Harburg/Wandsbek. Das Opfer kam aus Wandsbek, der Tat ging eine „Party“ in Harburg voraus. Warum die Polizei von einer Öffentlichkeitsfahndung absieht.

Christoph Heinemann

Das 14 Jahre alte Mädchen, das in einer Wohnung an der Bornemannstraße vergewaltigt und anschließend halb besinnungslos in einem Hinterhof abgelegt wurde, war offenbar mit seinen Peinigern nach Harburg gefahren. Nachbarn berichten von einer Party, die in einer Wohnung in dem Mehrfamilienhaus am Tag der Tat stattgefunden habe. Die Polizei fahndet weiter nach zwei noch flüchtigen jungen Männern im Alter von 16 und 21 Jahren. Gegen sie bestehen Haftbefehle wegen der Vergewaltigung, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung.

Wie eine Sprecherin des Bezirksamts bestätigte, wohnte die 14-Jährige in einer Jugendwohnung im Bezirk Wandsbek. Dort hätten Fachkräfte eines freien Trägers das Mädchen und weitere Jugendliche 24 Stunden am Tag betreut. „Es kann aber keine Rund-um-die-Uhr-Bewachung geben“, sagte die Sprecherin. Offenbar wurde in der Tatnacht nicht kontrolliert, wo sich die 14-Jährige aufhielt.

Mädchen rief um Hilfe

Mit einer 16 Jahre alten Freundin fuhr das spätere Opfer am 10. Februar in die Bornemannstraße. „In der Wohnung einer Familie, die aus Serbien stammt, wurde gefeiert“, erzählt ein Nachbar. Die Eltern wären verreist und nur der Sohn da gewesen. Als das junge Mädchen völlig betrunken und wehrlos war, wurde sie von drei Männern missbraucht. Ein weiterer Mann war anwesend, die angebliche Freundin hielt die Tat mit einer Handykamera fest.

Später brachten sie die hilflose und nur leicht bekleidete 14-Jährige in den Hof und legten sie dort ab. Sie sei wohl kurz aufgewacht und habe um Hilfe gerufen, sagte Nana Frombach, Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Ein Nachbar sei schließlich das auf dem Boden liegende Mädchen aufgefallen und alarmierte die Polizei. Mit dem Rettungswagen war die Jugendliche ins Krankenhaus gebracht. Zu dem Zeitpunkt war sie bereits so stark unterkühlt, dass Lebensgefahr bestand. Das war auch der Grund, warum ein Richter später nicht nur den sexuellen Missbrauch, sondern auch versuchten Mord in der Tat sah. Die Täter hatten ihren Tod billigend in Kauf genommen, als sie die 14-Jährige nach draußen brachten und hilflos in der Kälte ablegten.

Polizei verwarf Öffentlichkeitsfahndung

Drei Tatverdächtige im Alter von 14, 15 und 16 Jahren sitzen bereits in Haft. Die Polizei hofft, dass Personenfahnder die beiden noch flüchtigen Männer aufspüren. Es gebe vielversprechende Anhaltspunkte, hieß es. Deshalb wurde nach Informationen des Abendblatts eine Anfang der Woche angedachte Öffentlichkeitsfahndung verworfen. Es bestehe aber auch die Möglichkeit, dass die flüchtigen Männer sich in ihre Heimat Serbien absetzen. Beide waren im Stadtteil Wilstorf in einem heruntergekommen wirkenden Altbau mit zerschlagenen Fenstern im Erdgeschoss gemeldet. Dort sollen sie sich selten aufgehalten haben, möglicherweise ist es eine Scheinadresse.

Dass die Staatsanwaltschaft den Fall verschwieg und erst nach einer Anfrage des Abendblatts bestätigte, habe laut Staatsanwaltschaft mit dem Alter der Beteiligten zu tun. Zudem gab es, laut Sprecherin Nana Frombach, taktische Gründe. „Es gab den Grund zur Annahme, dass eine Kommunikation die Fahndungsmaßnahmen gefährden könnte“, so Frombach. Bislang wurden versuchte Tötungsdelikte nicht verschwiegen. Nach Abendblatt-Informationen wurde der Fall auch der Fachaufsicht des Jugendamts zunächst nicht gemeldet.