen. Den großen Radlader, den die Betreiber des Ponyhofs zum Säubern der Koppeln nutzen, hatten sie nicht nur mit Hakenkreuzen verschandelt, sondern, wie sich später herausstellte, auch mit Zucker im Tank lahmgelegt. Ebenso den Trecker, der für die Pflege der Anlage unersetzlich ist.

Heike Kühne und Dennis Jezewski versuchen mit Schleifmaschinen, die Schmierereien von den Holzschuppen zu entfernen.
Heike Kühne und Dennis Jezewski versuchen mit Schleifmaschinen, die Schmierereien von den Holzschuppen zu entfernen. © Hanna Kastendieck

Ein besorgniserregender Vorfall

Über das Abendblatt erfuhren die Mitglieder der Harburger Ortsgruppe von dem Vorfall. „Wir sind entsetzt über die Tat. Eine Einrichtung wie den Ponyhof Meyers Park anzugreifen ist das Allerletzte“, sagt Dörte Schnell, die sich seit 2018 bei den Hamburger „Omas gegen Rechts“ engagiert und im vergangenen Jahr eine Gruppe für den Hamburger Süden gegründet hat. „Das, was hier passiert ist, ist schändlich. Und es ist besorgniserregend. Ich verstehe nicht, warum sich die Gewalt gegen einen Verein richtet, der mit seiner Arbeit einen tollen Beitrag zur Integration leistet.“

Auch für die Vereinsvorsitzende Katja Stoffregen und ihre Kollegin Heike Kühne sind die rechtsradikalen Angriffe nicht nachvollziehbar. „Bei uns sind alle Kinder – egal ob arm oder reich, mit oder ohne Handicap, mit oder ohne Migrationshintergrund willkommen“, sagt Heike Kühne. „Zunächst hatten wir gedacht, die Hakenkreuze seien nur ein außerordentlich schlechter Scherz. Inzwischen glauben wir, dass der Angriff gezielt gegen unser Engagement für alle Kinder, also auch für Kinder aus ausländischen Familien gilt. Die Täter haben uns gezielt ins Visier genommen, sonst hätten sie nicht die beiden großen Landmaschinen zerstört.

Für den Verein ist der Schaden eine Katastrophe, das finanzielle Ausmaß noch nicht absehbar. Denn eine Versicherung, die den Schaden übernimmt, gibt es nicht. Da das Gelände des Ponyhofs in einem Naturschutzgebiet liegt, ist die Errichtung fester Gebäude untersagt. Bewegungsmelder und Videokameras sind verboten. Das Gelände ist offen zugänglich, Büro und Werkstatt sind in hölzernen Gartenhäusern untergebracht. „So etwas lässt sich nicht versichern“, sagt Heike Kühne.

Hilfe von Privatleuten war sehr bewegend

Umso glücklicher ist sie über die große Welle spontaner Hilfsbereitschaft, die der Ponyhof im Zuge der Vorfälle erfahren hat. „Die Leute haben toll reagiert“, sagt Heike Kühne. „Die Bevölkerung hat Werkzeug gespendet, einer hat einen neuen Akkubohrer besorgt. Die Firma Gasnetz Hamburg brachte einen Gutschein für einen Baumarkt vorbei und der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Heimath bot an, einen Aufräumtrupp vorbeizuschicken.“

Darüber hinaus hat der Harburger Lions Club Unterstützung bei der Reparatur von Radlader und Trecker zugesagt. „So blöd die Aktion war, so schön und bewegend war die Unterstützung und Hilfe von Privatleuten“, sagt Heike Kühne, die sich ganz besonders über die großzügige Spende der „Omas gegen Rechts“ freut. „Die Summe hilft uns enorm“, sagt sie. „Wir werden einiges umbauen und einbruchssicher machen. Darüber hinaus haben wir bei der Behörde angefragt, ob es doch eine Möglichkeit gibt, Videokameras aufzustellen.“

Heike Kühne (l.) und Katja Stoffregen vom Ponyhof Meyers Park können nach den Vorfällen endlich wieder lachen.
Heike Kühne (l.) und Katja Stoffregen vom Ponyhof Meyers Park können nach den Vorfällen endlich wieder lachen. © Hanna Kastendieck

Für die „Omas gegen Rechts“ ist die Spende eine Herzensangelegenheit. „Das ist eine ganz miese Aktion gewesen“, sagt Astrid V.-Braeger, eine der Initiatorinnen. „Wer macht so etwas bloß ausgerechnet hier, wo sich Menschen ehrenamtlich für Kinder und Jugendliche auch aus schwierigen Verhältnissen engagieren?“ Die Anästhesistin im Ruhestand engagiert sich bei den „Omas gegen Rechts“, weil sie „gegenhalten möchte gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft und die freche und unverschämten Typen von der AfD“. Ähnlich geht es Heidi Leuteritz, Jahrgang 1944.

Ihr Vater, Max Leuteritz, wurde in den 1930er-Jahren von den Nazis verfolgt, weil er als SPD-Politiker der „falschen Partei“ angehörte. „Ich habe die Themen Rassismus und Faschismus quasi mit der Muttermilch aufgesogen“, sagt die 75-Jährige. Als Lehrerin einer Gesamtschule hat sie ihren Schülern vor allem eine Botschaft mit auf den Weg gegeben: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Mit Entsetzen haben die engagierten Omas auch die Vorfälle in den USA wahrgenommen, bei denen ein weißer Polizist einen schwarzen Amerikaner bei der Festnahme erstickte. „Eine schreckliche Tat“, sagt Dörte Schnell. Die Sozialarbeiterin, die in einer Stadtteilschule tätig ist, sieht die rechtsradikale Entwicklung weltweit mit großer Sorge. „Ich habe Angst“, sagt sie. „Aber genau dagegen wehre ich mich. Ich will keine Angst haben. Wir dürfen uns nicht verstecken.“

Einmischen und gemeinsam den Mund aufmachen!

Auch deshalb ist sie froh, dass es die „Omas“ gibt. Eine überparteiliche Gemeinschaft von Tausenden bundesweit, die „gemeinsam den Mund aufmachen und sich einmischen, freundlich aber direkt. Geschützt von dem Deckmantel des Alters und gerade deshalb mit reichlich Narrenfreiheit ausgestattet“. Dennoch ecken sie mit ihren Botschaften an. Regelmäßig gibt es Pöbeleien von rechts und massive Drohungen.

Doch Dörte Schnell und ihre Mitstreiterinnen wollen sich dadurch nicht verunsichern lassen. „Wir sind das unseren Kindern und Enkelkindern schuldig. Wir dürfen den rechtsradikalen Entwicklungen nicht tatenlos zusehen“, sagt Dörte Schnell, die an der Fensterscheibe ihres Wagens einen Flyer der „Omas gegen Rechts“ platziert hat, um neue Mitstreiter zu gewinnen. Neulich regte eines ihrer drei Kinder an, dass es doch klüger sei, den Flyer aus dem Auto zu nehmen. Man wisse ja nie, ob nicht jemand auf dumme Gedanken käme. Dörte Schnell hat den Rat nicht befolgt. Sie will sich nicht verstecken.

Initiative gegen Rechts

Die „Omas gegen Rechts“ sind eine zivilgesellschaftliche überparteiliche Initiative, die sich in den politischen Diskurs einmischen will. Mit augenfälliger Symbolik erheben ältere Frauen, sogenannte OMAS, ihre Stimme zu den gefährlichen Problemen und Fragestellungen der heutigen Zeit. Willkommen sind aber auch OPAS , Kinder, Enkelkinder, Freunde.

Ziel des Engagements ist die Erhaltung der parlamentarischen Demokratie in einem gemeinsamen Europa, um den Einsatz für die gleichen Rechte aller in Deutschland lebenden Frauen, Männer und Kinder. Es geht um die sozialen Standards, die von Eltern und Großeltern zum Teil bitter erkämpft wurden, um den Respekt und die Achtung gegenüber anderen Mitbürgern, unabhängig von ihrer Religion und ethnischer Zugehörigkeit.

Die Mitstreiter setzen sich ein für eine demokratische, rechtsstaatlich organisierte, freie Gesellschaft und gegen faschistische Tendenzen, Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzungen Behinderter, alter Menschen und Ausländern.

Missstände in Politik und Gesellschaft zu Themen wie Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Homophobie und Sozialabbau wollen die „Omas gegen rechts“ öffentlich machen.

Kontakt und Infos der Gruppe Hamburg/Süd gibt es im Internet: www.facebook.com/groups/232995273943322/ oder per Mail: ogr-hamburgsued@web.de

Der Ponyhof

Der Kinder- und Jugendreitverein Meyers Park liegt im Wald, etwa fünf Gehminuten von der B 73 entfernt an der Stader Straße 203b.

Vorrangiges Ziel ist es, Kindern, egal ob arm oder reich, ob mit oder ohne Handicap, einen Ort zu geben, an den sie gern kommen. Es geht nicht nur darum, reiten zu lernen, sondern auch Gemeinschaft zu erleben.

In der Auseinandersetzung mit den Ponys lernen sie mit einem lebendigen Wesen umzugehen, das stärker ist als sie. Die Erfahrung, sich einzulassen und zu vertrauen, macht die Kinder selbstbewusst und fördert einen verantwortungsvollen Umgang.

Durch Spenden soll auch Kindern aus armen Verhältnissen, mit Handicaps oder traumatischen Erlebnissen durch Vertreibung und Flucht das Reiten ermöglicht werden.

Auf dem Ponyhof können Kinder mit Behinderung Reitunterricht nehmen. Zweimal pro Woche kommt die Schule Elfenwiese zum therapeutischen Reiten.

Das Team des Ponyhofs Meyers Park arbeitet ehrenamtlich. Für den Erhalt der Anlage und die Versorgung der Tiere ist der Verein auf Spenden angewiesen.

Die Mitgliedschaft kostet 50 Euro im Monat. Aktuell werden 150 Reitschüler betreut. Besucher können für drei Euro eine Ponyrunde um die Anlage buchen.

Infos unter www.ponyhof-meyers-park.de; 040/38 68 18 77.