Neues „Zentrum für soziale Integration von suchtgefährdeten Menschen“ bietet Tagesjobbörse und Mittagstisch. Trinkerszene auf Rathausmarkt, am Wochenmarkt Sand und in der Seevepassage soll so aufgelöst werden.
Harburg. Johann Grell ist stolz. „Ich komme von der Trinkerszene auf dem Rathausplatz“, sagt er. „20 Jahre war ich trocken. Aber als ich meine Arbeit verlor, hatte es mich wieder erwischt. Durch die Arbeit am Treffpunkt bin ich jetzt wieder trocken.“
Der Treffpunkt ist das Hans-Fitze-Haus im Schippsee-Viertel. Dort wurde gestern das „Zentrum für soziale Integration von suchtgefährdeten Menschen“ offiziell eingeweiht. Seine Arbeit hat es aber schon vor vier Wochen aufgenommen. Grell gehört zu den Besuchern, die sich hier nicht nur treffen, sondern sich auch engagieren.
„Etwas zu tun zu haben, hat mir gefehlt“, sagt er. So wie er, können sich alle Besucher des Hauses – vornehmlich aus der sogenannten Trinkerszene auf den öffentlichen Plätzen Harburgs – im Zentrum engagieren. Dazu gehören auch Fähigkeiten, die die meisten Harburger den Trinkern kaum zutrauen.
Zur Eröffnungsfeier des Zentrums führte Kurt Maslo das Theaterstück „Süchtig“ auf. Außerdem wurde ein Wandbild des Künstlers Dazz Olosog im Aufenthaltsraum angebracht und Olosog verlas eigene Gedichte.
Mit großem Aufwand hatte die für städtische Gewerbeimmobilien zuständige Sprinkenhof AG (SpriAG) das Gebäude im ersten Halbjahr dieses Jahres sanieren lassen. Dafür hatte die Bezirksversammlung 146.500 Euro aus Gestaltungsmitteln des Bezirks bewilligt, die SpriAG investierte 15.000 Euro.
Für die Ausstattung der Aufenthaltsräume hatten Treffpunktleiter Olaf Bohn und seine drei Mitarbeiter von der gemeinnützigen Trägergesellschaft „passage“ in den vergangenen Monaten um Spenden gebeten. „Wir wollten einfach nicht, dass noch mehr öffentliches Geld aus Steuern für unser Projekt aufgebracht werden muss“, so Bohn.
Der gewünschte Tischkicker war zwar nicht dabei. Dafür aber Tische, Stühle und auch Werkzeug. Allerdings nicht von regionalen Spendern, sondern von großen Firmen, wie der Globus-Baumarktkette, dem Sanitärtechnikriesen Junkers, dem Garnhersteller Gütermann, Kärcher und der Festool-Gruppe. Eine Bohrmaschine, ein Akkuschrauber, ein Trennschleifer und ein Staubsauger, drei Computer sowie einige elektrische Handtrockner kamen so ins Fitze-Haus.
Was aber nach wie vor fehlt, sind Gartengeräte, Arbeitsbekleidung und Baumaterial .„Im Außenbereich, insbesondere im Garten, gibt es noch jede Menge zu tun. Es sind Arbeiten, die sich leicht vermitteln lassen und die gern angenommen werden“, sagt Sven Trier, Leiter der Tagesjobbörse. Deshalb hofft er weiterhin, dass sich Spender finden, die das Projekt unterstützen. Wer helfen will, erreicht Trier unter der Rufnummer 0151/20695045.
Dass die Besucher des „Zentrums für soziale Integration von suchtgefährdeten Menschen“ auf diese Weise eine sinnvolle, erfüllende Beschäftigung finden, ist auch im Interesse der Geschäftsleute in der Nachbarschaft. Die hatten nach Bekanntwerden der Pläne für das Fitze-Haus schon beim Bezirksamt ihre Bedenken angemeldet.
Bereits im Vorfeld der Eröffnung des hatte es Gespräche mit den Nachbarn gegeben. Künftig ist einmal im Monat ein runder Tisch geplant, um mögliche Probleme zu besprechen. „Und wir werden eng mit den Bürgernahen Beamten des Polizeikommissariats zusammenarbeiten“, sagt Olaf Bohn.
Zunächst soll das neue Integrationszentrum nur tagsüber von 10 bis 18.30 Uhr geöffnet sein. Wenn sich die Besucher an unsere Spielregeln halten und es zu keiner Störung der Nachbarn kommt, sind später auch längere Öffnungszeiten denkbar“, so Bohn.
Seine größte Baustelle ist derweil das Zusammenführen der verschiedenen Besuchergruppen. Gerade die Gruppe von der Knoopstraße hatten im Vorwege Bedenken gegen den Treffpunkt. Sie hatten sich in ihrem Container selbstverwaltet und aus Eigeninitiative schon einen eigenen Treffpunkt aufgebaut und geführt – ohne Sozialarbeiter und ohne andere Problemklienten. Sie fürchteten Bevormundung, den Verlust des Erreichten und Konflikte mit den anderen Gruppen.
Diese Konflikte blieben bislang aus. „Die einzelnen Gruppen haben positiven Kontakt“, sagt Bohn, „die Leute sprechen miteinander und helfen sich gegenseitig.“ Wenn die zweite Straßensozialarbeiterstelle im Projekt besetzt ist, will er in der Zielgruppe auf den Plätzen in der Innenstadt verstärkt Werbung für den Treff machen.
Johann Grell freut sich schon auf mehr Besucher: „Wir haben hier noch viel Platz – und gute Angebote, wie zum Beispiel unseren Mittagstisch“, sagt er.