Wege, um Ruhe zu finden: Wir stellen Rundwege in der Region vor – zum Durchatmen und abseits größerer Menschenmengen.
Die beliebten Ausflugsziele in der Region sind schon mal überlaufen, in den Parks herrscht großer Andrang – wo soll man dann hin, um in Corona-Zeiten Ruhe in der Natur zu finden? Und das auch noch möglichst wohnortnah, wo doch schon alles so bekannt ist? Also gilt es, einmal eher ungewöhnliche Entdeckungen mit einer kurzen Wanderung zu verknüpfen.
Wir haben uns dazu die Baustelle der A 26 ausgesucht, eine etwa acht Kilometer lange Runde entdeckt und nennen sie einfach mal die „Neu Wulmstorfer A 26-Runde“. Das Besondere daran: diese Tour ist nur jetzt für ganz kurze Zeit in dieser Form möglich und streift zwei Abschnitte der zukünftigen Autobahn, über die in der Region schon seit Jahren diskutiert und gestritten wird. Zwei aktuelle Wendepunkte stehen zudem beim Bau dieser Straße mitten im Moor an, was eine Wanderung hier eben spannend macht, frei nach dem Motto: Nicht nur darüber lesen, sondern hingehen und anschauen!
Bald ist hier eine Autobahn
Voraussichtlich im Juni startet für den Abschnitt Buxtehude – Rübke der eigentliche Fahrbahnausbau. Und für den nahezu historischen Lückenschluss für die weitere Anbindung an die A 7 bei Moorburg sollte eigentlich am 30. April ein symbolischer Erster Spatenstich gefeiert werden, der nun aber coronabedingt ausfällt. Gleichwohl geht es jetzt hier im Hamburger Teil des Moorgürtels los mit dem Bau – was eben bei dieser Wanderung zu sehen ist.
Startpunkt ist ein kleiner Parkplatz an dem neuen B 3-Schlenker in Neu Wulmstorf, ungefähr dort, wo früher die Bahnhofstraße hinaus aus dem Ort in Richtung Rübke führte. Heute findet man hier eine Ampelkreuzung, und dort befindet sich in Fahrtrichtung Rübke auf der linken Seite der Parkplatz. Von hier geht es auf einem geraden Asphaltweg direkt ins Moor. Links an den Bahngleisen erkennt man eine riesige Halle: dort lagert der Outdoor-Ausrüster Jack-Wolfskin seine Waren. Wir streben aber in Richtung des hohen hellen Sand-Damms, der mitten im Moor und mit Blick nach Norden zu sehen ist. Das ist unser erstes Etappenziel: Bei Sonne ist es ein wunderbarer Weg dorthin mit weitem Blick über die flache Landschaft. Aber Achtung! Der Wind kann einem hier auch heftig um die Ohren wehen.
Der Damm, den wir nach etwa 40 Minuten erreichen, ist ein sogenannter Vorbelastungsdamm, damit der moorige Untergrund für den Autobahnbau verfestigt wird. Gut drei Millionen Kubikmeter Sand wurden dazu aus dem nahen Ketzendorf heran gepumpt, wo dadurch nun ein riesiger Baggersee entstanden ist. Ungefähr ein Drittel des Damms ist jetzt versunken, ein Drittel der Höhe wird als Fahrbahngrund stehen bleiben und ein Drittel wird bald hier abgetragen. Man erkennt die spätere Höhe der A 26 ganz gut, weil unser Weg jetzt darüberführt und eine Graben-Brücke das spätere Höhenniveau anzeigt.
Manchmal fahren noch Baustellen-Fahrzeuge
Sobald wir die künftige Straße quasi überquert haben, führt ein Weg nach rechts Richtung Hamburg direkt am Sand-Damm entlang. Hier fahren zwar manchmal noch Baustellen-Fahrzeuge, aber es gibt kein Schild, das das Betreten für Spaziergänger untersagt.
Zur linken Hand sieht man nun die Häuser des Moordorfes Rübke, die ziemlich dicht an der künftigen Autobahn liegen. Um seltene Vögel wie den Wachtelkönig zu schützen, wurde die Trasse hier weiter an die Ortschaft heran verlegt. Stille für die Vögel, Lärm für die Menschen!
Wir wandern nun weiter, immer am Damm entlang. Darauf erkennt man viele Stangen mit kleinen Fähnchen, die im Wind flattern. Dort befinden sich Messstellen, mit denen per Funk zu einem Ingenieurbüro Daten über das langsame Einsinken des Sanddammes gesendet wurden. So konnten die Straßenplaner vor einiger Zeit erkennen, dass sich der Damm weitgehend gesetzt hat, also nicht mehr in Bewegung ist und der Fahrbahnausbau starten kann.
Am Ende des Sandweges erreicht unsere Wanderung die Rübker Straße kurz vor dem Ortseingang. Wenn in etwa zwei Jahren der Abschnitt Buxtehude -Rübke für den Verkehr freigegeben ist, wird hier zunächst Schluss sein mit der Autobahn, weswegen spätestens dann für eine Weile eine erhebliche zusätzliche Verkehrsbelastung in Neu Wulmstorf befürchtet wird.
Lückenschluss zur A 7
Denn der Lückenschluss zur A 7 wird aller Voraussicht nach erst drei Jahre später, also etwa 2025 fertig gebaut sein. Wieviel von diesem Abschnitt bereits in Bau ist, lässt sich nun auf dem zweiten Teil der „A 26-Runde“ anschauen. Wir wandern deshalb ein kurzes Stück nach Rübke und biegen dann gleich hinterm Ortsschild auf den Wirtschaftsweg „Neuenfelder Hinterdeich“ und wandern dort weiter Richtung Hamburg. Eben immer am Hinterdeich entlang: Solche kleinen -- auch Achterdeiche genannte -- Wälle, gibt es vielfach im Alten Land. Sie schützen die Siedlungs- und Obstgebiete vor Starkregenwasser aus dem höher gelegenen Moor- und Geestbereichen.
Zur Entwässerung findet man hier auch breite Gräben, die Landwettern. Oben auf dem kleinen Hinterdeich bietet sich nun ein weiter Blick bei einer kurzen Rast. Links sieht man die weißen Häuser von Blankenese, davor ragt aus den Obstbaumplantagen der große Kran der Sietas-Werft auf. Und Im Osten kann man auch die Container-Brücken des Altenwerder Hafen-Terminals schon ausmachen.
Alte Obstbäume sind bereits gerodet worden
Der Weg führt dann weiter bis zu einer Kreuzung. Kurz vorher aber erkennt man bereits den Trassenverlauf der künftigen A 26, die hier unseren Weg kreuzt. Alte Obstbäume sind dazu bereits gerodet worden, um einen Schädlingsbefall zu verhindern. Hunderte, vielleicht Tausende kleine Stangen mit Fähnchen markieren die künftige Fahrbahn, die man nun erahnen kann.
An der Kreuzung biegen wir nach rechts auf einen breiten festen Sandweg ab, der von Gräben flankiert wird: Nun wandern wir quer durchs Moor: Rechts durch das Naturschutzgebiet „Moore bei Buxtehude“ und links am Hamburger „Moorgürtel“ vorbei, der ebenfalls streng geschütztes Naturschutzgebiet ist.
Kurz vor den ersten Häusern von Neu Wulmstorf geht es nun nach rechts auf einen abzweigenden Sandweg, der wieder bis zur Rübker Straße führt. Dort müssen wir die Straße überqueren, wandern auf dem Radweg eine kleine Weile nach links – und sind nach einigen Minuten wieder an der B3-Ortsumgehung und unserem Startparkplatz.