Hamburg. Am Außenmühlenweg sollen die 140 Jahre alten Hallen abgerissen werden. Sorge im benachbarten Harburg-Huus.
Es ist eines der letzten frei begehbaren Zeugnisse der alten Harburger Industriekultur: Die Gebäude der ehemaligen Schiffsmaschinenfabrik Christiansen & Meyer am Außenmmühlenweg, beziehungsweise der Hohen Straße. Harburger kennen die größte Halle als Penny-Markt. Spaziergänger, die noch die Spuren der alten Zeit sehen wollen, beispielsweise die Werkbahngleise auf dem Hof, sollten nicht jahrelang warten: Die bis zu 140 Jahre alten Hallen werden spätestens 2021 abgerissen, wenn es nach Bezirksamt und Investor geht.
Anfang der Woche beschloss der Stadtplanungsausschuss der Bezirksversammlung die Aufstellung des Bebauungsplans „Wilstorf 43“ speziell für dieses Gelände. Hier sollen Wohnungen entstehen. Nach Auskunft des Ausschussvorsitzenden Frank Richter (SPD) sollen die jetzigen Nutzungen erhalten bleiben. Thorben Goebel-Hansen, Geschäftsführer der Wohnungslosen-Hilfseinrichtung „Harburg-Huus“ des DRK hat da von seinem Vermieter andere Informationen. Er ist zutiefst besorgt.
Für Stadtplaner ist das Fabrikareal ein Glücksfall
In Hamburg mangelt es auf Jahrzehnte an Wohnraum, auch in Harburg. Für Stadtplaner, die Wohnungen errichten wollen, ist das Fabrikareal ein Glücksfall: Ein Dreieck von etwa 10.000 Quadratmetern Fläche in Innenstadtnähe und mit guter Anbindung an Straßennetz und öffentlichen Nahverkehr. Fast der gesamte Boden ist bereits versiegelt, deshalb fallen keine Natur-Ausgleichsmaßnahmen an. Im Gegenteil: Um das Areal wohnlich zu machen wird man hier wahrscheinlich mehr Grün schaffen, als an den Parkplatzrabatten wegfällt.
Das Gelände ist „untergenutzt“, wie es in der Begründung für den Bebauungsplan heißt. Ein Getränkemarkt, der Supermarkt und eine Schießspiel-Halle nutzen ihre Gebäude jeweils nur eingeschossig. Einige kleine Gebäude auf dem Grundstück sind nicht so hoch, wie man heute bauen könnte.
„Das Plangebiet befindet sich in einem städtebaulichen Spannungsfeld zwischen Wohnbebauung im Norden und der unmittelbar südlich an den Geltungsbereich angrenzenden Umgehungsstraße“, beschreibt Baudezernent Jörg Heinrich Penner das Areal.
„Das zentrumsnahe und gut erschlossene Gebiet weist keine der Lagegunst angemessene Nutzung und bauliche Dichte auf. Ziel ist es daher, hier die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Wohn- und Gewerbenutzung in einer angemessenen Dichte zu schaffen. Denkbar wären ergänzend eine Hotelnutzung, Seniorenwohnungen, betreutes Wohnen.“
Sockelgeschosse sollen gewerblich genutzt werden
220 Wohnungen plant der Investor am Außenmühlenweg: Laut Bebauungskonzept soll eine Kombination aus fünf- und sechsgeschossigen Gebäuden geschaffen werden, deren Sockelgeschoss jeweils gewerblich genutzt ist. Auf den Sockelgeschossen sollen begrünte Innenhöfe den Bewohnern als Spiel- und Erholungsflächen dienen. Mieter und Kunden sollen ihre Autos in Tiefgaragen parken, um diesen Erholungswert nicht zunichte zu machen.
Das ehemalige Kontorgebäude der Fabrik am Ostrand des Geländes bleibt erhalten: „So nah an der Umgehungsstraße ist Wohnungsbau nicht möglich“, sagt Frank Richter.
Muss das Harburg-Huus bald wieder umziehen?
Das bedeutet, dass die Kita, die gerade in dem Haus eingerichtet wird, die Arztpraxen und der Tischfußballverein „Sidekick“ nicht um ihr Domizil fürchten müssen. Anders sieht es mit dem „Harburg-Huus“ aus. Erst vor einem Jahr eröffnete das Rote Kreuz Die Hilfseinrichtung für Wohnungslose mit 15 Übernachtungsplätzen und zwei Tagesbetreuungsplätzen, die über den Tag verteilt mittlerweile von bis zu 60 Gästen täglich besucht werden.
„Uns hat der Vermieter vor einigen Monaten mitgeteilt, dass wir wohl in zwei bis drei Jahren weichen müssen“, sagt Geschäftsführer Thorben Goebel-Hansen. „Das wäre fatal! Unsere Gäste tun sich mit Veränderungen oft schwer, haben sich gerade an den Ort gewöhnt und beginnen, Kontakte in der Umgebung zu knüpfen.“
In dem Schreiben, mit dem Baudezernent Penner bei den Politikern für den Plan wirbt, heißt es: „in den vorhandenen Gebäuden am Außenmühlenweg sollen Flächen für soziale und kulturelle Zwecke gesichert werden.“
„Uns wurde versichert, dass dies auch für das Harburg-Huus gilt“, sagt der Ausschussvorsitzende Frank Richter.