Lüneburg. Kreis will die Förderung von Wasser aus der Heide auf 16,1 Millionen Kubikmeter pro Jahr begrenzen. Hamburg Wasser reicht das nicht.
Die Hamburger Wasserwerke klagen vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg, Gegner ist der Landkreis Harburg. Hintergrund: Der Wasserversorger hält die von der Kreisverwaltung vorgesehene Wassermenge aus der Heide für nicht ausreichend. Mit der Klage wird zunächst die Frist gewahrt, um den umfangreichen Bescheid aus Winsen fachlich und rechtlich länger prüfen zu können. „Erst danach werden wir entscheiden, ob wir grundsätzlich juristisch gegen die Entscheidung vorgehen“, sagte Christoph Czekalla, der Bereichsleiter Wasserwerke bei Hamburg Wasser. „Die Klage kommt für uns nicht unerwartet“, entgegnete Kreissprecher Andres Wulfes. „Wir sehen ihr gelassen entgegen.“
Wasserwerke fürchten um ihre Investitionen
Gleich drei zentrale Punkte führt Czekalla an, die für die Wasserwerke kaum akzeptabel erscheinen. Da ist zunächst die Form der Bewilligung für die Wasserentnahme als gehobene Erlaubnis. Diese biete nicht die Sicherheit einer generellen Bewilligung, weil über sie die Entnahme von Wasser flexibler angepasst werden kann. „Wir brauchen aber Investitionssicherheit“, sagt Czekalla. Denn die Anlagen im Forst bei Nindorf, die seit den 80er Jahren in Betrieb sind, müssen in den kommenden 30 Jahren für rund 100 Millionen Euro modernisiert werden.
16,1 Millionen Kubikmeter sind Hamburg Wasser zu wenig
Zweiter Punkt ist die vom Landkreis auf 16,1 Millionen Kubikmeter Grundwasser festgelegte durchschnittliche Jahresmenge – statt der 18,4 Millionen Kubikmeter, die Hamburg Wasser beantragt hat. „Es gibt ein klares rechtlich abgesichertes Vorgehen in Niedersachsen, wie die notwendige Menge für Hamburg zu ermitteln ist“, sagt Czekalla. „Daran haben wir uns gehalten. Die Menge steht uns zu.“
Zwar können nach dem jetzigen Bescheid bis zu 18,4 Millionen Kubikmeter gefördert werden, in die die Wasserwerke Reserven für trockene Jahre eingerechnet haben. Doch über die Laufzeit von 30 Jahren muss die Durchschnittsmenge von 16,1 Millionen Kubikmeter Wasser eingehalten werden. Ob sich das realisieren lässt, scheint den Hamburgern zumindest zweifelhaft.
Fünf neue Brunnen sollen erschlossen werden
Damit aber nicht genug. Strikte Auflagen beim Bewirtschaften der 32 Brunnen begrenzen nach Auffassung der Wasserwerke die Förderung zusätzlich. „Wir können nun die Mengen zwischen den einzelnen Brunnen kaum mehr variieren“, kritisiert Czekalla. Zudem bleibe für den Anschluss von fünf weiteren Brunnen im Bereich Schierhorn zu wenig Zeit. So reichten die vom Landkreis geforderten drei Jahre für den Bau den Anschlussleitungen nicht aus. Ohne die fünf weiteren Brunnen könnten aber ohnehin nur 16,6 Millionen Kubikmeter gefördert werden. „Der Kreis versucht also auch hier, die Mengen zu begrenzen“, so der Hamburg-Wasser-Prokurist.
Für den Versorger beruhen die eigenen Berechnungen auf der Wasserbedarfsprognose für Hamburg bis 2045. Sie haben die Wasserwerke beim Instituts für sozialökologische Forschung (ISOE) aus Frankfurt in Auftrag gegeben. „Dabei hat es aber auch einen Austausch zwischen Gutachtern des Kreises und unseren Gutachtern gegeben. Die Bedarfsermittlung wurde so nach unserer Kenntnis nie vom Landkreis bemängelt“, sagt Hamburg-Wasser-Sprecher Ole Braukmann.
Wasserbedarf Hamburgs steigt künftig weiter an
Grundsätzlich wird für die Zukunft mit einem weiter steigenden Bedarf aus der Metropole gerechnet. Czekalla geht für dieses Jahr für die Stadt von einem Bedarf von insgesamt 120 Millionen Kubikmetern aus. Innerhalb von 30 Jahren dürften es voraussichtlich zehn Prozent mehr sein. Die Versorgung dafür soll möglichst ortsnahe organisiert werden. Der Hamburg-Wasser-Manager macht die Situation deutlich: „Es ist unrealistisch, dass andere Versorger aus dem Umland einspringen. Einen Plan B für das Heidewasser gibt es nicht. Damit sind wir auf die von uns beantragte Menge angewiesen.“
Der Streit um das Heidewasser geht mit der Klage in die nächste Runde. Schon zuvor war die Fördermenge nicht nur politisch, sondern auch vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf das Ökosystem umstritten. So ist nach der EU-Wasserrahmenrichtlinie festgeschrieben, alle europäischen Gewässer in einen guten Zustand zu bringen. „Mit einem Beweissicherungsverfahren ist vorgesehen, ständig zu prüfen, wie sich die Entnahme des Wassers auswirkt“, versichert Kreissprecher Wulfes.
Planungen liegen bis zum 20. Mai öffentlich aus
Nach einem Beschluss des Kreistages hatte die Verwaltung das Genehmigungsverfahren fortgeführt. Ende Februar wurde das Ergebnis zuletzt im Umweltausschuss vorgestellt und in der Sitzung ein Antrag der Grünen abgelehnt, der auf eine deutlich geringere Menge abzielte. Ohne die Klage wäre jetzt die gehobene Erlaubnis für die Entnahme von 16.1 Millionen Kubikmeter pro Jahr rechtskräftig geworden. „Wir warten jetzt ab, was in der Klageschrift aufgeführt wird“, sagt Wulfes. „Das Verwaltungsgericht wird uns dann zu einer Stellungnahme auffordern.“
Seit heute liegen zudem die Unterlagen über die gehobene Erlaubnis beim Landkreis sowie bei Gemeinden und Samtgemeinden im Kreis öffentlich aus. Sie können bis zum 20. Mai auch im Internet unter http://www.landkreis-harburg.de/hww eingesehen werden. Offen ist, ob sich aus diesem Verfahren künftig weitere Kritik oder gar neue Klagen ergeben werden.