Neu Wulmstorf. Die Gemeinde Neu Wulmstorf muss ihre Planung an die Pläne des Landkreises anpassen und will, dass der Kreis neue Rahmen für Ardestorf setzt.
Bis zum Jahr 2022 sollen in Deutschland alle Kernkraftwerke abgeschaltet sein, stattdessen soll bis 2030 schon gut 50 Prozent der Stromproduktion durch erneuerbare Energie erfolgen. Aber die erklärte Energiewende ist arg ins Stocken geraten, wie es in jüngsten Schlagzeilen hieß. Gerade der Ausbau der Windenergie kommt offenbar lange nicht so voran, wie er sollte. Woran das liegen könnte, ließ sich jetzt bei einer Sitzung des Bauausschusses der Gemeinde Neu Wulmstorf beispielhaft ganz gut erleben. Auf eine Kurzformel gebracht: Wer heute eine modere Windanlage plant, sieht sich oft genug mit heftigem Widerstand vor Ort und einem für Außenstehende kaum zu durchschauenden Planungs- und Genehmigungsgeflecht verschiedener öffentlicher Stellen konfrontiert. Am Ende der Sitzung in der 22.000-Einwohner-Gemeinde haben die Kommunalpolitiker jedenfalls schließlich etwas beschlossen, was sie so eigentlich ablehnen. „Mit der Faust in der Tasche“, wie es der CDU-Politiker Malte Kanebley formulierte.
Landkreis setzt den Planungsrahmen
Aber der Reihe nach: Ende des vergangenen Jahres hatte der Kreistag des Landkreises Harburg ein sogenanntes Raumordnungsprogramm mit etlichen Vorranggebieten für die Windkraft verabschiedet, viele davon sind umstritten - so auch eine Fläche für mehrere Rotoren in Ardestorf bei Neu Wulmstorf. Dort seien etliche geschützte Vogelarten wie Uhu oder Rotmilan durch die Anlagen gefährdet, sagen Naturschützer. Und selbst die Naturschutzabteilung der Kreisverwaltung hat daher Bedenken. Dennoch wurde der Plan durchgedrückt, auch mit Stimmen Neu Wulmstorfer Kreistagspolitiker. Offensichtlich gab es eine Art stille Übereinkunft, dass jeder Kreispolitiker in seiner Gemeinde auch umstrittene Flächen akzeptieren müsse, um den Gesamtplan nicht zu gefährden. Zudem liegt der Landkreis eh schon weit hinter den Vorgaben des Landes bei seiner Windkraftplanung. 1,4 Prozent der Landfläche sollen in Niedersachsen für die Windkraft vorgehalten werden, um die Energiewende zu schaffen. Im dicht besiedelten Landkreis Harburg umfassen die neuen Vorranggebiete wie in Ardestorf aber gerade einmal zusammen etwa 0,5 Prozent.
Es geht nur um Flächenvorrat
Allerdings ergibt sich aus der Vorgabe des Kreises für die Planung der Gemeinde eine „Anpassungspflicht“, wie der Windkraftgutachter Thomas Aufleger den Politikern erläuterte. In der Ausschusssitzung ging es daher in erster Linie darum, den eigenen Flächennutzungsplan der Gemeinde so zu ändern, dass die Vorrangflächen des Kreises mit aufgenommen werden. Damit würde man aber noch keine einzige Anlage genehmigen, sondern lediglich festlegen, wo Windräder im Gemeindegebiet theoretisch stehen könnten und wo auch nicht, so der Gutachter. Allerdings immer mit der Beachtung der Kreisvorgabe. Die letztendliche Genehmigung eines Windparks müsse am Ende dann wieder durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz und deshalb durch den Landkreis erfolgen. Und dann erst werde es auch darum gehen, ob Gründe des Arten- und Vogelschutzes den Bau verhindern, oder ein Betrieb mit Auflagen wie etwa Nachtabschaltungen verbunden ist.
Neu Wulmstorf will Änderungen vom Kreis
Doch damit nicht genug: Ohne einen geänderten Flächennutzungsplan, so erläuterte der Gutachter weiter, besteht für Neu Wulmstorf die Gefahr, dass Windkraftanlagen außerhalb der Siedlungsflächen überall genehmigt werden müssten. Mit anderen Worten: Nur mit einem neuen Flächennutzungsplan kann die Gemeinde die Windkraftentwicklung auf ihrem Gebiet steuern, muss aber dabei die Vorgaben des Landkreises mit aufnehmen. Einfach die umstrittene Ardestorfer Fläche ausklammern, würde daher nicht funktionieren. Was also tun? Mit großer Mehrheit stimmt der Ausschuss daher für den geänderte Flächennutzungsplan mit der Ardestorfer Fläche. Gleichzeitig fordert man den Landkreis auf, dieses umstrittene Gebiet aus dem kreiseigenen Raumordnungsprogramm doch wieder herauszunehmen. „Wir haben da eben erhebliche Bedenken wegen des Artenschutzes“, sagt der Ausschussvorsitzende und Vize-Bürgermeister Thomas Grambow. Was am Ende nun dabei herauskommt, dürfte damit für die Windkraft-Investoren weiter völlig offen sein.