Harburg. In der nächsten Wahlperiode sind immerhin neun Abgeordnete unter 30 Jahren vertreten. Doch repräsentativ für Harburg ist das nicht.
Am 26. Juni konstituiert sich die Harburger Bezirksversammlung. 51 Abgeordnete sollen die 167.000 Menschen im Bezirk nach bestem Wissen und Gewissen repräsentieren. 18 Abgeordnete sind weiblich, drei haben einen Migrationshintergrund und neun sind deutlich unter 30 Jahre alt. Zwei Abgeordnete, Ula Taha von der Linkspartei und Benizar Gündogu von der SPD gehören allen drei Gruppen gleichzeitig an. Die Mehrheit der Abgeordneten bleibt männlich, über 50 und aus deutschem Elternhaus.
Die Hälfte der Harburger hat Migrationshintergrund
Die Harburger Bevölkerungsstatistik sieht da anders aus: Im Schnitt sind die Bewohner des Bezirks 41 Jahre alt. Ein Drittel der Bevölkerung ist unter 30 und fast die Hälfte der Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund. Von den Harburgerinnen und Harburgern mit Migrationshintergrund hat etwa die Hälfte die deutsche Staatsangehörigkeit – und finden sich mit lediglich einem Siebzehntel unter den Abgeordneten wieder. Frauen stellen 49,5 Prozent der Harburger Bevölkerung aber nur 35 Prozent der Abgeordneten und auch die Jugend ist mit einem guten Sechstel der Abgeordneten gegenüber dem Drittel ihres Bevölkerungsanteils unterrepräsentiert.
CDU und AfD schneiden besonders schlecht ab
Dabei ist dieses Sechstel schon ein großer Fortschritt gegenüber der letzten Bezirksversammlung. Der gehörten nur drei Abgeordnete unter 30 an. Zwei Parteien schneiden bei diesem Thema besonders schlecht ab: Die CDU und die AfD. Dabei kann man beiden in dieser Hinsicht keinen bösen Willen unterstellen, denn die AfD stellt mit Timo Feineis immerhin noch einen Abgeordneten aus dem Geburtsjahrgang 1989, und die CDU hatte auf der Bezirksliste vier Kandidaten unter 30, die die CDU-Wähler per Personenstimme hätten mandatieren können. Das haben sie jedoch nicht.
Bei den Grünen sind drei Abgeordnete unter 30
Anders entschieden die Wähler der Grünen: Die kleine Erfolgspartei stellt gleich drei Abgeordnete unter 30 und zwei von ihnen, Martin Wittler und Andreas Stube, zogen mit Personenstimmen an älteren, vor ihnen auf der Bezirksliste platzierten Kandidaten vorbei. Die Grüne Fraktion in Harburg wurde damit einer Verjüngungskur unterzogen. Der Altersschnitt sinkt im Vergleich zur letzten Legislatur um 14 Jahre. „Das verstehen wir als klare Aufforderung, auch die Interessen junger Menschen in Harburg zu vertreten “, sagt der 25-jährige Journalistik-Student Martin Wittler.
Auch der dritte Jung-Abgeordnete im grünen Bunde, Jakob Mellem ließ eine vor ihm platzierte ältere Parteifreundin von den Stimmen her hinter sich und errang eines der vier Direktmandate für den Wahlkreis Wilstorf. „Mich freut, dass die Menschen in Harburg besonders jungen Grünen ihr Vertrauen ausgesprochen haben. Diesen Auftrag nehmen wir dankend an”, sagt der Student.
In der vorherigen Bezirksversammlung waren lediglich zwei Abgeordnete unter 30 Jahre alt: Viktoria Ehlers von der FDP und zunächst die Neue Liberale Anna Lena Bahlmann, deren Sitz durch Mandatsaufgabe wieder an die SPD fiel, für die Bahlmann ursprünglich kandidiert hatte, und von der SPD mit der Studentin Natalja Sahling nachbesetzt wurde. Ehlers und Sahling sind auch in der kommenden Legislatur dabei und bilden unter den Jung-Abgeordneten die „Veteranengruppe“.
FDP hat die beste Jugendquote
Die beste Jugendquote weist die die dreiköpfige FDP auf: Neben Viktoria Ehlers wird der Student Tom Niemeier im Ratssaal sitzen. Lediglich ein Mandat ist mit einem älteren Abgeordneten, Günter Rosenberger, besetzt. Viktoria Ehlers wird die einzige Fraktionsvorsitzende unter 30 sein. Um mehr Jugendliche in die Politik zu holen empfiehlt sie einerseits mit der Bezirkspolitik schon in die Schulen zu gehen; andererseits altersgerechtere Kommunikationskanäle: „Video-Streaming von Sitzungen wäre eine Idee, oder den Netzauftritt der Bezirksversammlung auf das Niveau der Netzauftritte des Bezirksamts zu heben. Die werden gut angenommen. Das jetzige Ratsinformationssystem ist zu sperrig !“
Bei der SPD muss Benizar Gündogu gleich drei Gruppen vertreten, die in der Bezirksversammlung unterrepräsentiert sind: Sie ist Jungpolitikerin, weiblich und hat einen Migrationshintergrund. Die gleiche Konstellation gilt bei Ula Tahar von der Linkspartei, deren Jung-Genosse Simon Dhemija zumindest Jugend und Migrationshintergrund vereinigt.
In der letzten Legislaturperiode waren Harburger mit Migrationshintergrund im Rathaus stärker repräsentiert: Allein die SPD stellte drei Abgeordnete mit diesem Biografiemerkmal. Insgesamt waren es sechs. Diesmal sind es nur noch drei. Grüne, CDU, AfD und FDP stellen keine.
Die Migranten- und Frauenquote im Rathaus könnte sich allerdings noch erhöhen: Auf dem Flur der Herbert-Wehner-Hauses der SPD wird gefunkt, dass die Kriminologin Oksan Karakus nachrückt, sollte der SPD Politveteran Jürgen Heimath vor Ablauf der Legislatur Lust auf Ruhestand verspüren.