Landkreis Harburg. Landkreis finanziert Abstellanlagen an Schulen. Fahrradclub will von Parteien wissen, welche Projekte Vorrang haben.
Der Fahrradverkehr wird im Landkreis zu einem vorherrschenden Thema in diesem Sommer. Sowohl der Kreis als auch die Kreisstadt Winsen und der nimmermüde Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) setzten jetzt neue Akzente. So hat der Kreis neue Fahrradabstellanlagen für sieben weiterführende Schulen in den beiden Leader-Regionen Achtern-Elbe-Diek und Naturpark Lüneburger Heide angeschafft. Winsen hat ein Klimaschutzteilkonzept „Radverkehr“ in Auftrag gegeben und der Club startet nach der Tour mit Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) nun am 22. Juli mit Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) zur Fahrt durch den Kreis.
Für den Aufbau von Fahrradabstell-anlagen werden mit dem Kooperationsprojekt „Bügel your Bike 2.0“ jetzt 168.600 Euro, davon gut 91.000 von der Europäischen Union (EU, bereit gestellt. Profitieren werden davon 3380 Schüler, ihre Lehrer und Besucher an der Oberschule und dem Gymnasium Salzhausen, der Hauptschule und der Realschule Tostedt, der Oberschule Stelle, dem Gymnasium I Winsen sowie an der IGS Hittfeld. 1417 Fahrradabstellmöglichkeiten werden gegen neue, hochwertigere Reihenabstellanlagen aus feuerverzinktem Stahl mit Anlehnbügel ausgetauscht. Dort können die Nutzer ihre Fahrräder am Rahmen anschließen und so vor Diebstahl schützen.
Die neuen Abstellanlagen sollen für Schüler und Lehrer ein Anreiz sein, das Fahrrad für den Schulweg oder zu Freizeitaktivitäten von Vereinen in den Schulen zu nutzen. Gleichzeitig soll mit ihnen die Zahl der Elterntaxis verringert werden, mit denen Kinder bis vor die Schule gebracht werden.
Landkreis will weitere Bügel aufstellen
„Wir freuen uns, einen Beitrag zur umweltfreundlichen Mobilität leisten zu können. Das ist ein weiterer Schritt zur angestrebten Zertifizierung als fahrradfreundliche Kommune“, sagt Landrat Rainer Rempe. Der Landkreis hatte bereits 2018 ein Leader-Kooperationsprojekt umgesetzt. Dabei wurden knapp 800 Fahrradbügel mit Querholm an 180 Bushaltestellen, Bahnhöfen, Kirchen und Rathäusern errichtet. Der Kreis will im Rahmen des regionalen Radverkehrskonzeptes weitere Bügel aufstellen und bereitet einen neuen Förderantrag vor.
Die Situation von Radfahrern im Alltag steht auch in der Kreisstadt im Mittelpunkt des neu aufgelegten Klimaschutzteilkonzeptes. Den Schwerpunkt soll dabei ein Netz bilden, das die wichtigsten Wegebeziehungen zwischen den Ortsteilen und der Innenstadt abdeckt und die Schul- und Arbeitswege berücksichtigt. In der Auftaktveranstaltung am 19. Juni hatten die beauftragten Gutachter vom Braunschweiger Büro Böregio und VAR+ die Planungsgrundlagen, typische Konfliktsituationen und Mängel in der Infrastruktur sowie die geplante Vorgehensweise bei dem Projekt erläutert.
Bis September wollen sie die ersten Vorschläge zu dem Alltagsnetz und damit verbundene Maßnahmen erarbeiten und mit Interessierten in zwei Workshops öffentlich diskutieren. Die Anregungen aus den Treffen sollen in den Plan einfließen, um ein umfassend nutzbares Verkehrsnetz zu schaffen. Auf der Internetseite und in der Bürgerhalle lädt die Stadt alle Bürger dazu ein, sich an einer Umfrage zu beteiligen. Dabei geht es um Fragen zur Nutzung des Fahrrads im Alltag. Die Umfrage läuft noch bis zum 15. August (Fragen an: radverkehr@stadt-winsen.de).
Der ADFC verlangt Aufklärung
Der ADFC-Kreisverband Harburg will über Planungen hinaus jetzt wissen, welche Projekte auch rasch umgesetzt werden können. Deshalb hat die Vorsitzende Karin Sager nun drei Fragen an CDU, SPD, FDP, Grüne und Freie Wähler geschickt. Ihre Bitte: Alle Parteien sollen sich bis zum 15. August zu den Fragen äußern.
Im Einzelnen will der Verband wissen, welche Projekte in den nächsten zwei Jahren realisiert werden sollen, um den Radverkehr voranzubringen. Zudem fragt der ADFC nach den Mitteln, die jährlich in den Kreis-Haushalt eingestellt werden sollen und nach einem Sofortprogramm zum Ausbessern von maroden Radwegen. Die vorhandenen Trichter und Aufbrüche will Sager auch Ministerpräsident Stephan Weil präsentieren. Ende Juli hat er sich für die Tour eine Stunde Zeit genommen.
Fahrrad-Geschichte
Der badische Forstbeamte Karl Drais stellte 1817 seine einspurige, von ihm so genannte Laufmaschine (später: Draisine) als Alternative zum Reitpferd vor. Sein Laufrad wurde vielfach nachgebaut, aber nicht weiterentwickelt und schließlich vergessen sowie teilweise wegen der Kollisionsgefahr mit Fußgängern sogar verboten.
Erst mit der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden erneut Laufmaschinen, die bald mit Pedalantrieb ausgerüstet und bis zum Ende des Jahrhunderts zum heutigen Fahrrad weiterentwickelt wurden. Der Zweirad-Industrie-Verband zählte 2016 bundesweit 73 Millionen Räder. 2007 waren es noch vier Millionen weniger.