Bei einer Fahrt durch die Gemeinde Seevetal stellte sich Bernd Althusmann (CDU) den Sorgen der Radfahrer im Landkreis Harburg.

Niedersachsens Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann (CDU) will sich auf Landesebene stärker für den Ausbau der Radschnellwege im Landkreis Harburg einsetzen. „Landesweit müssen wir zu schnelleren Genehmigungen von Radwegen kommen“, sagte Althusmann im Rahmen einer vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) organisierten Radtour durch Seevetal. „Wir müssen den Radwegebereich schleunigst ausbauen und sanieren, um unser Ziel, das Fahrradland Nr. 1 zu sein, zu erreichen.“ Er versprach den Teilnehmern vor Ort, sich verstärkt dafür einzusetzen, dass zu den von der Landesregierung bereitgestellten zehn Millionen Euro im Landeshaushalt weitere fünf Millionen für den Radwegeausbau zur Verfügung gestellt werden. „Ich bin vorsichtig optimistisch, dass das klappt“, sagte er.

Darüber hinaus versprach der Minister, mehr für die Sicherheit von Radfahrern im Straßenverkehr zu tun. Er wolle prüfen, ob eine Markierung der Straßen mit sogenannten „Fahrradpiktogrammen“ in Niedersachsen möglich sei. Diese sollen, eingebrannt in den Asphalt, die Aufmerksamkeit der Autofahrer auf Radfahrer lenken. „Neue Radwegekonzepte für Deutschland, Ausbau der Radschnellnetze, das sind auch meine Themen“, sagte er. Gleichzeitig mahnte er zur Geduld: „Wir planen bei den Radschnellwegen in Grunde eine kleine Landesstraße. Es dauert Jahre, bis solche Planungen abgeschlossen sind. So ein Radschnellweg ist nicht mal eben so schnell in die Landschaft gelegt.“

Der Minister (l.) auf dem Weg zum Kreisel an der L213, der bei Radfahrern und Autofahrern im Straßenverkehr gleichermaßen zu Unsicherheit führt.
Der Minister (l.) auf dem Weg zum Kreisel an der L213, der bei Radfahrern und Autofahrern im Straßenverkehr gleichermaßen zu Unsicherheit führt. © HA | Hanna Kastendieck

Viel Geld ist noch gar nicht abgerufen

Auch deshalb seien die vom Landeshaushalt dafür im vergangenen Jahr zur Verfügung gestellten zwölf Millionen Euro zum größten Teil noch gar nicht abgeflossen. Das Geld werde nun umgeschichtet und für die Radwegesanierung eingesetzt. Schlaglöcher, schmale Radwege, unübersichtliche Kurven, Verschwenkungen und Unklarheiten beim Überqueren von Straßen im Kreisverkehr – die Palette der Probleme, die sich im Landkreis Harburg für Radfahrer auftun, ist lang. „Wie lang, das lässt sich am besten erfahren, wenn man selbst mit dem Rad unterwegs ist“, findet Karin Sager. Also hat die Vorsitzende des ADFC-Kreisverbandes Harburg e.V. ein Fahrrad für den Minister organisiert, Politiker, Verwaltungsexperten und Radfahrerinitiativen informiert und Bernd Althusmann persönlich zu einer Tour eingeladen. Es soll durch Hittfeld gehen, entlang Landstraßen und kommunalen Wegen, über kaputte Radwege und unüberschaubare Querungen.

ADFC-Mitglieder, Politiker und Verwaltungsleute fuhren mit

Sonnabendmorgen, 10 Uhr. Treffpunkt Parkplatz Jesteburger Straße/Lindhorster Straße. Als Bernd Althusmann im dunkelblauen Volvo XC90 vorfährt, warten sie schon, Mitglieder der ADFC-Ortsvereine, Radverkehrsmanager aus der Verwaltung, Fahrer der Bike-Community und Kollegen aus der Politik. Sie sind gekommen, um ihre Themen zu platzieren und dem Minister Vorschläge für seine Arbeit in Hannover zu liefern. „Wir wollen, dass Bernd Althusmann den Kommunen mehr Mut und auch Geld gibt, um viel mehr Platz fürs Rad zu schaffen“, sagt Karin Sager. „Wir wollen, dass er sich dafür einsetzt, Niedersachsen zum Fahrradland Nr. 1 zu machen.“

Bernd Althusmann mag solche Termine an der Basis. Das lockere Händeschütteln, die unverbindlichen Gespräche. Und ihm liegt das Thema. Es ist eines seiner zentralen in der Verkehrspolitik. „Ich setze mich bundesweit für den Radwegeausbau ein“, sagt er. „Radfahren ist das beste Mittel um weitere Luftverschmutzung durch CO2 zu vermeiden. Radwegebau ist daher auch immer Klimaschutz.“ Dann geht es los. Rüdiger Henze, stellvertretender Landesvorsitzender des adfc Niedersachsen, gibt das Startsignal. Er hat die Tour rund um Hittfeld mit ausgearbeitet.

Kaum aufgestiegen, ist das Radfahren schon an der Querung Lindhorster Straße vorbei. Die Ampeln dort regeln ausschließlich den Fußverkehr, obwohl ein Radweg hier kreuzt. „Radfahrer haben sich nach den Straßenampeln zu richten“, erklärt ADFC-Kreisverbandsvorsitzende Karin Sager. „Wer an der Kreuzung wartet, sieht diese aber leider nicht.“ Weiter geht’s auf dem im Gegenverkehr benutzungspflichtigen Radweg entlang der L213. Es ist die höchstbelastete Landstraße im Landkreis. Bis zu 16.000 Autos sind hier täglich unterwegs. Nur ein schmaler Grünstreifen trennt Straße und Radweg, der den Schülern vom Schulzentrum Hittfeld als Radstrecke dient.

Alltags- und Schulverkehr wird ausgebremst

„Vor allem an den Kreiseln gibt es immer wieder Irritationen“, sagt Karin Sager. „Das Ortsende-Schild wurde so verlegt, dass der Kreisel nicht innerhalb des Ortes liegt. Daher haben die Autofahrer Vorfahrt. Der Alltags- und Schulverkehr wird ausgebremst.“ Tücken, Lücken, Unklarheiten, fehlende Schilder, löchriger Asphalt und Kettenbauwerke, die den Radverkehr leiten säumen die Strecke. „Seit 2014 gibt es ein Radverkehrskonzept für Seevetal“, sagt Karin Sager. „Nur schlummert es leider tief in den Schubladen. Bei uns gibt es kaum benutzbare Radwege und fast noch keine erkennbaren Fahrbahnführungen durch die Orte.“ Themen, die Gemeinde und Landkreis gleichermaßen betreffen. Und daher besser koordiniert werden müssen. Verkehrsminister Althusmann nickt, erklärt die Zuständigkeiten, verspricht, dass tiefe Löcher und Risse auf Querungen umgehend beseitigt werden. „Der Fahrradverkehr muss sicher sein“, sagt er.

Rainer Weseloh (r.) und Friedrich Thimme (l.) nutzen die Gelegenheit, um mit Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann über das Thema Raststätte Elbmarsch zu sprechen.
Rainer Weseloh (r.) und Friedrich Thimme (l.) nutzen die Gelegenheit, um mit Niedersachsens Verkehrsminister Bernd Althusmann über das Thema Raststätte Elbmarsch zu sprechen. © HA | Hanna Kastendieck

Und zwar für alle, wie Elisabeth Steinfeld von der ADFC-Ortsgruppe Neu Wulmstorf fordert. Für Kinder, die besonderen Schutz bedürfen, für Senioren, die sich unsicher fühlen, für Pendler, die schnell von A nach B wollen. Bernd Althusmann findet das auch. Aber er weiß, dass viele Interessen im Straßenverkehr unterwegs sind. Und dass alle Berücksichtigung finden müssen. Rund eine Stunde dauert die Tour. Der Minister tritt in die Pedale. Er ist froh, dass er ein Wechselhemd dabei hat. Schließlich muss er noch weiter nach Vechta, einen Wirtschaftsvortrag halten. Doch bevor er den Ort und das Thema wechselt, nimmt er sich Zeit für einen Kaffee im Hotel Krohwinkel im Hittfelder Dorfzentrum.

Wie ist Mobilität sinnvoll zu gestalten?

„Wir befinden uns im Moment in der spannendsten Debatte darüber, wie wir Mobilität in Ballungsgebieten sinnvoll und nachhaltig gestalten können“, sagt er. Radwegeausbau, aber auch neue ÖPNV-Konzepte spielten dabei eine wichtige Rolle sowie das Thema Elektromobilität. „Wir müssen das Thema Mobilität im Hamburger Umland von Stade bis Lüneburg und weiter bis zur Elbe neu denken“, so Althusmann. Für den Radverkehr geht es dabei vor allem um die Radschnellwege. Von acht geplanten Strecken in der Metropolregion sollen drei durch den Landkreis führen. Die Planungen sollen 2021 abgeschlossen sein. Dann muss auch klar sein, wie Kreuzungen und Querungen gestaltet sein müssen, damit Radler zügig und gefahrlos vorankommen. „Wir werden uns daran beteiligen, einen guten und sicheren Radverkehr im Landkreis zu sichern“, verspricht Althusmann. Dann muss er weiter, der Tag ist halb um. „Ab jetzt werde ich mich in einen Pkw setzen“, sagt der Verkehrsminister mit einem Schmunzeln. „Nach Vechta ist es mit dem Rad dann doch zu weit.“

Radschnellwege

In der Metropolregion Hamburg werden insgesamt acht Trassen für regionale Radschnellwege auf ihre Umsetzbarkeit überprüft.

Drei Trassen sollen durch den Landkreis Harburg nach Hamburg verlaufen: von Lüneburg über Winsen, von Stade über Buxtehude, Neu Wulmstorf und von Tostedt über Buchholz.

überprüft.

Über deren Verlauf sollen die Bürger mitentscheiden. Am Sonnabend startete die Online-Beteiligung für die Trasse von Tostedt über Buchholz nach Hamburg.

Bis zum 4. August sind die Bürger aufgerufen, sich mit Hinweisen zu Streckenführungen, Barrieren und sinnvollen Verbindungen an den Planungen der Route aktiv zu beteiligen.

Online eingesehen werden kann die Trasse unter www.metropolregion.hamburg.de/rsw-tostedt-hh. Dort haben die Bürger die Möglichkeit, Linien und Punkte einzutragen, die ihnen für die Streckenführungen wichtig erscheinen. Außerdem können Fragen und Kritik eingebracht werden.

Die Beiträge werden anschließend den beteiligten Kommunen und den Planungsbüros für ihre Arbeit zur Verfügung gestellt und fließen in die Machbarkeitsstudie ein.

Das neue Radschnellwegenetz soll Menschen vermehrt aufs Rad locken. Die Trassen sollen mehrspurig ausgebaut werden und den Nutzern genau planbare Fahrzeiten durch unterbrechungsfreies Fahren ermöglichen.

Der Minister

Dr. Bernd Althusmann ist seit November 2017 Niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung und Vize- Ministerpräsident.

Seit 2016 ist er außerdem Landesvorsitzender der CDU Niedersachsen und war bereits zwischen 1994 und 2009 Mitglied des Niedersächsischen Landtags.

Der ehemalige Offizier der Bundeswehr, Hauptmann der Reserve, studierte Sozialpädagogik und BWL und promovierte 2007 zum Dr. rer. Pol. an der Universität Potsdam. Er lebt im niedersächsischen Örtchen Heiligenthal, ist verheiratet und hat drei Kinder.

Fahrrad fährt er sporadisch, bei Ausflügen mit der Familie. Er besitzt ein Treckingbike, mit dem er gern Touren durch das Naturschutzgebiet Hasenburger Bachtal macht.