Harburg. Archäologisches Museum präsentiert Dinge, die vor Jahren heiß begehrt waren und heute zum alten Eisen zählen. Wir suchen bei unseren Lesern.
Der erste Sinneseindruck von der neuen Sonderausstellung des Archäologischen Museums Hamburg (AMH) an der Knoopstraße ist akustisch: Irgendwo ein, zwei Räume weiter ist das Klappern zweier Schreibmaschinen zu vernehmen. Ein Geräusch, das im Elektronik-Zeitalter ausgestorben ist und bei allen, die früher damit gearbeitet hatten, Erinnerungen wachruft. Jugendliche schauen dagegen verständnislos auf das Tastenfeld und suchen das Kabel zur Steckdose. Sie streicheln die Tasten eher als dass sie sie anschlagen und fragen sich: Wie funktioniert so ein Ding?
Szenen wie diese sind von den Ausstellungsmachern gewollt und wird es in den kommenden Monaten wohl häufiger geben. Walkman und Polaroid-Kamera, Datendisketten und Zauberwürfel: Sie alle hatten mal ihre Zeit, als jeder sie haben wollte, waren damals „hot stuff“: heiß begehrte Kultobjekte oder nicht weg zu denkende Alltagshelfer – und wirken heute wie aus der Zeit gefallen.
Es geht um Dinge aus dem Alltag
Als Professor Rainer-Maria Weiss, Direktor des Stadtmuseums Harburg und des AMH, vor einigen Monaten ein paar Mitarbeitern von seiner Idee erzählte, die archäologischen Anstrengungen des Museums ausnahmensweise auf Gegenstände der jüngsten Vergangenheit zu richten und daraus eine Ausstellung zu machen, fingen alle sofort Feuer. „Jeder hatte Ideen, was unbedingt in die Ausstellung gehört“, sagt Weiss. Den Anstoß hätten ihm seine beiden – erwachsenen – Kinder gegeben, erzählt er. Die Twens kommentieren Elektronikgeräte, die fünf Jahre und älter sind, gern mit: „Das ist doch Steinzeit!“. Ein Motorola-„Knochen“, ein Pfund schweres Kult-Handy Baujahr 1992 mit ausfahrbarer Antenne, wirkt heute wie ein Urzeittier. Als der Mobilfunk in den Kinderschuhen steckte, wollte es jeder haben.
Die Schätze ruhen auf Dachböden und in Kellerräumen
Oft liegt der „heiße Scheiß“ von damals noch irgendwo herum. Die Verwandlung vom Kultobjekt zum alten Eisen verläuft schleichend. Wenn Videorekorder, Schlaghose und Dia-Projektor noch unversehrt sind, werden sie meist nicht weggeworfen, sondern führen in Möbelverstecken ein Schattendasein. Sie gelten als ausgestorben. Und kommen nun wieder ans Tageslicht.
Fokus liegt auf den 70er, 80er und 90er Jahren
Für die als Wanderausstellung konzipierte Materialsammlung stöberten die Harburger Museumsmitarbeiter im eigenen Hausrat und auf Flohmärkten. Sie schauten sich im Internet bei Ebay und Co. um, meldeten sich bei Haushaltsauflösungen, besuchten Stilbruch (das Recycling-Kaufhaus der Stadtreinigung). Vereinzelt wurden sie sogar direkt bei Sperrmüllsammlungen fündig. Gesucht wurde nicht irgendein Vertreter einer ausgestorbenen Produktgeneration, sondern möglichst der markanteste oder bekannteste. Weiss: „Unser Fokus lag bei den Blockbustern der späten 1970er, der 80er, 90er und 2000er Jahre.“ Der Museumsdirektor ist überzeugt, dass Großeltern mit ihren Enkeln die Ausstellung besuchen werden und dem Nachwuchs erklären, was er da alles sieht.
Wer redet heute noch von Telefonzellen?
Zum Beispiel das Inventar einer Telefonzelle. Für jüngere Leser: Früher brauchte man zum Telefonieren einen Kabelanschluss. Wer unterwegs war und dringend jemand anrufen wollte, musste sich eine Telefonzelle suchen. Die gelben Kästen waren über die ganze Stadt verteilt, funktionierten aber nicht immer.
Wer bis hierhin gelesen hat, denkt vielleicht schon an seinen alten Kassettenrekorder im Keller oder an den Zauberwürfel, der auch noch irgendwo liegen müsste. Zusammen mit dem Stadtmuseum Harburg fordert das Abendblatt seine Leser auf: Stöbern Sie in Ihrem Hausrat und melden Sie uns ihren Favoriten aus dem letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts. Erzählen Sie uns, welche Geschichten/Erlebnisse Sie mit ihm verbinden!
Bitte senden Sie uns Vorschläge – gern mit Foto
Bitte senden Sie uns Ihren Vorschlag mit kurzer Begründung per E-Mail (Adresse unten). Fügen Sie gern ein Foto ihres alten Kultobjekts hinzu. Die interessantesten Gegenstände und Geschichten wollen wir im Abendblatt präsentieren. Das Museum hat angekündigt, allen Lesern, die mit der Abendblattseite (oder einem Online-Ausdruck) ihrer veröffentlichten Geschichte zur Museumskasse kommen, freien Eintritt zu gewähren. Zusätzlich wird eine Jury aus Abendblatt- und Museumsmitarbeitern das beste Leser-Schätzchen küren. Es wird dann in die Ausstellung integriert.