Buchholz. Derzeit entsteht in Buchholz ein neues Gebäude mit 2000 Quadratmeter Wohnfläche. Es soll 14 Zimmer haben, zwei Gästezimmer

Als Peter Johannsen noch in der Krankenpflege gearbeitet hat, lernte er Menschen kennen, die im Sterben lagen. Menschen, die nicht in ein Heim gehörten, weil sie zu jung waren. Auch nicht in ein Krankenhaus, weil sie austherapiert waren. Für diese Menschen brauchen wir einen Ort, an dem sie gut versorgt und ohne Schmerzen sterben können, dachte er. Einen Ort, an dem den letzten Tagen mehr Leben verliehen wird. Das war Anfang der 1980er Jahre. Zehn Jahre später schwappte der Hospizgedanke aus den USA nach Deutschland.

Zu diesem Zeitpunkt erfuhr Sieglinde Winterstein, dass ihre elfjährige Tochter an einer Autoimmunkrankheit leidet. „Plötzlich waren wir mit dem Thema Sterben unmittelbar konfrontiert“, erinnert sie sich. „Und damit, wie in unserer Gesellschaft gestorben wird.“ Sie spürte, dass sich die Dinge ändern müssen. Und dass es an ihr war, einen Beitrag dazu zu leisten. Als sich 1995 der Verein Oekumenischer Hospizdienst Buchholz e.V. gründete, gehörte Sieglinde Winterstein zu den ersten Mitgliedern.

Haus im Holzrahmenbau

Heute, ein Vierteljahrhundert später, sitzen Peter Johannsen und Sieglinde Winterstein über den Architekturplänen für ein Gebäude mit 2000 Quadratmeter Wohnfläche. Es soll 14 Zimmer haben, zwei Gästezimmer, Räume für Veranstaltungen und Schulungen sowie Küche und Büros. Der Haus im Holzrahmenbau soll zwei Innenhöfe bekommen und einen freien Blick in den angrenzenden Wald.

So wird das neue Gebäude für das Hospiz Nordheide aussehen.
So wird das neue Gebäude für das Hospiz Nordheide aussehen. © h | Hospiz Nordheide

Es ist ein Mammutprojekt mit Kosten von 6,5 Millionen Euro, das der Hospiz-Geschäftsführer und die Vorsitzende des Oekumenischen Hospizdienstes Buchholz gemeinsam mit ihren Mitstreitern, DRK, ev.-luth. Kirchenkreis Hittfeld und Herbergsverein Tostedt sowie der Unterstützung der Bürgerstiftung Hospiz Nordheide angeschoben haben. Gemeinsam bauen sie ein neues Hospiz für die Nordheideregion.

Nach kurzer Zeit waren viele Unterstützer beisammen

Genau das haben Herr Johannsen und Frau Winterstein schon einmal getan. Vor 17 Jahren begegneten sich die beiden Hospizbefürworter zum ersten Mal. Getragen von der gemeinsamen Idee holten sie binnen kürzester Zeit zahlreiche Unterstützer ins Boot. Innerhalb von einem Jahr bauten sie die frühere Aufnahmestation des Krankenhauses Buchholz zu einem Hospiz für zwölf Gäste um.

1,5 Millionen Euro wurden damals investiert, von denen ein Großteil mithilfe des Engagements der Bürger finanziert werden konnte. Seitdem kümmern sich 40 Mitarbeiter sowie zahlreiche Ehrenamtliche um die Gäste, begleiten Sterbende und ihre Angehörigen in den schwersten Stunden ihres Lebens und ermöglichen ihnen ein menschenwürdiges Dasein bis zuletzt.

„Dass nun neu gebaut werden muss, liegt an den Erweiterungsplänen der Klinik“, sagt Peter Johannsen. „Wir können den Betrieb während der Krankenhaus-Umbauarbeiten hier nicht weiterführen. Also haben wir uns für einen Neubau entschieden.“ Ende des Jahres soll das Gebäude, von dem bislang nur der Keller zu sehen ist, fertig sein.

17.000 Einzelspender

Nicht nur für die Bauherren, sondern auch für die Bürgerstiftung Hospiz Nordheide, die seit 2003 Spenden für die Hospizarbeit generiert, ist das neue Projekt eine Herausforderung. Immerhin 4,5 Millionen Euro sind in den vergangenen 17 Jahren an Spenden zusammengekommen. 17.000 Einzelspendern hat der inzwischen stellvertretende Vorsitzende Hans Dittmer persönlich per Anschreiben gedankt.

Dittmer, Sparkassen-Betriebswirt Jahrgang 1941, war es auch, der nach seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben im Jahr 2003 prominente Befürworter eines stationären Hospizes im Landkreis zusammentrommelte. Gemeinsam gründeten sie im November 2003 die „Bürgerstiftung Hospiz Nordheide“ mit dem alleinigen Zweck, die stationäre und ambulante Hospizarbeit sowie die Palliativmedizin zu fördern. Oberstes Ziel ist bis heute die Unterstützung des Hospizes in Buchholz.

Rund 100.000 Euro gibt die Stiftung jährlich an das Hospiz

„Als mich Peter Johannsen damals ansprach, ob ich nicht an der Idee mitwirken wolle, hatte ich keine Ahnung, was auf mich zukommt“, sagt Dittmer. „Die Aufgabe hat meinen eigenen Blick auf das Leben und Sterben verändert.“ Der Kontakt mit Menschen, die spenden wollen, sei oftmals bewegend, weil viele selbst vom Thema Sterben betroffen seien, sagt er.

„Das sind schon Geschichten, die einem nahe gehen.“ Rund 100.000 Euro gibt die Stiftung jährlich an das Hospiz weiter. Geld, dass zum Teil für den laufenden Betrieb eingesetzt wird aber auch für therapeutische Zusatzangebote.

Für den Ablauf im Haus ist Birte Rantze zuständig. Die Krankenschwester und Diplom-Pflegewirtin, Jahrgang 1973, ist seit der Gründung 2005 im Hospiz tätig. „Es ist eine wundervolle Arbeit“, sagt sie. „Unsere Aufgabe ist zutiefst menschlich und wichtig in einer Welt, dich sich immer mehr von den Menschen wegbewegt.“

Nach ihrer Ausbildung hatte Birte Rantze ein paar Jahre auf der Intensivstation am Krankenhaus Bielefeld gearbeitet und erlebt, dass es in einer Klinik unmöglich ist, zu den Menschen und ihren Angehörigen eine Beziehung herzustellen. Als sie vom Bau des Hospizes in Buchholz erfuhr, bewarb sie sich. „Hier geht es um Begegnung und darum, den Menschen in der letzten Phase seines Lebens zu Entscheidungen zu befähigen. Es geht um Selbstbestimmung und Autonomie. Und darum, die Angst vor dem Sterben zu nehmen.“

Thema Sterben gehört in die Gesellschaft

15 Jahre ist Birte Rantze jetzt im Hospiz. Und sie ist sich sicher, dass sie für den Rest ihres Lebens nichts anderes machen möchte. Auch Peter Johannsen und Sieglinde Winterstein wollen weiter für das Hospiz wirken. Weil sie finden, dass das Thema Sterben in die Gesellschaft gehört. „Ein Hospiz trägt dazu bei, dass die Menschen sich der Thematik stellen und offener damit umgehen“, sagt Sieglinde Winterstein. „Sterben müssen wir alle. Davor kann man nicht weglaufen.“

Auch ihr Mann, Karl-Heinz Winterstein, engagiert sich als Vorsitzender der Bürgerstiftung für das Hospiz. Der ehemalige Radiologe hat in seiner beruflichen Laufbahn unzählige Male aussichtslose Diagnosen stellen müssen. „Zwei bis drei Gespräche pro Tag haben sich darum gedreht, den Patienten zu sagen, dass sie eine ernste Erkrankung haben“, sagt er. „Das muss man aushalten.“ Um so mehr begeistert ihn das Engagement rund um das Hospiz, weil es Hoffnung gibt für den letzten Abschnitt des Lebens.

Gemeinsam mit den Bürgern im Landkreis möchte der Bürgerstiftungs-Vorsitzende dafür sorgen, dass dieses Angebot für die Zukunft dauerhaft bestehen bleibt. „Wir sind weiterhin auf die großartige Spendenbereitschaft aus der Bevölkerung angewiesen, um die Pläne umzusetzen“, sagt Karl-Heinz Winterstein, der hofft, möglichst viele Menschen ins Boot zu holen. „Wenn jeder Bürger im Landkreis vier Euro spendet, hätten wir schon wieder eine Million zusammen“, sagt Winterstein. „Das wäre großartig.“