Harburg. Die Erdung der Brandmeldeanlagen erweist sich als sehr schwierig. Das verzögert die laufenden Arbeiten.
Warum geht es mit der Sanierung der Tunnel-S-Bahnhöfe in Harburg nicht voran? Diese Frage musste Michael Domidiato, Norddeutschland-Leiter des Bahnhofsmanagements der „DB Station and Service AG“ , im Hauptausschuss der Bezirksversammlung einmal mehr beantworten. Das Bahnhofssanierungsprogramm „Zukunft Bahn“ ist südlich der Elbe längst nicht auf dem gegenwärtigen Stand der Bahnhöfe im City-Tunnel zwischen Hauptbahnhof und Altona. Die Bahnhöfe im Bezirk Harburg sind seit Jahren eine offene Baustelle, bei der nur wenig sichtbar besser wird. Sehr zum Ärger der Bahnhofsnutzer und der Harburger Bezirkspolitiker.
Die Bahn kann frühestens im Juni weiterbauen. Ist das der Fall, können die Bahnhöfe Harburg und Harburg Rathaus im Jahr 2021 fertig werden, Heimfeld allerdings erst 2022. Immerhin wird die seit drei Jahren stillstehende Rolltreppe des Bahnhofs noch in diesem Frühjahr ausgetauscht.
Brandmeldeanlagen sind Voraussetzung für weitere Arbeiten
Das größte Problem bei der Sanierung ist offensichtlich die Brandmeldeanlage. Frank Richter, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksversammlung verglich das Projekt deshalb schon mit dem Berliner Flughafen BER. Die Erneuerung der Brandmeldetechnik ist unabhängig von der Sanierung aber die Sanierung darf nicht fertiggestellt werden, bevor die Brandmeldeanlage nicht eingebaut ist. „Wir haben hier ein Problem mit der Erdung“, sagt Michael Domidiato. „Mittlerweile arbeiten die klügsten Köpfe der Bahn mit Hochdruck daran, es zu lösen.“
Politik wäre froh über einen „bissfesten Zeitplan“
Den Hochdruck hatte Domidiato auch im Vorjahresvortrag schon als Sprachbild benutzt. Frank Richter musste darauf erst einmal Dampf ablassen: „Wir hören ständig, dass es bald voran geht, aber wir sehen keine Ergebnisse“, sagte er genervt. „Wir würden uns über eine nachvollziehbare Problembeschreibung und einen bissfesten Zeitplan sehr freuen.“
Auch auf Nachfragen wollte Domidiato das Elektrik-Problem vor dem Hauptausschuss nicht spezifizieren. Die Pressestelle der Bahn hält ihre Antwort allgemein: „Als Voraussetzung für den Beginn der Arbeiten ist eine vollständige erdungstechnische Trennung der Anlagen der Stadt Hamburg und der DB AG erforderlich“, schreibt Franziska Hentschel, neue Norddeutschland-Sprecherin des Konzerns, „Dabei handelt es sich um eine übliche Vorgehensweise im Bauverlauf.“
Es geht um unterschiedliche Frequenzen
Das Problem ist komplex. Im Bereich der Harburger Bahnhöfe gibt es bis zu drei unterschiedliche Wechselstrom-Netze: Während der übliche Haushaltsstrom 50 mal in der Sekunde – also mit einer Frequenz von 50 Hertz – die Fließrichtung wechselt, nutzt die Fernbahn einen Wechselstrom mit 16,7 Hertz und die S-Bahn 25 Hertz. Eine niedrigere Frequenz bedeutet, dass die Ströme aus der Erdung sich im Erdreich weiter verbreiten können, weil die Wellenlänge der Spannungskurve größer ist, als bei höheren Frequenzen. Treffen sich allerdings die Erdungsströme der verschiedenen Netze, können sich ihre Frequenzen überlagern und das kann zu Spannungsspitzen führen. Die stören bestenfalls. Schlimmstenfalls sind sie gefährlich. Digitaltechnik reagiert sehr empfindlich auf Spannungsschwankungen. Die Erdungsströme der verschiedenen Netze getrennt zu halten, ist eigentlich das täglich Brot von Bahn-Ingenieuren. Warum also wurde das Problem nicht vor Planung der neuen Brandmeldeanlage angegangen? „Im Zuge des Bauverlaufes ist deutlich geworden, das weitere erdungstechnische Arbeiten notwendig sind. Dementsprechend mussten auch die Planungen und Maßnahmen angepasst werden“, schreibt Sprecherin Hentschke auf diese Rückfrage.
Am Bahnhof Harburg warten noch weitere Probleme
Die Erneuerung der Brandschutztechnik und ästhetische Sanierung der Tunnelbahnhöfe ist erst die erste einer Reihe von anstehenden Baustellen am und rund um den Bahnhof. Es folgen noch die Doppelkreuzung der Hannoverschen Straße, das Fahrradparkhaus sowie die Umgestaltung des Fernbahnhofs und des Busbahnhofs. Außerdem will die Bahn den Fernbahnhof um einen unterirdischen Halt erweitern und die Signal- und Stellwerkstechnik der S-Bahn digitalisieren, um eine höhere Taktfrequenz mit einer zusätzlichen Harburger Linie zu ermöglichen.
Dass schon Probleme auftauchen, weil die Bahn ihre Brandmelder nicht geerdet bekommt, beunruhigt die Bezirkspolitiker. „Wenn ich bedenke, wie viele Projekte wir dort noch vor uns haben und koordinieren müssen, wird mit Angst und bange“, sagte Bezirksamtsleiterin Sophie Fredenhagen.
„Haben Sie noch ein wenig Geduld!“
Michael Domidiato war bemüht, den Eindruck zu zerstreuen, dass aktuell überhaupt nicht gearbeitet werde: „Es findet viel in den Technikräumen statt. Das ist für den Fahrgast dann erst einmal nicht sichtbar. Aber es wird weitergehen. Haben Sie noch ein wenig Geduld!“