Harburg. An der Hauptstraße des Harburger Binnenhafen siedeln sich zunehmend Einzelhändler, Dienstleister und Gastrobetriebe an.
Er ist nicht der Jungfernstieg. Aber der Veritaskai im Harburger Binnenhafen mausert sich mehr und mehr zur Einkaufsmeile. Auf der südlichen Seite eröffnet seit einem Jahr ein Geschäft nach dem anderen – zuletzt am 10. Februar ein Lufthansa City Center (Reisebüro) am Veritaskai 8. Der Edeka-Markt, Dat Backhus und das Bistro-Restaurant Dock 8 sind seit Ende März 2019 am Start, das vietnamesische Esslokal Hoi An seit August. Die Geschäftsleute sind mit den – wachsenden – Umsätzen zufrieden und setzen darauf, dass die Zahl der Binnenhafen-Bewohner weiter ansteigen wird.
Im östlichen Abschnitt, am Veritaskai 8, hat sich am Kopf des neuen Brückenquartiers besonders viel getan. Am 28. März 2019 hatte an der Ecke Theodor-Yorck-Straße der Edeka-Markt eröffnet. „Seit der Startperiode haben wir einen Umsatzzuwachs von 50 Prozent“, freut sich Inhaber Martin Ziegler, hofft jedoch auf weit mehr Kundschaft durch bereits geplante Bauprojekte im Quartier: „Dies ist ein Perspektiv-Objekt, da muss man einen etwas längeren Atem haben. Ganz wichtig wird für uns das Neuländer Quarree.“ Bei dem benachbarten Projekt an der Neuländer Straße wird noch gar nicht gebaut. Der Investor CG Gruppe nennt als Fertigstellungstermin das erste Quartal 2023.
Dass die Umsätze im Edeka-Markt sich dennoch relativ erfreulich entwickelt haben, führt Ziegler auf Kunden zurück, die außerhalb des Binnenhafens wohnen. „Es kommen Leute aus Marmstorf und Eißendorf, ebenso aus dem Umland“, sagt der gelernte Fleischer, der in Winsen aufwuchs und lebt. Aus der Luhestadt stammt auch sein Jugend-Freund Thomas Selling, der das an den Markt angegliederte Bistro-Restaurant Dock 8 betreibt. Der Name spielt auf die maritime Umgebung an. Auf der Homepage steht unter Öffnungszeiten: „Mo.-Fr. von 11 Uhr bis ALLES weg ist“. Und das ist spätestens am Nachmittag der Fall.
„Ich hatte schon Tage, an denen ein Mittagsgericht um 13 Uhr ausverkauft war“, sagt Selling. „Ich koche frisch, und meistens ist alles gegen 15 Uhr/15.30 Uhr verkauft.“ Inzwischen hat der gelernte Koch eine kleine Karte mit einfachen Gerichten zusammengestellt, die garantiert bis 17 Uhr zu haben sind. Schließlich soll niemand hungrig das Dock 8 verlassen. Es eröffnete ebenfalls am 28. März. Die ersten Monate seien zäh gewesen, so Selling. In den Sommerferien, wo eigentlich eher mit einer Flaute zu rechnen gewesen wäre, kam die Wende zum Besseren: „In den Büros waren offenbar viele Trainees und Studenten beschäftigt. Die kamen mittags in Scharen. Das war mein Glück und hat mich über Wasser gehalten.“ Jetzt läuft der Laden.
Im Restaurant Hoi An sind Reservierungen ratsam
Ein paar Meter weiter westlich, an der Ecke Schellerdamm, floriert das Geschäft ebenfalls: Hier eröffneten im August Remzi und Mai Morkoc ihr vietnamesisches Restaurant Hoi An. Remzi Morkoc war zuvor Hotelmanager verschiedener Ketten und dadurch in der ganzen Welt zuhause. Zuletzt managte er drei Jahre lang ein Haus der türkischen Hotelkette Titanic in Berlin. „Meine Frau hatte bereits in Kiel ein Restaurant eröffnet und es nach der Küstenstadt Hoi An am Südchinesischen Meer benannt. Wir wollten zusammen ein weiteres Restaurant aufmachen. Als Standorte kamen für uns nur Kiel oder Hamburg in Frage.“ Es wurde Harburg.
Mit Google Maps hat das Paar zunächst in Hamburg nach interessanten Quartieren gesucht. Der Binnenhafen fiel den beiden ins Auge. Sie setzten sich ins Auto und schauten sich das Hafenviertel an. „Es war Mittagszeit, und wir sahen viele Menschen, die herumspazierten und offenbar etwas essen wollten. Da haben wir beschlossen, hier herzukommen.“ Nicht nur viele Harburger wissen diesen Entschluss zu schätzen. Stammgäste kämen sogar aus Soltau und Hannover, freut sich Remzi Morkoc. 96 Sitzplätze biete das Restaurant. An Donnerstag, Freitag und Sonnabend sei für die Abendstunden eine Reservierung nötig, rät der Gastwirt.
2011 eröffnete die Bäckerei Wedemann ihre Filiale im umgebauten Kaispeicher
Auch die schon länger bestehenden Geschäfte profitieren von den Neueinsteigern, die das Quartier aufwerten. Als erstes eröffnete 2011 die Bäckerei Wedemann ihre Filiale im Erdgeschoss des umgebauten Kaispeichers, zwei Monate später folgte gegenüber die Schanzenbäckerei. „Wir spüren jetzt zwar die zunehmende Konkurrenz, aber die belebt bekanntlich das Geschäft“, sagt Franziska Wedemann über ihre Bäckerei-Filiale. „Wer sich für einen Filialstandort in einer so interessanten Lage entscheidet, muss damit rechnen, dass sich Gastronomie ansiedelt. Aber der täglich frisch gekochte Mittagstisch und die Backwaren-Snacks werden weiterhin gut angenommen“, so Wedemann.
Die Harburger Firmenchefin ist gleichzeitig Vorsitzende des Wirtschaftsvereins für den Hamburger Süden. „Für den Wirtschaftsverein ist die Entwicklung am Veritaskai ein gelungenes Beispiel dafür, dass Harburger Investoren ein Gebiet ohne zu enge städtebauliche Vorgaben vielfältig entwickeln“, so Wedemann. Noch sei die Mischung etwas gastronomielastig, das sei aber typisch für diesen frühen Entwicklungsstand. Wedemann: „Wir würden uns freuen, wenn sich noch mehr Einzelhandel und Dienstleistung ansiedelt. Außerdem ist es wichtig, dass das Hotel am Veritaskai nun endlich gebaut wird.“
Maritime Kleidung folgt „Nordlicht“ im Fleethaus
Erste Dienstleister (Itzehoer Versicherung, Lufthansa-Reisebüro) sind bereits vertreten. Dazu ein Strahlentherapiezentrum und eine Apotheke. Der Baubeginn für den 19 Etagen hohen Hotelturm verzögert sich dagegen bereits seit drei Jahren, so dass allmählich Gras über das verwaiste Wassergrundstück am Verkehrshafen wächst.
Die nächste Geschäftseröffnung am Veritaskai ist schon absehbar: ganz im Westen, im Erdgeschoss des Fleethauses. Dort, wo bis Sommer 2018 noch das Restaurant Nordlicht seine Gäste bewirtete, werden sehr bald „gehobene maritime Kleidung und Accessoires“ präsentiert, kündigt Vermieter Rolf Tibken von VGA Immobilien an. Mehr dürfe er noch nicht verraten.