Harburg/Buchholz . Nie wieder auf Lieferungen warten oder Pakete abholen? Junge Erfinder wollen “Cido“ auf den Markt bringen. So funktioniert das Modul.
Geplant war der Schritt in die Startup-Szene nicht. Julian Wulf hatte gerade in der Konzernforschung von EADS seine Diplomarbeit über ein besseres Lenkungssystem von Passagierströmen an Flughäfen geschrieben, seine Promotion begonnen und eigentlich eine Karriere an der Universität vor Augen, als der Harburger beim Warten am Paket-Abholschalter einen Geistesblitz hatte: Was, wenn es ein System gäbe, dass dieses lästige Abholen von Paketen überflüssig macht?
Paketbote nutzt Lieferung wie einen Schlüssel
Man müsste dem Paketboten nur helfen, irgendwie die Haustür am Mehrfamilienhaus zu überwinden. Die Idee von Cido war geboren. Cido, das steht für „Come in and drop off“ und beschreibt folgendes Prinzip: Paketboten brauchen nicht mehr an der Haustür zu klingeln, wenn sie ein Paket abgeben wollen, sondern halten es einfach vor einen Barcode-Scanner, der draußen an der Klingelanlage des Hauses montiert ist.
Dieser Scanner, das sogenannte Cido-Modul, liest die Sendungsnummer des Pakets aus und ermittelt alle relevanten Informationen direkt beim Logistiker. Wenn die Abfrage erfolgreich war, wird das Paket zum temporären Schlüssel und Cido öffnet automatisch die Haustür. Das hat den Vorteil, dass keine Nachbarn belästigt werden und der Paketbote nie mehr unverrichteter Dinge von dannen ziehen muss. Damit kann man der Warteschlange am Abholschalter ade sagen.
Startup-Unternehmen trägt den Namen Uniberry
Zwei Jahre ist es her, dass der 34-Jährige gemeinsam mit Felix Ueckermann, 29 Jahre und aus Buchholz, das Projekt Cido aus der Taufe gehoben hat und ein Startup-Unternehmen mit dem klangvollen Namen Uniberry gründete. „Für mich kam nie das klassische Angestelltendasein in Frage, ich wollte lieber selbstständig sein“, sagt Felix Ueckermann.
Er beschäftigte sich in seiner Bachelorarbeit mit der konkreten Entwicklung des Paketannahmesystems und sorgte so dafür, dass der Schritt von der Theorie in die Praxis erfolgte. „Auch unser Professor hat von Anfang an an uns geglaubt“, blickt Julian Wulf zurück.
Unterstützung durch die Universität Hamburg
Es habe zwar einige Bedenkenträger gegeben, die die beiden Wirtschaftsinformatiker fragten, ob sie wirklich alles auf die Karte Cido setzen wollten. Doch die Unterstützung durch die Universität Hamburg, die Logistik-Initiative, das Gründernetzwerk und schließlich das „Exist“-Gründerstipendium, das sie erhielten, bestätigten sie in ihrem Weg.
„Anfangs haben wir viel Zeit in die Entwicklung gesteckt“, sagt Julian Wulf. Sie wollten die Dinge schließlich von Anfang an gründlich angehen, kein Wunder bei jungen Männern, die bereits im Kindesalter echte Tüftler waren und den Lötkolben praktisch immer in der Hand hielten. Ein Abitur mit naturwissenschaftlichem Profil – Julian Wulf am Harburger Immanuel-Kant-Gymnasium und Felix Ueckermann am Buchholzer Albert-Einstein-Gymnasium – war da die logische Konsequenz vor dem späteren Wirtschaftsinformatiker-Studium.
Digitales Zugangsmanagement funktioniert ganz einfach
Sie fragten sich auch, für welche Zielgruppe ihr Produkt Cido passen könnte. Die Antwort: Für alle diejenigen, die im urbanen Raum in einem Mehrfamilienhaus leben und tagsüber ihre Paketsendungen, die sie im Internet bestellt haben, nicht selbst annehmen können. „Wir verkaufen ein digitales Zugangsmanagement, das möglichst einfach funktioniert“, umschreibt Julian Wulf das Firmenkonzept.
Dabei betont er, dass die Wohnungstür selbst immer tabu bleibt. Das Paket kann entweder direkt vor der Wohnungstür platziert werden, sofern es eine Abstellgenehmigung gibt und die Ware nicht sonderlich kostbar ist, oder in eine spezielle Pakettasche gesteckt werden, die mit einem elektronischen Schloss versehen ist und so teurere Ware vor Langfingern schützt.
Cido-Modul könnte auch Schranken öffnen
Möglich ist zudem, die Cido-Technologie auch in vielen anderen Bereichen wie etwa bei Parkplätzen anzuwenden. In einem Pilotprojekt testen die beiden Gründer in Kooperation mit einem Versicherer, wie man Firmenparkplätze, die nachts ungenutzt sind, für Pkw und Lkw freigeben könnte.
Dazu müsste der Fahrer nur sein Handy vor das montierte Cido-Modul halten, und schon würde sich die Schranke öffnen. „So könnte man etwas gegen die Parkplatznot in Städten oder an Autobahnen unternehmen“, sagt Julian Wulf.
Momentan steht Cido vor Beginn der entscheidenden Unternehmensphase. Die großen Zustelldienste wie DHL oder Hermes sind mit im Boot, so dass ihrem Ziel, auf Wachstumskurs zu gehen, nichts mehr entgegensteht. „Unsere Gespräche zur nächsten Finanzierungsrunde stehen kurz vor dem Abschluss“, sagt Julian Wulf. Mit Vodafone haben sie kürzlich außerdem einen richtig starken Vertriebspartner gewinnen können.