Hausbruch. Am kommenden Montag gibt es wieder einen Informationsabend für die Anwohner. Es geht in den nächsten Bauabschnitt.
Was wird eher fertig, Der Ehestorfer Heuweg, die Sanierung des S-Bahnhofs Harburg oder der Berliner Großflughafen BER? Derzeit sieht es so aus, als könnte tatsächlich Berlin das Rennen gewinnen. Die meisten Anwohner des Ehestorfer Heuwegs sowie jene Autofahrer, die die Verbindungsstraße sonst regelmäßig nutzen, sind von der Dauerbaustelle genervt. Für den kommenden Montagabend hat der Hamburger Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) als Bauherr der Straßensanierung die Anwohner erneut zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Es geht um den zweiten Bauabschnitt, die 1300 Meter von der Rudolf-Steiner-Schule bis zur B 73. Dass in diesem Abschnitt keine Vollsperrung mehr geplant ist, wie sie derzeit im ersten Bauabschnitt verhängt ist, beruhigt die Anlieger kaum: Sie halten die derzeitigen Pläne des LSBG für pendlerfeindlich.
Anlieger halten Pläne für pendlerfeindlich
Bislang plant der LSBG, den Ehestorfer Heuweg in der zweiten Phase abschnittsweise einseitig zu sperren, mit einer Einbahnstraße auf der freien Spur, die nachts und mittags die Richtung wechselt. So war es zunächst auch im ersten Bauabschnitt geschehen, bis Probleme mit dem Untergrund eine Vollsperrung auslösten. Die Lösung hatte zuvor leidlich funktioniert. Für die zweite Tranche der Baustelle will der LSBG allerdings die Tageszeiten der Fahrtrichtungen so legen, dass Berufspendler morgens nicht mehr die B 73 erreichen können. „Diese Planung ist ein Unding!“ wettert Axel Krones, Ortsbürgermeister von Ehestorf-Alvesen. Viele seiner Bürger nutzen den Ehestorfer Heuweg, um vom Dorf in die Stadt zu kommen. Die gegenwärtige Vollsperrung der Straße zwingt sie dazu, über Harburg zu fahren, statt über Hausbruch.
Die Anlieger fordern, dass ein wechselnder Blockverkehr mit Baustellenampeln eingerichtet wird, mindestens aber eine Änderung der Richtungs-Zeiten. Beides hat der LSBG bislang abgelehnt.
Proteste der Bürger haben Wirkung gezeigt
Dass die Anwohner Ärger machen können, haben sie in der Vergangenheit bereits mehrfach bewiesen. Dass in zwei Phasen gebaut wird, geht auch auf Proteste der Anlieger zurück. Der ursprüngliche Plan war eine neunmonatige Vollsperrung der Straße. Nach massiven Protesten lenkte der LSBG ein, teilte den Bau auf zwei Phasen mit halbseitiger Sperrung auf.
Wichtigstes Argument der Anlieger war damals weniger die eigene Betroffenheit und mehr die Belange der etwa 500 Waldorfschüler, die bei einer Vollsperrung nicht näher als 1000 Meter an die Schule hätten herangebracht werden können. Dies Argument fällt ihnen nun auf die Füße: „Dass der einseitige Verkehr morgens von der B 73 in Richtung Ehestorf fließen soll, dient der Erreichbarkeit der Rudolf-Steiner Schule“, sagte Bauleiterin Christina Hesse im Herbst 2019, als sie die Pläne für die zweite Bauphase im Mobilitätsausschuss der Bezirksversammlung vorstellte.
Eigentlich sollte nur der Rad- und Gehweg saniert werden
Begonnen hatte alles recht harmlos: 2014 hatte die Bezirksversammlung die Stadt aufgefordert, den kombinierten Fuß- und Fahrradweg entlang des Ehestorfer Heuwegs zu sanieren, da er in einem beklagenswerten Zustand war. Bei der Inaugenscheinnahme der Strecke stellte die damalige Radwegeplanerin des LSBG, Heinke Wiemer, allerdings fest, dass die Breite der Nebenfläche nicht überall ausreicht, um normgerechte Rad- und Fußwege nebeneinander aufzunehmen und deshalb auf alle Fälle an der Fahrbahn gearbeitet werden müsse. Die Fahrbahn sei ohnehin in einem Zustand, der eine Vollsanierung erfordere, teilte sie im November 2015 dem damaligen Verkehrsausschuss der Bezirksversammlung mit. Wahrscheinlich hatte sie damals schon im Hinterkopf, dass der Ehestorfer Heuweg in den 2020er Jahren als leistungsfähige Umleitung für die Autobahn A 7 gebraucht wird, während diese zwei weitere Spuren erhält.
Aus 100.000 Euro wurden sechs Millionen
Wegen des Umfangs der Maßnahme musste die Planung öffentlich ausgeschrieben werden, so dass Wiemer erst ein Jahr später mit den ersten Plänen wiederkam. Aus 100.000 Euro Radwegsanierung war ein kompletter Straßenneubau für sechs Millionen Euro geworden. Damals rechnete der LSBG mit einem Baubeginn im Jahr 2018, plante abschnittsweise halbseitige Sperrungen, warnte aber auch vor, dass es zu „gelegentlichen tageweisen Vollsperrungen“ kommen könne.
2018 begannen tatsächlich die vorbereitenden Arbeiten – mit einer nur kurzfristig angekündigten sechsmonatigen Vollsperrung der Straße für Leitungsbaumaßnahmen. Die Anwohner warten empört. Erst recht empört waren sie, als sie erfuhren, dass auch die Hauptsanierung der Fahrbahn im Folgejahr mit einer neunmonatigen Vollsperrung verbunden sein würde. Angeordnet hatte das die Polizei. Bei einer halbseitigen Sperrung gäbe es nicht genügend Sicherheitsabstand für die Bauarbeiter, hieß es.
Die Bürger gründeten zwei Initiativen
Bei den Anwohnern löste das Empörung aus. Zwei Bürgerinitiativen gründeten sich, eine in Ehestorf, eine in Hausbruch. Die Proteste waren so massiv, dass sie Wirkung zeigten. Für 800.000 Euro Mehrkosten wurde der Bau auf zwei Jahre und in zwei Phasen gestreckt. Eine Vollsperrung sollte es nun nur noch für vier Wochen am Ende der ersten Bauphase im Dezember 2019 geben.
Im August 2019 wurde dann doch schon einmal voll gesperrt. Am Ehestorfer Ende der Baustelle war Braunkohle im Boden gefunden worden. Der Boden musste nun an dieser Stelle einmal komplett aufgegraben werden. Wenige Wochen später sackte dabei der Boden weg und ein tiefes Loch tat sich auf. Die Anwohner fassten sich an den Kopf: Dass es hier in den 1920er Jahren ein Bergwerk gegeben hatte, war bekannt. Warum wurde der Untergrund nicht schon im Vorwege untersucht? Der LSBG hatte sich auf die Unterlagen verlassen, die besagten, dass die alten Stollen ordentlich verfüllt wurden. Nach Meinung des Montan-Historikers Thorsten Bölck trifft das für die sechst Stollen, die die Straße queren, auch zu: „Es gibt Hinweise, dass das Loch, auf das die Bagger stießen, für die Verfüllung benutzt wurde.
Stollen müssen erst noch verfüllt werden
Trotzdem werden nun erst einmal alle vier Querstollen auf Hamburger Gebiet von einer Spezialfirma saniert. Das dauert bis März. Direkt daran schließt sich der zweite Bauabschnitt an, denn die Zeit drängt: Die ersten Arbeiten an der A 7 südlich des Elbtunnels haben bereits begonnen. Eigentlich aber hatten die Anwohner zwischen den Bauphasen eine Verschnaufpause haben sollen.
Axel Krones wird mit dem Fahrrad zur Anwohnerversammlung kommen. Nur so kommt er ohne kilometerlangen Umweg an der Vollsperrung vorbei. Er und seine Bürger, aber auch die Hamburger Anlieger der Straße werden weiterhin eine flexiblere Durchfahrtslösung mit Ampel und Blockverkehr fordern.
„Wir prüfen immer wieder Möglichkeiten, wie wir die Belastung der Anlieger verringern können“, sagt Christian Füldner, Pressesprecher der Hamburger Wirtschafts- und Verkehrsbehörde. „Bislang kommen wir aber stets zu dem Schluss, dass ein Blockverkehr nicht möglich ist.“ Mittlerweile soll es sogar Anwohner in Ehestorf geben, die die Sperrung lange behalten wollen. Sie genießen die Ruhe.