Buchholz . Anwohner des Steinbachtals fühlen sich machtlos. Sie fordern eine Drückjagd gegen die Schwarzkittel.

Sie durchpflügen Straßenränder, Vorgärten und machen sich sogar auf Golfplätzen breit. Wildschweine auf Futtersuche werden im Landkreis Harburg immer vorwitziger und damit verstärkt zum Problem. Zwar haben die Jäger in der Saison 2016/2017 insgesamt 1830 Schwarzkittel zur Strecke gebracht – und damit 230 Tiere mehr als im Jahr zuvor. Aber es führt offenbar zu nichts. Denn dort, wo die Tiere den größten Schaden anrichten – in und am Rande der Städte – dürfen die Rotten nicht bejagt werden. Es sei denn, die Politik stellt die Weichen. Aber das ist in aller Regel nicht der Fall.

Ein Brennpunkt ist das Seppensener Steinbachtal bei Buchholz. Es vergehe kaum ein Tag, an dem sich die Tiere nicht nachts zusammenrotten, um in Gärten herumzupflügen, berichten Anwohner am Seppenser Mühlenweg. Der Straßenrand ist aufgewühlt, von einigen Rasenflächen der Einfamilienhäuser ist kaum etwas übrig. „Wir haben uns mit unserem Problem an die Kreisjägerschaft gewandt. Aber sie können nichts für uns tun“, sagt Hans-Werner Schultze, der mit seiner Frau am Seppenser Mühlenweg wohnt.

Daraufhin wandte er sich an die Politik – ebenfalls ohne Erfolg: Eine Anfrage der CDU-Stadträtin Heike Meyer an die Stadt vor vier Wochen lief ins Leere. „Die Antwort der Stadt war, dass die Abschussquote von Wild um Buchholz herum erfüllt sei. Es passiert nichts.“ Auch in Reindorf sind ihr Fälle von Gartenverwüstungen bekannt. „Die Tiere haben sich unheimlich vermehrt“, sagt die Stadträtin.

Wildschweine kommen regelmäßig zu Besuch

Schultze hat die nächtlichen Attacken der Wildschweine in seinem Garten aufgelistet: Mindestens 15 Mal waren die Tiere seit Anfang Oktober da. Fotos zeigen den Niedergang seines Gartens: Von 200 Quadratmetern Rasen haben die Tiere bei der Suche nach Eiweißfutter nichts übrig gelassen. „Ich habe Zäune in der Gegend repariert. Aber es nützt nichts. Die Wildschweine kommen über die Straße“, berichtet Anwohner Wolfgang Rucks, der ebenfalls seit vielen Jahren in der Gegend wohnt. Ein Nachbar habe die Schweine dreimal morgens gegen fünf Uhr an der Bushaltestelle beobachtet.

Immer wieder verlassen Wildschweinrotten den Wald und machen Privatgrundstücke unsicher
Immer wieder verlassen Wildschweinrotten den Wald und machen Privatgrundstücke unsicher © HA | S. Meyers

Anwohner Sigmund Rehfeldt hat die Tiere dort ebenfalls gesehen. „Ich habe zweimal bei der Ordnungsbehörde angerufen und gesagt, dass drei Wildschweine an der Bushaltestelle sind“, berichtet der Polizist. Der Sachbearbeiter habe die Dinge zur Kenntnis genommen, „das war’s“, so der Polizist. Auch seine Frau sei kürzlich beim Spazierengehen von einer Rotte überrascht worden. Das Waldgrundstück seiner Familie werde „regelmäßig umgepflügt“. Zwei Stunden braucht Rehfeldt, um die Bodenwellen nach einem Angriff mit der Harke zu glätten.

Dass Wildschweine aus der Niederung im Steinbachtal schon mal in Gärten gehen ist nicht ganz neu. So schlimm wie in diesem Jahr sei es aber noch nie gewesen, betonen die Anwohner. Elke Kegel berichtet, dass die Wildschweine Teile ihres Gartens verwüstet hätten. „Was soll ich tun? Sie kommen immer wieder“, sagt sie.

Vergrämungsmaßnahmen mit stinkenden Flüssigkeiten im Bereich zwischen Heidekamp und Buchholzer Berg hätten „keinen erkennbaren Erfolg“ gebracht, berichtet Schultze. Selbst ein Schild „Wildwechsel“ aufzustellen, sei vom Ordnungsamt mit dem Hinweis ,Es sei ja noch nichts passiert’ abgelehnt worden. Für die Schäden an ihren Ziergärten müssen die Anwohner selbst aufkommen.

„Die Stadt soll die Schweine dezimieren“, bringt Rucks die Sache auf den Punkt. „Man sollte die Tiere bejagen, damit sie sich dünne machen“, ergänzt Rehfeldt. Auch Anwohner Schultze wünscht sich eine Drückjagd. „Was in Salzhausen und in Duvenstedt geht, sollte auch in Buchholz möglich sein“, ergänzt Rehfeldt. „Wir helfen, wenn wir gerufen werden“, sagt Kreisjägermeister Norbert Leben. Da es sich in städtischen Bereichen um befriedetes Gebiet handelt, sei die Voraussetzung für die Eröffnung der Jagd ein politischer Beschluss.

Speisenplan

Wildschweine suchen vor allem im Herbst und im Frühjahr verstärkt eiweißhaltiges Futter wie Engerlinge und Regenwürmer in Gärten. Aber auch tote Tiere wie Vögel, Mäuse und Insekten, die sie am Straßenrand finden.

Eine Zunahme der Wildschweine wird neben Buchholz in der Elbmarsch, in Winsen im Bereich Hegering sowie in Lüllau, Thels­torf, Wehlen und in Wesel verzeichnet.