Harburg. Metin Hakverdi (SPD) diskutierte mit Senioren von HarAlt über Themen des politischen Alltags und über das Freihandelsabkommen TTIP.
Fünf vor zehn. Der Raum füllt sich. Ob er rechtzeitig kommt oder ein akademisches Viertel braucht? Scherzhaft wird gewettet. Zwei Minuten später haben die einen gewonnen, die anderen verloren: Metin Hakverdi steht um 9.57 Uhr in der Tür.
Der Bundestagsabgeordnete ist zu Gast bei HarAlt. Die Abkürzung steht für „Har-burger Alt-ernativen“ und das Wortspiel mit „Alt“ ist bewusst gewählt: Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen von HarAlt sind in ihrem Leben schon weit vorangekommen. Das Projekt mit dem Nebentitel „Bildung und Älterwerden“ ist bei der Hamburger Volkshochschule (VHS) angesiedelt, unterscheidet sich aber vom normalen Angebot der VHS, denn etwa die Hälfte der Kurse wird von den Teilnehmern selbst organisiert.
Auch der Gesprächskreis „Aus Politik und Gesellschaft“, der jetzt gerade zusammenkommt, ist selbstverwaltet. Jeden Donnerstag um zehn treffen sich seine Teilnehmer, um aktuelle Themen jenseits von Fußball und Wetter zu debattieren. Einen prominenten Referenten, so wie heute, haben sie nicht immer. Themen gibt es jedoch jeden Donnerstag zur Genüge. Die Krise der Flüchtlingsunterbringung, der Syrieneinsatz der Bundeswehr und das europäische Finanzsystem tauchten in den letzten Monaten immer wieder in der Runde auf.
„Der jeweilige Moderator steuert das auch immer ein bisschen, indem er schon mal ein Thema vorbereitet hat, aber oft ergeben sich die Themen auch spontan“, sagt Dieter Pottharst. Er hat heute die Moderation, wechselt sich wochenweise mit seinen Mitsenioren Stefan Annen und Jürgen Wiese ab.
30 interessierte Zuhörer sind heute gekommen – etwas mehr, als gewöhnlich Das liegt unter anderem daran, dass der prominente Gast auch Teilnehmer des Gesprächskreises „Was uns bewegt“ angezogen hat. Viele der Anwesenden sind in beiden Gesprächskreisen. Es riecht nach Kaffee.
Metin Hakverdi freut über so viel Interesse: „Das ist leider nicht mehr üblich. Zu Herbert Wehners Zeiten musste ein Abgeordneter nur ein paar Plakate aufstellen und hatte 400 Zuhörer“, sagt er, „heute freut man sich über Schulveranstaltungen. Da dürfen die Zuhörer nicht weglaufen.“
Dabei hat eine Veranstaltung mit Metin Hakverdi durchaus Unterhaltungswert. Das wissen auch die Anwesenden. Immerhin spricht der Wahlkreisabgeordnete schon zum vierten Mal bei ihnen. Herlind Gundelach von der CDU war auch schon da, ebenso, wie der Grüne Manuel Sarrazin und die SPD-Eminenz Johannes Kahrs. Demnächst kommt auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Anja Hajduk. Hakverdi jedoch war bislang am häufigsten hier.
Sein Tonfall ist locker. Er bringt Politik unüberheblich in Klönschnack-Mentalität rüber lässt aber keinen Zweifel daran aufkommen, dass er im Thema ist. Den Plan, über Syrien zu sprechen, haben die Senioren fallen gelassen. Sie interessiert auch, was im Schatten der Schlagzeilen Wichtiges passiert. Jurist Hakverdi ist unter anderem Verbraucherschutzexperte. Aktuelle Entwicklungen in diesem Bereich, sowie das Freihandelsabkommen TTIP sind heute die Themen.
In puncto Verbraucherschutz kommt der Abgeordnete mit einer guten Nachricht: Das Unterlassungsklagerecht, dass es Verbraucherzentralen ermöglicht, stellvertretend für individuell Geschädigte tätig zu werden, wird auf den Datenschutz ausgeweitet. „Bislang musste jeder Bürger selbst und einzeln seine Datenschutz-Rechte einklagen“, sagt Hakverdi, „jetzt kann es eine Institution übernehmen.“
Die Zuhörer nicken zufrieden. Beim Thema TTIP geht Hakverdi allerdings auf Konfrontation mit ihnen: Er ist dafür, das Publikum eher skeptisch. „Das ist keine Frage des Ja oder Nein, sondern eine Frage des Wie“, sagt er. „Wenn nicht einmal die EU und die USA sich einigen können, gegenseitig ihre Standards anzuerkennen, kann man freien Handel vergessen. Handelshemmnisse sind allerdings eine der Hauptursachen für Armut in der dritten Welt.“
Das wollen einige im Saal nicht stehen lassen: „Der Zwang zur Marktöffnung im Gegenzug für Kredite ist es doch, der arme Länder noch ärmer macht“, sagt einer der Zuhörer.
Es wird diskutiert. Es wird Viertel vor zwölf. Es wird zwölf. Am Ende ist es 12.35 Uhr – mehr als eine halbe Stunde überzogen. Vom akademischen Viertel scherzt keiner mehr. Geendet wird auch nur, weil den Politprofi der nächste Termin ruft – und auch da will er pünktlich sein.