Winsen . CDU spricht von einem Leuchtturm-Projekt. Grundstück im Gewerbegebiet Luhdorf an der A 39 ist bereits gesichert

Extreme Wetterlagen sind auch in Norddeutschland längst keine Seltenheit mehr. Erst Anfang Juni und Mitte August sorgten orkanartige Stürme für Hunderte Einsätze der Feuerwehren und anderer Hilfsorganisationen im Landkreis Harburg. Zu so genannten Großschadenlagen wie der verheerenden Sturmflut von 1962 ist es zwar seit Jahrzehnten nicht gekommen. Dennoch will sich der Landkreis jetzt beim Katastrophenschutz vollkommen neu aufstellen.

„Mit Ende des Zweiten Weltkriegs ist das Thema bundesweit etwas aus dem Fokus geraten“, sagt Jan Bauer (CDU), Vorsitzender des Kreisausschusses Ordnung und Feuerschutz. Durch den ständig zunehmenden Verkehr zu Lande, zu Wasser und in der Luft sowie die wachsende Gefahr von Terroranschlägen, Pandemien und Tierseuchen sei es nötig, vor solcherart Ausnahmefällen mit vielen Betroffen besser gewappnet zu sein als bisher.

Das gelte für den Landkreis Harburg in besonderem Maße, da er längster Anrainer an der Elbe samt Deichen sei, das längste Autobahnnetz Niedersachsens habe, eine große Anzahl von Gefahrguttransporten auf Straße und Schiene verzeichne, ein besonderes Brandrisiko durch ausgedehnte Wald- und Heideflächen trage und eine exponierte Lage im europäischen Energie- und Stromverbund aufweise.

Bereits Anfang September hatte Norbert Böttcher, Präsident des DRK-Kreisverbands Harburg Land, deshalb ein neues Konzept angemahnt. „Der Katastrophenschutz im Landkreis ist weitgehend ehrenamtlich organisiert. Mit dem demografischen Wandel und dem Wegfall des Zivildienstes wird die Gewinnung neuer und insbesondere jüngerer Kräfte immer anspruchsvoller“, so Böttcher.

Neben den Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehren, des Technischen Hilfswerks (THW), der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) stelle der DRK-Kreisverband allein 150 ehrenamtliche Einsatzkräfte. Um alle Helfer künftig besser ausbilden und qualifizieren zu können, sei die Einrichtung eines zentralen Schulungs- und Logistikzentrums unverzichtbar.

Für den Aufbau einer solchen Einrichtung hat der Landkreis nach Abendblatt-Informationen bereits ein Grundstück im Gewerbegebiet Luhdorf an der A39-Anschlussstelle Winsen-Ost gesichert. Dort soll es neben Schulungs- und Sozialräumen vor allem ein Palettenlager für das gesamte Equipment eines Katastropheneinsatzes geben.

„Ziel ist es, dort alles notwendige Material für die Einrichtung eines Behandlungsplatzes für 50 Verletzte wie eines Betreuungsplatzes für 500 Betroffene zu deponieren“, erklärt Jan Bauer. Zur Ausstattung einer 500er-Notunterkunft zählen nach Landesvorgaben unter anderem 50 winterfeste Doppeldachzelte, je 1000 Wolldecken, Laken und Bettbezüge, je 500 Feldbetten, Kopfkissen, Handtücher, Badelaken und Waschlappen, 64 Bierzeltgarnituren und 50 Zeltheizgeräte. „Rund 70 Prozent dieser Ausrüstung gibt es im Landkreis bereits. Sie lagert allerdings dezentral in verschiedenen Mengen an verschiedenen Orten“, so Bauer. Künftig soll das gesamte Equipment im Schulungs- und Logistikzentrum zusammengefasst und entsprechend der Richtlinien ergänzt werden.

Belastetes Wasser sollte im Freibad gelagert werden

Auch mit leistungsfähigen mobilen Stromaggregaten, von denen es im Landkreis bislang nur zwei gibt. Die konkrete Kosten- und Raumplanung wird derzeit in enger Kooperation von DRK und Landkreis erarbeitet und soll Ende Juni in der nächsten Sitzung des Kreisausschusses für Ordnung und Feuerschutz präsentiert werden.

„Mit dem Konzept liegt der Landkreis in Niedersachsen weit vorn, es hat gewissermaßen Leuchtturm-Charakter“, sagt Jan Bauer. Dass es so zügig und reibungslos angegangen worden sei, spreche für die enge Kooperation von DRK und Landkreisverwaltung beim Thema Katastrophenschutz.

Gezählt sind damit auch antiquierte Pläne von stationären Notfallstationen. Eine davon war ehedem im Schulzentrum Hittfeld auf der Peperdiekshöhe vorgesehen. In einem atomaren Notfall sollte das belastete Wasser zur Dekontaminierung von Mensch und Maschine ins Becken des Hallenbades geleitet werden. „Dafür gibt es inzwischen aber moderne, mobile Einheiten mit Tanks, die nah am Ort des Geschehens aufgebaut werden können“, erklärt Bauer.