Jesteburg. Mit dem Aktionstag „Berufe fürs Leben“ wollen mehr als 20 Aussteller Nachwuchs und Einsteiger für die Branche gewinnen.
Jessica Kleinke hat die Wende geschafft. Die gelernte Verlagskauffrau ist jetzt Altenpflegerin und arbeitet für den Ambulanten Hauspflege Dienst (AHD) von Ole Bernatzki in Jesteburg. Das Ganze mit 44 Jahren und als Jahrgangsbeste der Berufsbildenden Schulen in Winsen. Dabei konnte sie sich, bevor sie zwei Tage mit einer Kollegin im Einsatz war, „gar nicht vorstellen, in die Branche zu wechseln.
Ich war überrascht, wie interessant die Tätigkeit bei den Menschen zu Hause war“, sagt sie heute. Wunden versorgen, auf die Einnahme von Medikamenten achten oder beim Waschen helfen – das gehört dazu. „Die Eigenheiten älterer Menschen verstehe ich jetzt besser“, räumt Kleinke ein.
An solche Einsteiger und Wiedereinsteiger sowie an interessierte Jugendliche, die sich beruflich orientieren wollen, wendet sich der Aktionstag „Berufe fürs Leben“. Er ist für Dienstag, 24. November, zum fünften Mal in Winsen geplant – dieses Mal im Marstall neben dem Kreis- und Rathaus.
Gut 20 Aussteller werden von neun bis 14.30 Uhr Einblicke in Pflege- und Gesundheitsberufe geben und über den Berufseinstieg in den Unternehmen und mögliche Tätigkeitsbereiche informieren. Zum Organisationsteam gehören der Arbeitskreis von verschiedenen Pflegeeinrichtungen, der Landkreis Harburg, die BBS Winsen, die Krankenpflegeschule Buchholz, die Koordinierungsstelle Frau und Wirtschaft und die Agentur für Arbeit.
Hintergrund: Die Arbeitgeber suchen weiter händeringend nach Fachkräften. Auf eine gemeldete Stelle gibt es derzeit rechnerisch nur 1,3 Bewerber. „Wir sprechen aber schon bei einem Verhältnis von weniger als drei Bewerbern auf eine Stelle von einem Engpass“, sagte Franziska Bürgermeister, Teamleiterin Berufsberatung bei der Arbeitsagentur Lüneburg-Uelzen, zu der der Kreis Harburg zählt. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Zahl der Jobs in der Pflege um 2,1 Prozent auf 7630. Dennoch sind bei der Agentur noch 122 freie Stellen gemeldet.
Immerhin: Mit einem neuen Rekord in der Ausbildung konnte die BBS in diesem Sommer den Arbeitsmarkt entlasten. „97 Fachkräfte, darunter 41 Altenpfleger, haben ihre Lehrzeit erfolgreich abgeschlossen“, sagte Martina Thorwarth, Abteilungsleiterin Pflege der BBS. Zu ihnen gehörte auch Kleinke, die zuvor 20 Jahre als Hausfrau und Mutter vier Kinder aufgezogen hatte und sich danach beruflich neu orientieren musste. Die 44-Jährige war unter allen Absolventen nicht die älteste.
In der Altenpflege liegt der Verdienst im ersten Ausbildungsjahr bei mindestens 800 Euro. Nach dem Abschluss werden rund 2100 Euro brutto gezahlt. Das Entgelt steigt mit der Berufserfahrung auf bis zu 2700 Euro. Noch immer gibt es aber keinen Tarifvertrag. „Die Unternehmen orientieren sich inzwischen an den Tarifen der Krankenpflege“, sagte Thorwarth.
„Auf der Messe bieten wir in jedem Fall anspruchsvolle Beschäftigungsmöglichkeiten in der Region und langfristig gute Entwicklungsperspektiven“, sagte Nikolaus Lemberg, Geschäftsführer des Vereins Interessengenmeinschaft Ambulante Pflege im Landkreis. Allein für den Jesteburger AHD listet Chef Bernatzki 20 Berufe auf, die für Fachkräfte möglich sind. Auch die frisch gebackene Altenpflegerin Kleinke bildet sich nun zur Palliativ-Fachkraft weiter.
Schwierig ist es für die Berufsberater der Agentur und Arbeitgeber wie Bernatzki aber immer noch, Abiturienten für die Branche zu begeistern. Jetzt jedoch gibt es einen neuen Ansatz. So hat die Gesundheits- und Krankenpflegeschule der Krankenhäuser Buchholz und Winsen eine Kooperation mit der Fachhochschule 21 in Buxtehude gestartet.
Auf 3,5 Jahre Ausbildung mit Kursen an der Hochschule folgen dabei eineinhalb Jahre reines Studium. Danach können die Bewerber mit einem Bachelor of Science abschließen.
„Wir haben bereits vier Interessenten, die zum 1. August 2016 mit dem Studium beginnen“, sagt Michael Dethloff, der Leiter der Schule. Weitere Interessenten könnten sich aber noch bei der Schule melden. Alle Informationen dazu gibt es auf den Internetseiten der Krankenhäuser.