Neu Wulmstorf. Komplizierte Planung und technische Neuerungen verzögern Breitband-Ausbau im Landkreis Harburg.

Als weiße Flecken auf der Landkarte bezeichnete man in früheren Generationen Gegenden, die als noch unerforscht galten. Heute gelten als „weiße Flecken“ Dörfer und Gemeindeteile mit besonders langsamen Internet, wo sich die Bürger mit Übertragungsraten von weniger als 30 MBit/s herumärgern müssen. Und weil es davon noch reichlich im Landkreis Harburg gibt, sollen rund 7000 Haushalte und Unternehmen in diesen unterversorgten Gebieten mit einem millionenschweren Förderprogramm einen schnellen Zugang über Glasfaserkabel bekommen.

Insgesamt 25 Gemeinden sind an dem Projekt beteiligt, das von Bund und Land mit 32 Millionen Euro gefördert wird und in das Kreis und Kommunen ebenfalls noch einmal 13 Millionen Euro investieren. Ursprünglich sollte der Anschluss allerdings bereits in diesem Jahr weitgehend erfolgt sein. Doch der sogenannte Breitband-Ausbau im Landkreis ist ins Stocken geraten – wie in etlichen anderen Landkreisen auch.

„Es gibt auch bei uns aus verschiedenen Gründen Verzögerungen“, sagt der beim Landkreis zuständige Fachbereichsleiter Thorsten Heinze. Er geht nun davon aus, dass Ende dieses Jahres erst der erste Spatenstich für die Glasfaserkabel-Verlegung erfolgen wird. Und bis 2022 dürfte es noch dauern, bis alle geplanten, rund 7000 Anschlüsse tatsächlich angebunden sind.

„Das ist ärgerlich für uns, aber bei einem Projekt dieser Größenordnung kann das passieren“, sagt dazu Sandra Lyck, Sprecherin der Gemeinde Neu Wulmstorf, wo allein 1000 Haushalte an das Glasfasernetz angeschlossen werden sollen und die neben Seevetal (1500 Haushalte) und Winsen (880 Haushalte) einen Schwerpunkt des Ausbauprogramms bildet. Doch man will zumindest in Neu Wulmstorf auch einen positiven Faktor in der Verzögerung sehen. „Das bietet auch neue Chancen“, so Lyck.

Technische Verbesserungen sorgen für Verzögerung

Und tatsächlich ist die Verzögerung beim Ausbau auch auf eine technische Verbesserung zurückzuführen. So war in dem ursprünglich 2016 aufgelegten Projekt geplant, die Glasfaserleitung nur bis zu den grauen Verteilerkästen zu verlegen. Die „letzte Meile“ bis in die Häuser wäre dann über die ältere Technik mit Kupferleitungen erfolgt.

Inzwischen wurde das Förderprogramm von Bund und Land zum Glasfasausbau aber geändert und aufgestockt, so dass man nun auch diese letzten Meter mit dem schnellen Glasfaserkabel anschließen will. „Das erforderte dann aber oft eine Neuplanung“, sagt Fachbereichsleiter Heinze. Hinzu seien lange Wartezeiten bei der Kampfmittel-Erkundung gekommen, also bei der Überprüfung, ob in den Bereichen noch Blindgänger aus dem Weltkrieg liegen könnten.

Genehmigungsverfahren erweisen sich als langwierig

Und auch die Genehmigung beim Leitungsbau erweist sich derzeit manchmal als so langwierig wie beim Bau von anderen, großen Versorgungsleitungen – auch wenn die Glasfaser-Leerrohre lediglich fünf Zentimeter dick sind. Sie werden teils im Spülrohrverfahren verlegt, oft genug aber auch in einem ganz normalen, etwa 80 Zentimeter tiefen Graben neben einer Straße.

Wann welche Gemeinde nun angeschlossen wird, ist noch zu großen Teilen offen, sagt Heinze. Klar ist nur, dass Teile der Gemeinden Appel bei Hollenstedt und Handeloh zuerst an der Reihe sind, weil der dortige Ausbau über einen anderen Fördertopf bezahlt wird. Dieser Abschnitt werde dann so etwas wie die „Blaupause“ für den weiteren Ausbau sein, sagt Heinze. Dort sollen zusammen etwa 480 Haushalte angeschlossen werden.

Noch im Sommer soll die Feinabstimmung erfolgen

Rund 800 Grundeigentümer hätten in beiden Gemeinden dazu bereits gelbe Info-Umschläge vom Kreis bekommen, in dem sie über das Projekt informiert werden und einen Nutzungsvertrag zurücksenden können. Für den großen Glasfaserausbau im restlichen Landkreis soll im Anschluss nun im Sommer die Feinabstimmung erfolgen, anschließend sollen die Bauarbeiten ausgeschrieben und gleichzeitig die gelben Infobriefe verschickt werden.

Die Reihenfolge richte sich dann nach den Erfordernissen der Baufirmen, um die Kosten möglichst gering zu halten. Auch wenn damit nun der Glasfaseranschluss für manche Haushalte in den „weißen Flecken“ jetzt doch noch einige Zeit auf sich warten lässt, lohnt er sich auf jeden Fall, sagt Fachbereichsleiter Heinze. „Alternativ auf neue Mobilfunktechnik zu setzen, reicht nicht; Glasfaser ist bei den heutigen großen Datenmengen einfach überlegen.“

7000 Anschlüsse

45 Millionen Euro investiert die öffentliche Hand in den Breitbandausbau im Landkreis Harburg. Rund 7000 Haushalten und Unternehmen in bisher unterversorgten Gebieten sollen dabei angeschlossen werden. Wobei als Daumenregel gilt, dass ein Anschluss nicht mehr als 13.000 Euro kosten darf. Weit abgelegene Höfe zum Beispiel kommen deshalb oft nicht in den Genuss des Projekts. Das Legen der Leitungen auf den privaten Grundstücken ist dann bis zu einer Länge von 30 Metern kostenfrei, jeder weitere angefangene Meter wird mit einem Eigenanteil von 35 Euro berechnet.


Das fertige Netz wird der Landkreis für den Betrieb an die EWE TEL GmbH verpachten. Beteiligt sind dabei die Gemeinden Brackel, Egestorf, Hanstedt, Marxen, Undeloh, Appel, Drestedt, Halvesbostel, Hollenstedt, Regesbostel, Wenzendorf, Jesteburg, Neu Wulmstorf, Rosengarten, Gödenstorf, Salzhausen, Seevetal, Stelle, Handeloh, Kakensdorf, Tostedt, Welle, Wistedt und Winsen. Die Stadt Buchholz, die Samtgemeinde Elbmarsch und die Gemeinde Döhle verfolgen indes eigene Projekte. Eine Karte der Ausbaugebiete findet sich im Internet: www.landkreis-harburg.de/breitband