Hittfeld/Berlin. Ausschuss für Ordnung und Feuerwehr könnte heute über die Finanzierung des neuen Logistikzentrums für alle Hilfsorganisationen entscheiden

Klimawandel und Katastrophenschutz, zwei große Themen. Vor allem nachdem immer mehr Experten sicher sind, dass Starkregen oder Schneemassen, Fluten und anhaltende Trockenheit mit Waldbrandgefahr künftig deutlich häufiger eintreten werden als nur alle 100 Jahre. So hat die SPD-Bundestagsfraktion das Thema zuletzt in der vergangenen Woche bei einer sogenannten Blaulichtkonferenz mit 250 Vertretern von Hilfsorganisationen, Feuerwehren und Polizei auch aus dem Landkreis Harburg hoch aufgehängt. Doch während der Landkreis am heutigen Montag die Finanzierung eines neuen Zentrums für Hilfsorganisationen absichern will, hapert es übergreifend noch immer an schlüssigen, finanziell unterlegten Konzepten zur Abwehr von Großschadenslagen oder Katastrophen.

„Diese Summe reicht aber längst nicht aus“

„Der Katastrophenschutz ist in allen Landkreisen vonseiten des Landes und des Bundes latent unterfinanziert“, sagt Roger Grewe, der Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes und nennt Beispiele. So habe etwa das Land für 2018 rund 3,5 Millionen Euro für alle niedersächsischen Helfer bereitgestellt. „Diese Summe reicht aber längst nicht aus. Überallmuss jahrelang gewartet werden, um überhaupt einmal neue Fahrzeuge anschaffen zu können.“ Auch das Sonderprogramm des Bundes über 100 Millionen Euro sei auf vier Jahre gestreckt und vor dem Hintergrund zu sehen, dass zuvor versprochene Beträge ausgeblieben seien, kritisiert der DRK-Manager.

306 Löschgruppenfahrzeuge sollen nun über Bundesprogramm finanziert werden

Insgesamt 306 Löschgruppenfahrzeuge bundesweit sollen nun über das Bundesprogramm finanziert werden. Kreisbrandmeister Volker Bellmann hofft, dass der Landkreis Harburg weit oben auf der Prioritätenliste steht. „Wir brauchen zwei neue Wagen, die beiden derzeit genutzten sind 30 Jahre alt“. Bellmanns Kritik an den derzeit festgelegten Möglichkeiten zum Eingreifen bei Katastrophen beschränkt sich aber nicht auf fehlende Finanzmittel. „Wir müssten freier entscheiden können“, so der Feuerwehrchef. Sollen etwa Häuser bei Großbränden evakuiert werden, müssen Feuerwehrleute damit rechnen, von Behörden nicht ausreichend schnell über die betroffenen Bewohner informiert zu werden. Dagegen steht der Datenschutz.

Das geplante Katastrophenschutzzentrum für den Landkreis Harburg in Luhdorf.
Das geplante Katastrophenschutzzentrum für den Landkreis Harburg in Luhdorf. © DRK Harburg Land/Niemeyer Planungsgruppe | DRK Harburg Land/Niemeyer Planungsgruppe

Der Kreis Harburg kommt der Verantwortung für den Katastrophenschutz nach

Nach dem Einsatz von 50 Feuerwehrleuten aus Nienburg/Weser bei den Waldbränden in Schweden stellt sich für Bellmann jetzt die Frage, ob für solche übergeordneten Fälle Land und Bund nicht ebenfalls zusätzliches Geld bereitstellen müssten. „Bislang muss selbst die Kreisfeuerwehr auf das Material der Gemeinden zurückgreifen. Wenn aber überregional und im Ausland geholfen werden soll, dürfen die Kommunen nicht auf den Kosten sitzen bleiben.“ Vom Grundsatz her sind die Feuerwehren schließlich für den Schutz des eigenen Gebiets unter der Aufsicht der Landkreise zuständig.

Der Kreis Harburg kommt dieser Verantwortung für den Katastrophenschutz nun erneut nach. So soll heute der Ausschuss für Ordnung und Feuerwehr über die Finanzierung des neuen Schulungs- und Logistikzentrums für alle Hilfsorganisationen entscheiden. Damit soll die bislang behelfsmäßige Lagerung von Material, weit verstreut im Kreis, künftig der Vergangenheit angehören. Vorgesehen ist, am neuen Standort an der Benzstraße im Winsener Gewerbegebiet Luhdorf alles Notwendige für einen Behandlungsplatz für 50 Verletzte sowie zur Betreuung von 500 Menschen unterzubringen.

Zentrum könnte bis Ende 2020/Anfang 2021 fertig sein

Nach der Grundsatzentscheidung im Kreistag im März gilt ein positives Votum als sicher. Der Kreis will über 20 Jahre hinweg ab der Inbetriebnahme jährlich 166.000 Euro an das DRK als Bauherren zahlen. Damit kommen insgesamt 3,32 Millionen Euro zusammen.

„Solche Projekte sind eine absolute Ausnahme in Niedersachsen. Es zeigt, dass der Landkreis ein offenes Ohr für den Katastrophenschutz hat“, sagt Grewe. Am Standort hatte das DRK zunächst nur eine eigene Zentrale geplant. Die Stadt verkaufte dann auch das anliegende Grundstück. Bei einem Baubeginn noch in diesem Jahr könnte das Zentrum bis Ende 2020/Anfang 2021 fertig sein.

Kreisbrandmeister Bellmann sieht zudem das Sonderlagenkonzept des Kreises als wichtiges Instrument für den Einsatz bei Unfällen, Großschäden oder gar Katastrophen. Vom Herbst an sollen dabei sämtliche Gemeinden über ein eigenes Netz mit den Disponenten in der Einsatzzentrale in Winsen verbunden sein. „Funk ist dann nicht mehr nötig. Alle wissen vor Ort sofort Bescheid und können die Feuerwehren losschicken“, erklärt Bellmann. Um bei Großbränden überall helfen zu können, setzen die Gemeinden künftig verstärkt auf geländegängige Tanklöschfahrzeuge. Das weiß der Feuerwehrchef zu schätzen: „Wir fühlen uns beim Kreis Harburg und den Gemeinden gut aufgehoben.“

Wir müssen in Notfällen freier über Maßnahmen entscheiden können
Volker Bellmann, Kreisbrandmeisterim Landkreis Harburg