Harburg. Seit 1. Januar haben Auszubildende Anspruch auf Vergütung – doch bekommen haben sie noch keinen Cent. Wie lange müssen sie noch warten?
Die Auszubildenden der Medizinischen Akademie hatten sich schon so gefreut: Die angehenden Logopäden, Ergo- und Physiotherapeuten, die die Medizinische Akademie Hamburg (MAH) von Asklepios in Harburg besuchen, sollten vom 1. Januar an erstmals eine Ausbildungsvergütung bekommen. Ende vergangenen Jahres – nach der Verabschiedung des Pflegepersonal-Sicherungs-Gesetzes (PpSG) – war das den Berufsfachschülern von Asklepios so mitgeteilt worden. Doch Geld haben sie bis heute keins bekommen. Weil die Kostenträger sich weigern, die Kosten zu übernehmen. Aspklepios schiebt deshalb den Schwarzen Peter den Krankenkassen zu: „Solange es keine Zusage zur Refinanzierung gibt, können wird nicht zahlen“, sagt Asklepios-Sprecher Mathias Eberenz.
„Wir begrüßen grundsätzlich die neuen tarifvertraglichen Regelungen zu den Ausbildungsvergütungen, auch wenn dies zunächst zu einer hohen finanziellen Belastung für die Berufsfachschulen führt“, betont Eberenz. Für Asklepios geht es um viel: „Allein in unserem Fall rund sieben Millionen Euro pro Jahr.“
Knapp 400 Betroffene warten auf ihr Geld
Betroffen sind bei Asklepios insgesamt knapp 400 Auszubildende. An der Akademie in Harburg, direkt beim Krankenhaus am Eißendorfer Pferdeweg, werden aktuell 225 angehende Ergo- und Physiotherapeuten sowie Logopäden ausgebildet. Weitere 170 medizinisch-technische Assistenten, Radiologieassistenten und Laroratiorumsassistenten absolvieren aktuell eine entsprechende Ausbildung bei Asklepios in St. Georg. Die ihnen zustehende Ausbildungsvergütung liegt zwischen 950 und 1100 Euro.
Warum sie alle in Sachen Vergütung in die Röhre gucken – wie lange noch, weiß niemand – hat Asklepios ihnen inzwischen in einem Rundschreiben erklärt: „Im Kern geht es darum, dass in dem finalen Gesetzestext eine Formulierung enthalten ist, die es den Krankenkassen ermöglichen könnte, sich dieser Verantwortung – zumindest vorerst – zu entziehen.“
Ausbildungsverträge liegen jetzt auf Eis
Es gehe konkret darum, dass sich die geänderte Regelung nur auf Ausbildungsplätze bezieht, die „mit dem Krankenhaus notwendigerweise verbunden ist“. Ob das auch Berufsfachschulen wie die von Asklepios mit einbezieht, sei nicht ausdrücklich festgelegt. Ein Vorbehalt, den Asklepios-Konzernsprecher Rune Hoffmann, nicht gelten lassen mag: „Schließlich tragen die Kassen seit Jahren schon die Schulkosten.“ Während 90 Prozent der privaten Fachschulen ein monatliches Schulgeld von 200 bis 500 Euro verlangen, ist der Besuch der MAH seit jeher kostenfrei. Eine Ausbildungsvergütung war bislang unüblich.
Eine andere Hürde, nämlich die, dass die Asklepios-Schüler keinen Anstellungsvertrag haben, wollte Asklepios kurzfristig ausräumen: „Die hätten sie im Januar oder Februar bekommen“, sagt Mathias Eberenz. Allein, es fehle das Signal der Krankenkassen, dass sie die Ausbildungskosten dann auch tatsächlich übernehmen. Deshalb liegen auch die Verträge erstmal auf Eis.
Schuld an der vertrackten Situation, sind nach Auffassung von Konzernsprecher Hoffmann „juristische Spitzfindigkeiten“ – und der Umstand, dass die Kassen auf Zeit spielten. „Wir haben sie aufgefordert, kurzfristig und abseits der ansonsten immer sehr langwierigen Budgetverhandlungen, diesbezüglich Zusagen abzugeben.“ Zum Faktor Zeit: Aktuell wird über die Budgets für das Jahr 2016 (!) verhandelt.
Ersten Betroffenen droht Bafög-Kürzung
Unterdessen laufen bei Asklepios erste Beschwerden auf: „Es melden sich immer mehr junge Menschen bei uns, denen das Bafög gestrichen wird“, sagt Eberenz: „Selbst das Amt geht davon aus, dass die jetzt eine Vergütung bekommen.“ Betroffenen will Asklepios mit entsprechenden Bescheinigungen zur Seite springen.
Der Verband der Ersatzkassen versichert unterdes, das die Vergütungen gezahlt werden: „Wenn die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür erfüllt sind.“ Dirk Janssen, stellvertretender Vorstand des Landesverbandes Nordwest der Betriebskrankenkassen, ist ebenfalls überzeugt, dass die Kassen zahlen müssen, räumt aber auch ein, dass das noch eine ganze Weile dauern wird: „Das hängt auch damit zusammen, dass Budgetverhandlungen zunehmend erbittert geführt werden.“ Und viel Zeit fressen. Was er vor diesem Hintergrund dem betroffenen Nachwuchs rät? „Es gibt einen Rechtsanspruch auf Ausbildungsvergütung. Ich würde den einklagen.“
Was Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) von der ganzen Sache hält, sagte sie gestern: „Die Gesundheitsbehörde sieht die Ausbildungsvergütung für einige Gesundheitsberufe als wichtigen Faktor für die Personalgewinnung und erwartet von den Krankenkassen die Refinanzierung dieser Kosten. Sie setzt sich gegenüber den Kostenträgern für eine zügige Verhandlung über die entsprechenden Budgets ein.“