Hamburg. Mehr als 900 Fahrzeuge wurden voriges Jahr im Harburger Umland aufgebrochen. Woher kommen die Täter – und wie gehen sie vor?

„Navi, Airbag, Lenkrad: Einbauten aus drei Autos gestohlen“. Solche Schlagzeilen lesen wir fast täglich. Im aktuellen Fall hatten sich Autoknacker an hochwertigen BMW und Mercedes im Erikaweg in Neu Wulmstorf zu schaffen gemacht – ein typisches Beispiel aus der Region. Der Autoteileklau geschieht überall im Landkreis – allein voriges Jahr 904 mal. Im Bezirk Harburg erfasste die Polizei sogar 1103 Fälle von „Diebstahl an und aus Kraftfahrzeugen“. Das waren 130 Fälle (13,4 Prozent) mehr als ein Jahr zuvor.

Was wird am Häufigsten gestohlen? Welche Autotypen sind bei Langfingern besonders begehrt? Woher kommen die Täter? Wie gehen sie vor? Und: Wie kann man sich vor Autoknackern schützen? „Am häufigsten werden fest eingebaute Navigationssysteme und Fahrerairbags, häufig in Kombination mit den Lenkrädern und Scheinwerfern gestohlen“, sagt Jan Krüger, Sprecher der Polizeiinspektion. „Die bei uns am meisten betroffenen Marken sind BMW und Mercedes. Vermutlich gehen viele der Teile als Ersatz- und Aufrüstungsteile in den osteuropäischen Raum.“

Aufklärungsrate der Polizei ist enorm niedrig

Autoteilediebe gehen professionell vor – und werden selten erwischt. Die Aufklärungsrate sank vergangenes Jahr im Bezirk von 3,5 auf 2,5 Prozent. Die ermittelten Tatverdächtigen im Landkreis Harburg kommen fast ausnahmslos aus dem osteuropäischen Raum. „Die Täter sind bandenmäßig organisiert. Sie fahren in kleinen Gruppen in die Wohngebiete“, sagt Krüger.

Dort werden die Täter abgesetzt, begehen mehrere Taten und werden kurz darauf vom Fahrer zusammen mit der Beute eingesammelt. „Manchmal stellen wir fest, dass die Täter Bewegungsmelder verdreht haben, um den Schutz der Dunkelheit zu nutzen, wenn sie zum Beispiel in Carports agieren.“

Autoknacker arbeiten auf Bestellung. Um die heiße Ware abzusetzen, spielt das Internet die zentrale Rolle. Kürzlich montierten Autoknacker in Winsen die Motorhaube eines schwarzen Mercedes GLK ab. Nach Angaben eines Harburger Mercedes-Händlers beträgt der Neuwert einer solchen Haube zwischen 1500 und satten 13.000 Euro. Im Internet wurde eine gebrauchte kurz nach dem Diebstahl für 630 Euro angeboten. Ein neuer Porsche-Cayenne-Scheinwerfer kostet im Handel 800 Euro – im Internet findet sich ein Angebot für nur 300 Euro.

Mache ich mich strafbar, wenn ich im Netz einen gebrauchten Scheinwerfer günstig erwerbe, ohne zu wissen, dass er gestohlen wurde? Vorsicht sei immer dann geboten, wenn unwahrscheinlich günstige Angebote gemacht werden, sagt Krüger. „Wenn man nicht mehr von sogenannten ,gutgläubigem Erwerb’ ausgehen kann, ist möglicherweise der Tatbestand der Hehlerei verwirklicht, auch durch den Käufer.“ Außerdem solle man gerade bei Bauteilen wie Airbags sehr wohl überlegen, wo man sie kauft.

Diebe überwinden Keyless-Go-System

Voriges Jahr hat die Polizei im Landkreis 123 Autodiebstähle bearbeitet (Bezirk Harburg: 107). Die Tendenz ist gleichbleibend. Doch zunehmend berichtet die Polizei von Fahrzeugdiebstählen, bei dem das Keyless-Go-System überwunden wurde. Keyless-Go macht das Autofahren bequemer. Die Technik ermöglicht es, das Auto ohne aktive Betätigung des Schlüssels zu entriegeln und auf Knopfdruck zu starten – ein Schwachpunkt, den dreiste Autoknacker ausnutzen.

„Das auf Funkwellen basierte System macht es Dieben einfach, das Fahrzeug in wenigen Sekunden mit Hilfe von technischen Instrumenten zu stehlen“, sagt Krüger. Wer Keyless-Go verwende, solle seinen Schlüssel niemals aktiviert im Flur in der Nähe des Autos aufbewahren. „Es gibt zudem spezielle Etuis, die Schlüssel abschirmen.“

Ein wirkungsvoller Schutz gegen Autodiebe sei eine abschließbare Garage oder zumindest ein gut beleuchteter Parkplatz an einer belebten Straße. Gangschaltungssperren, Lenkradsperren und Felgenschlösser können Autodiebstahl ebenfalls verhindern. Die Polizei bitte um Mithilfe: „Achten Sie auf fremde Personen oder Fahrzeuge mit auswärtigen Kennzeichen, die mehrmals langsam durch die Straßen streifen und notieren Sie sich das Kennzeichen. Informieren Sie anschließend die Polizei“, hießt es in einem aktuellen Flyer, den es in allen örtlichen Polizeidienststellen gibt. „Achten Sie auch auf Personen, die Ihr Fahrzeug fotografieren.“

Nähere Infos zu Keyless Go und Tipps gegen Kfz-Diebstahl unter (www.youtube.com/watch?v=qhG5mqrtWnM) sowie ( www.polizei-beratung.de/themen-und-tipps/diebstahl-und-einbruch/diebstahl-rund-ums-kfz/tipps/) und (www.polizei-beratung.de/medienangebot/detail/17-bremsen-sie-diebe-rechtzeitig-aus/)