Harburg. Das Angebot der BI Elbinseln gGmbH muss im kommenden Jahr mit 20.000 Euro weniger auskommen – ein Minus von 20 Prozent.

Auch eine Woche nach dem Beschluss des Harburger Jugendhilfeausschusses in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit drastisch zu sparen, schlagen die Wogen der Empörung noch immer hoch. Wie bereits berichtet, wurden wegen eines Defizits in Höhe von 90.000 Euro die bisherigen Zuwendungen für sechs Angebote von freien Trägern zum Teil drastisch gekürzt. Wie kaum anders zu erwarten, sind einige dieser Angebote jetzt in ihrem Bestand massiv gefährdet.

„Die nun fehlenden 22.797 Euro für unser Projekt Falkenflitzer in Harburg können wir definitiv nicht kompensieren“, sagt Thomas Hartmann vom Trägerverein zur Förderung der Jugendarbeit mit Sitz in Wilhelmsburg: „Wenn der Bezirk das Geld nicht mehr aufbringen kann, werden wir unsere Aktivitäten in Harburg deutlich reduzieren müssen und nur noch unser Programm in den Flüchtlingsunterkünften fortsetzen.“

Spielmobile werden öffentlliche Plätze nicht mehr anfahren

Auf der Strecke bleiben werden damit die Besuche der Spielmobile des Vereins auf drei öffentlichen Spielplätzen im Bezirk. Seit 2010 haben Hartmann und seine Mitstreiter in der Hauptsaison von April bis Oktober dreimal pro Woche den Hastedtplatz in Harburgs City, den Hans-Dewitz-Ring in Heimfeld und den Buchholzer Weg in Rönneburg angefahren, allesamt Quartiere mit einem hohen Migrantenanteil. Dort wurden im Lauf der Jahre 800 verschiedene Spiele angeboten.

„Der Bedarf ist nach wie vor riesig. Für die drei Plätze war ursprünglich eine Sollzahl von 1200 Teilnehmern vereinbart worden, also etwa 20 Kinder pro Einsatz. Schon im ersten Jahr haben wir diese Zahl deutlich überboten“, sagt Hartmann. Allein 2013 verzeichnete das Projekt Falkenflitzer bei 65 Einsätzen in Harburg 3030 Besucher. In diesem Jahr waren es bei 59 Einsätzen knapp 2000.

Hoffnungen der Harburger Großen Koalition, die gestrichenen Zuwendungen aus Verstärkungsmitteln des Senats für die Flüchtlingshilfe kompensieren zu können, relativierte Hartmann in aller Deutlichkeit: „Es ist zwar zutreffend, dass wir aus Landesmitteln bereits höhere Zuschüsse erhalten haben. Damit wird aber tatsächlich nur unsere Arbeit in den Flüchtlingsunterkünften finanziert und nichts anderes.“

Momentan bieten die Falkenflitzer Spielaktionen in acht verschiedenen Objekten an. Dazu gehören auch die Einrichtungen der öffentlich-rechtlichen Folgeunterbringung in Lewenwerder und an der Winsener Straße sowie die Zentrale Erstaufnahme in der Poststraße. Im kommenden Jahr soll eine weitere Harburger Unterkunft hinzukommen, entweder die ZEA-Dependance auf dem Schwarzenberg oder das Massenquartier Am Aschenland in Neugraben-Fischbek.

Eltern sammeln Unterschriften für die Rückkehr der Falkenflitzer

Wie wichtig den Heimfelder Eltern der Besuch des Falkenflitzers am Dewitz-Ring ist, dokumentiert eine spontane Unterschriftensammlung für den Erhalt des Angebots. Gerade in diesem Quartier waren die Teilnehmerzahlen zuletzt deutlich gestiegen.

Großen Zuspruchs erfreut sich auch der Kindertreff in Heimfeld-Nord. In zwei Erdgeschosswohnungen und einem Pavillon mit Hofgarten in der Friedrich-Naumann-Straße 26 bietet die Beruf und Integration Elbinseln gGmbH seit vielen Jahren eine „offene Einrichtung” für Mädchen und Jungen im Alter von sechs bis 13 Jahren an.

Hier gibt es täglich außer sonntags von 14 bis 19 Uhr nicht nur Hilfe bei den Hausaufgaben, sondern auch jede Menge Freizeitangebote wie Gesellschafts- und Sportspiele, Basteln, Tanz- und Kochkurse, Wunschfilmabende und Kinderdisko, die von bis zu 50 Kindern wahrgenommen werden.

Rund 100.000 Euro war dem Bezirk dieses Angebot bislang wert. Nun soll der Träger plötzlich mit 20.000 Euro weniger auskommen. „Ich bin geschockt“, äußerte sich Perihan Erikli, die den Kindertreff seit 17 Jahren leitet: „Er wird sehr gut angenommen. Bei uns ist immer was los, auch in den Ferien.

Mit dieser Kürzung werden wir den Treff in seiner jetzigen Form aber nicht fortführen können, denn unsere acht Honorarkräfte sind so kaum finanzierbar.“ Noch drastischer formulierte es Günter Winter, Geschäftsführer der BI Elbinseln gGmbH. „Wenn es bei der Kürzung bleibt, müssen wir den Laden schließen“, sagte er dem Abendblatt.

Antrag auf Finanzmittel aus dem Flüchtlingsfonds als letzte Rettung

Auch in diesem Fall baut die Harburger GroKo auf den Senatsfonds für die Flüchtlingshilfe. Bereits Anfang des Jahres war dem Träger nahegelegt worden, sich stärker in der Flüchtlingsbetreuung zu engagieren. „Das haben wir auch gemacht und extra eine Dolmetscherin für unsere Spielangebote im ZEA-Camp auf dem Schwarzenberg engagiert. Zudem bieten wir jetzt auch eine Kochgruppe für erwachsene Flüchtlinge an“, so Winter.

Zwar wolle man den Antrag auf Zuwendungen aus dem Flüchtlingsfonds stellen, um das Angebot zu retten. „Ob, wann und wie viel Geld wir aber letztlich bekommen, ist zur Stunde völlig ungewiss“, machte Günter Winter aus seinen großen Bedenken keinen Hehl: „Und was, wenn es den Hilfsfonds später nicht mehr gibt? Woher sollen dann die 20.000 Euro kommen?“