Sinstorf. Nach dem Auszug der Lessing-Stadtteilschule ist die Zukunft der Klassentrakte ungewiss. Hallen bleiben offen.

16 Gebäude mit Klassenräumen ein-, zwei- und dreistöckig. Eine Aula, zwei Sporthallen. Keine Kinder. Die Schule am Sinstorfer Weg ist verlassen. Vor zwei Wochen wurden hier die letzten Halbjahreszeugnisse abgegeben, dann gingen die Schüler in eine Woche Sonderferien. Schulleitung, Lehrer und Umzugspacker räumten die Gebäude aus und brachten Bücher, Hefte, Schautafeln, Pinsel, Atommodell und Plastikskelett an den neuen Schulstandort Hanhoopsfeld, wo die zuletzt noch zwei Filialen der Lessing-Stadteilschule nun an einem Ort zusammenwachsen.

Während die Zukunft des Schulgebäudes in der Harburger Innenstadt geklärt ist – hier entsteht eine neue Grundschule – ist ungewiss, was in Sinstorf passiert. Der Schulentwicklungsplan von 2012 sah auch hier nach dem Auszug der Stadtteilschule eine weitere Grundschule vor. Bereits ein Jahr später, 2013, war davon aber keine Rede mehr: Die Raumnot in der Grundschule Marmstorf könne man auch durch Zubauten auf dem Gelände in Marmstorf realisieren, sagte Schulbehördensprecher Peter Albrecht damals.

Auch in Sinstorf hätte die Stadt neu bauen müssen, so Albrecht 2013, denn die Gebäude aus den 1960er-Jahren, seien mittlerweile jenseits der Sanierungsfähigkeit. Mehr als nötig, wird die Behörde auch seitdem nicht in Sinstorf investiert haben. Denn seit 2016 gab es bereits zwei avisierte Umzugstermine für die Stadtteilschule. Jetzt, beim dritten Anlauf, hat es geklappt. Aktuell verweigert die Schulbehörde die Auskunft darüber, ob sie mit dem Sinstorfer Gelände weiter plant. Mehrere telefonische und schriftliche Nachfragen ließ Schulsenator Ties Rabes Pressestelle unbeantwortet.

Die Schulbehörde ist allerdings nicht die einzige Nutzerin des Schulgeländes. Der Sportverein Grün-Weiß Harburg beispielsweise nutzt die Turnhallen und darf dies auch weiterhin. „Die beiden Einfeld-Sporthallen am Sinstorfer Weg stehen auch nach dem Auszug der Lessing-Stadtteilschule bis auf Weiteres dem Vereinssport zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung“, sagt Claas Ricker, Pressesprecher der Finanzbehörde und damit auch des Landesbetriebs Immobilien und Grundbesitz (LIG) , dem früheren Liegenschaftsamt. Der LIG ist der offizielle Grundstückseigentümer.

Thorsten Damisch, Geschäftsstellenleiter von Grün-Weiß-Harburg, ist trotzdem alarmiert: „Wir kommen zwar in die Halle“, sagt er, „aber derzeit werden die Sportgeräte herausgeräumt. Das ist für uns besonders fatal, weil ausgerechnet unsere Turnabteilung mit Wettkampfgruppen und Kindersport in diesen Hallen trainiert!“

Der LIG kann daran nichts ändern: „Die Hallen gehören dem LIG, aber die Sportgeräte gehören der Schule und ziehen mit um“, sagt Claas Ricker.

Was mit den Schulgelände auf längere Sicht geschieht, kann auch Ricker nicht sagen. „Die Planungen dazu sind noch nicht abgeschlossen“, sagt der Finanzbehördensprecher.

„Es waren vor einigen Jahren zwei Alternativen in der Diskussion“, sagt Sören Schumacher (SPD) Bürgerschaftsabgeordneter aus Marmstorf. „Es ging um weitere schulische Nutzung oder aber Wohnungsbau. Für letzteres müsste aber ein neuer Bebauungsplan erstellt werden.“

Bei allem Schweigen der Schulbehörde: Ob sich die Bedarfslage in den letzten sechs Jahren geändert hat, darf bezweifelt werden. Und selbst wenn hier eine Zweigstelle der Grundschule Marmstorf entstünde: Die 14.000 Quadratmeter Fläche, die das jetzige Schulgelände hat, würde diese Zweigstelle nicht benötigen. Es bliebe Gelände übrig.

Potenziellen Bedarf gibt es allerdings nicht nur für Wohnen oder Bildung. „Auch Kultur braucht Raum“, sagt Jürgen Havlik, neuer Sprecher der Initiative Südkultur. „In der isolierten Lage eignet sich die ehemalige Schule gut, um hier Probenräume für Musiker einzurichten. Die Klassenzimmer mit ihren großen Fenstern eignen sich auch gut für Ateliers von bildenden Künstlern.“

An beidem bestünde akuter Mangel in Harburg so Havlik. „Auch eine Zwischennutzung könnte schon sehr helfen. Es muss allerdings eine gewisse Verlässlichkeit gegeben sein, dass nicht kurzfristig gekündigt wird.“

Babyboomschule

Die Schule am Sinstorfer Weg 40 wurde in den 1960er-Jahren errichtet, als in Sinstorf Bauboom und Babyboom zusammenfielen und die alte Dorfschule am Sinstorfer Kirchweg – heute eine Kita – zu eng wurde. Lange war sie Grund-, Haupt-, und Realschule. Als solche machte sie von sich reden, als sie als einzige Schule Hamburgs Schuluniformen nach britischem Vorbild einführte. Seit der Schulreform 2010 war sie Teil der Lessing-Stadtteilschule.