Marmstorf . Ein Wohnhaus in Marmstorf bietet einen atemberaubenden Blick auf Elbphilharmonie und Fernsehturm. Doch es gibt ein Problem.

Der Blick in die Ferne ist atemberaubend: Channel-Tower, Rethespeicher und Elbphilharmonie bilden eine Sichtachse. Fernsehturm und Nikolaikirche gesellen sich am Horizont hinzu. Aber auch, was man im Vordergrund sieht, lässt den Atem stocken, wenn auch aus einem anderen Grund: Taubendreck auf allen Simsen und Geländern, auch am äußeren Griff der Tür, die auf den kleinen Balkon führt. „Und das ist jetzt gerade der Vorführeffekt“, sagt Karin Ewers, „jetzt war gerade der Reinigungstrupp da. Sonst sieht das noch viel schlimmer aus.“

Zwölf Wohnstockwerke hat das Haus

Die 74-jährige Karin Ewers lebt mit ihrem Mann Horst im elften Stock im Hochhaus am Binnenfeld neben dem Marmstorfer Einkaufszentrum. Vor zehn Jahren ist das Rentnerehepaar hier eingezogen. Ein ruhiges Haus mit netten Nachbarn und tollem Ausblick – aber die Tauben sind ein echtes Ärgernis: „Das Problem haben nur die oberen Stockwerke, ungefähr ab der achten Etage“, weiß Karin Ewers. „Deshalb ist es in allen anderen Wohnhäusern in Marmstorf auch kein Thema, denn davon ist kein weiteres so hoch.“

Zwölf Wohnstockwerke hat das Haus, darüber liegt ein Dachboden mit Wäscheleinen, Abstell-Verschlägen und dem Aufzugmaschinenraum. Gerade der Weg dorthin ist besonders von den Tauben betroffen, denn das Treppenhaus des Gebäudes führt in jedem Stockwerk kurz über einen Laubengang.

Man sieht, dass der Kot das Material angreift

Auch, wenn der Reinigungstrupp gerade da war: Es ist schon wieder überall Taubendung zu sehen, hier und da liegen Federn. An den Steinen der Brüstung und den Fliesen des Laubengangbodens sieht man noch die Ränder der riesigen Dreckflächen, die hier gerade beseitigt wurden. Man sieht auch, dass der Kot das Material angreift.

Stadttauben sind ständig unterernährt. Ihr Mist ist deshalb ein so genannter Hungerkot, der besonders ätzend ist. Das natürliche Futter von Tauben sind größtenteils Körner, die sie ganz verschlucken. Ihre Verdauungssäfte sind daher kräftig. Fressen Tauben Müll und Essensreste, bekommen sie erstens nicht die Nährstoffe, die sie brauchen und zweitens scheiden sie ihre Verdauungssäfte mit aus. Die Fehl- und Unterernährung führt häufig zum Verhungern der Brut, die Tauben legen dann neue Eier. Der Dauerstress macht sie anfällig für Krankheiten.

„Von unserem Balkon verjagen wir die Tauben“, sagt Karin Ewers. „Aber einige wenige Nachbarn finden es sogar toll, dass die bei ihnen nisten. Alle anderen haben den Ärger. Die Hausverwaltung sollte mal ein Schreiben verteilen, damit nicht einige immer die Tauben anlocken.“

Tauben lassen sich nur schwer vergrämen.

Tauben lassen sich nur schwer vergrämen. Nicht einmal die weit verbreiteten Drahtstacheln helfen auf Dauer. Der Grund: Die Tauben haben gar keine andere Rast- und Nistmöglichkeit. Stadttauben sind verwilderte Haustauben und stammen größtenteils von der Felsentaube ab. Sie brauchen kleine Simse, Überhänge, Höhlen. Von den Haustauben haben Stadttauben die Standorttreue geerbt.

Auch in Kirchdorf Süd sollen Taubenschläge entstehen.

Einen neuen Nistplatz suchen sie sich höchstens in der direkten Nähe. Ein Ansatz, mit dem Problem umzugehen, sind Taubenschläge auf Hausdächern. Gibt man Tauben ein ideales Zuhause halten sie sich dort auf. Gibt man ihnen gutes Futter, wird der Kot weniger und umweltverträglicher. Man kann die Taubeneier durch Gipsattrappen austauschen und so die Vermehrung kontrollieren. Neue Tauben werden nicht angelockt. Soweit die Theorie. In der Hochhaussiedlung Mümmelmannsberg erprobt die SAGA, die auch am Binnenfeld der Vermieter ist, bereits Taubenschläge. Auch in Kirchdorf Süd sollen Taubenschläge entstehen. Hier ist ebenfalls die SAGA gefragt.

Könnte auch in Marmstorf ein Taubenschlag helfen? „Wir werten aus., welchen Effekt der Taubenschlag in Mümmelmannsberg hat“, bremst SAGA-Sprecher Gunnar Gläser. „Dann werden wir in Kirchdorf aktiv. An Marmstorf haben wir dabei noch nicht gedacht, aber wir wissen um die Probleme dort. Die Laubengänge werden demnächst mit Netzen versehen.“ Karin Ewers freut das: „Das ist ja schon mal ein Anfang“, sagt sie.