Harburg. Freie Demokraten fordern jetzt einen Schutzanstrich. Debatte um Standort für öffentliche Toilette aufs Neue entfacht.
Geht es nach den beiden FDP-Abgeordneten Viktoria Pawlowski und Carsten Schuster, dann sollte das Harburger Rathaus schon bald in die Lage versetzt werden „zurückzupinkeln“. So steht es in einem Antrag des liberalen Duetts im Vorfeld der letzten Bezirksversammlung dieses Jahres am Dienstag, 24. November, ab 17.30 Uhr.
Leider sei der Gang ins hiesige Rathaus nicht immer der angenehmste, haben Pawlowski und Schuster festgestellt. Es sei denn, man halte die Luft an und verzichte aufs Atmen. Häufig steige einem auf der Treppe zur Rathauspforte ein beißender Gestank in die Nase.
„Offenbar wird insbesondere der Eingangsbereich des Rathauses allzu oft als öffentliches Urinal missbraucht“, vermutet Pawlowski. Eine Unsitte, der nun endlich Einhalt geboten werden müsse. Damit nämlich nicht die kommunalpolitisch interessierten Bürger vertrieben würden, sondern die lästigen Wildpinkler.
Ermöglichen soll das ein Speziallack, der schon auf St. Pauli mit großem Erfolg angewendet wurde. Dieser sei „stark flüssigkeitsabweisend“ und „pinkele praktisch zurück“. Die Verwaltung möge nun schnellstmöglich prüfen, ob die Bausubstanz des 123 Jahre alten Harburger Rathauses das Auftragen des Spezialanstrichs überhaupt zulasse und diese Maßnahme gegebenenfalls zeitnah umsetzen.
„Das Bezirksamt wird diese Option jetzt von Fachleuten der Sprinkenhof GmbH beurteilen lassen, da unter anderem auch Belange des Denkmalschutzes zu berücksichtigen sind“, sagte Bezirksamtssprecherin Bettina Maak dem Abendblatt.
Ein öffentliches Klo stört offenbar immer und überall
Mit ihrer Initiative haben die Freien Demokraten unterdessen eine alte Debatte wiederbelebt. Denn Jahrzehnte ist immer wieder diskutiert worden, wo im Harburger Zentrum eine öffentliche, barrierefreie Toilette am besten platziert wäre. An Vorschlägen gemangelt hat es nie. Dafür aber bis heute an der finalen Umsetzung.
Wegen des täglichen Wochenmarkts war immer wieder der Sand im Gespräch. Einen WC-Solitär auf der Ostseite zwischen Brunnen und Budni-Filiale hatte Baudezernent Jörg Heinrich Penner dereinst angeregt. So könne das Klo zugleich zum „Frequenzbringer“ für den Markt werden, lautete eines der Hauptargumente.
FDP und Grüne hätten das neue stille Örtchen lieber um die Ecke gesehen. Genau dort, wo es seit ewigen Zeiten eh schon existierte, am Schillerdenkmal zwischen Commerzbank und Sparkasse Harburg-Buxtehude. Doch dagegen liefen besagte Kreditinstitute Sturm. So etwas könne man ihren Kunden unmöglich zumuten.
Eine Toiletten-Anlage in den S-Bahn-Katakomben ertüchtigt
Auch der Vorstoß, die zwischenzeitlich leer stehende Ladenfläche der ehemaligen Arko-Filiale zu nutzen, ging ins Leere. Ebenso wie die Idee, das Klo im Tunnel zwischen Sand und Rathausmarkt anzusiedeln.
Beide Vorschläge waren von benachbarten Geschäften abgelehnt worden. Letztlich ist eine Toilettenanlage in den S-Bahn-Katakomben ertüchtigt worden. Ohne das Problem des „ebenerdigen Wildpinkelns“ damit zu lösen. Insbesondere auf dem Rathausplatz.
Dabei war vor vier Jahren auch hier ein Pissoir nach französischem Vorbild erwogen worden. Vor allem deshalb, weil die langen Bankreihen vor dem Rathaus über die Jahre zum beliebten Treffpunkt der lokalen Trinkerszene avancierten. Mit all den unappetitlichen Begleiterscheinungen, die nun wieder diskutiert werden.
Doch wie in allen anderen Fällen konnte man sich auch hier bislang nicht auf einen Standort einigen. Auf der Nordseite opponierten die dort ansässigen Gastronomen, auf der Südseite wurde die Nähe zum Spielplatz zum Problem. Derweil hatte die SPD gehofft, mit dem 160.000 Euro teuren Umbau des Hans-Fitze-Hauses zu einem Zentrum zur sozialen Integration suchtgefährdeter Menschen die Trinkerszene weitgehend ins Schippsee-Viertel verlagern zu können.
SPD-Fraktionschef Heimath fordert schärfere Sanktionen
„Diese Hoffnung hat sich offensichtlich nicht erfüllt“, sagte jetzt CDU-Fraktionsvize Uwe Schneider. Was sich da unter den Fenstern des Rathauses weiterhin abspiele, sei zum Teil abstoßend und unerträglich: „Die Lage hat sich aus unser Sicht kaum verbessert.“
Das will SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath so nicht stehen lassen: „Ein Großteil der früheren Szene findet sich jetzt schon im Fitze-Haus. Doch die Sozialarbeiter erreichen eben nicht alle.“ Dafür sei die Trinkerszene einfach zu heterogen. Überdies würden sich auch neue Gruppen bilden, etwa mit Männern aus dem ehemaligen Ostblock.
„Ohne schärfere Sanktionen wird sich das Problem kaum lösen lassen“, sagt Heimath. Und verweist auf teilweise drastische Bußgelder für Wildpinkler in anderen deutschen Städten. In Leipzig werden bis zu 1000, in Hannover, Kaiserslautern, Stuttgart, Erfurt und Halle/Saale „in schwerwiegenden Fällen“ sogar bis zu 5000 Euro fällig.