Harburg . Beim Harburger Kulturtag am 7. November begegnen den Besuchern eben jene Orte und Gegenstände in neuem Licht
Manchmal steckt hinter den ganz alltäglichen Dingen viel mehr, als man denkt. Wie oft zum Beispiel ist man schon an Harburgs altem Friedhof vorbeigeeilt, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen? Wie häufig durch die TU gelaufen, ohne an Kunst zu denken? Und wie viele ausgediente Elektrogeräte hat man gedankenlos entsorgt? Beim Harburger Kulturtag am 7. November begegnen den Besuchern eben jene Orte und Gegenstände in neuem Licht.
Eins der am besten gehüteten Kunst-Geheimnisse Harburgshat mit der Technischen Universität zu tun: Sie ist nämlich im Besitz einiger bedeutender Kunstwerke, von Gemälden bis zu Skulpturen. Bemerkenswert zum Beispiel ist das Werk „Wende 80“ von der aus Harburg stammenden Konzeptkünstlerin Hanne Darboven, das aus 416 einzeln gerahmten Din-A-4-Blättern besteht. Oder das Einstein-Portrait des international bekannten chinesischen Malers Chui Wang, das so real aussieht, dass viele es für eine Fotografie halten.
Joachim Stieglitz von der Kunstinitiative der TU hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Kunstwerke wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Beim Harburger Kulturtag bietet er zwei 90-minütige Führungen an (12 und 14 Uhr), in deren Rahmen die Teilnehmer mehr über die Künstler und ihre Arbeiten erfahren. „Bei dem Rundgang sieht man völlig unterschiedliche Werke aus verschiedenen Epochen“, so Stieglitz. „Im Grunde ist das ein schöner Querschnitt durch 100 Jahre Kunstgeschichte.“ Sein persönlicher Favorit ist übrigens die Arbeit des Konzeptkünstlers Peter Friedl: Bunte Punkte und ein Schriftzug prangen im Gebäude F der Universität an der Wand. „Herrlich frech“ sei die Arbeit. „Wir sind hier in der Technischen Universität, wo es darum geht, Technik zu lehren – und Friedl hat den Satz ‚nobody knows science’ an die Wand geschrieben“, sagt Stieglitz. „Das ist schon eine Provokation.“
Um spannende Elektrogeräte der letzten 130 Jahre geht es im Electrum, Harburgs Museum der Elektrizität: Auf 500 Quadratmetern Ausstellungsfläche sind dort mehr als 1000 Exponate zu sehen, von Haushaltsgeräten und Schreibmaschinen bis hin zu einem Tonmöbelstück aus dem Jahr 1974 oder einem kuriosen Elektroschock-Heilgerät. Zu jeder vollen Stunde erzählen Margot Niemann, Manfred Matschke und Wilfried Brunkhorst Anekdoten zu den Geräten. „Man kann aber auch einfach selbst auf Entdeckungstour gehen“, sagt Margot Niemann. „Wir haben nämlich ganz viele interaktive Objekte, an denen etwas passiert.“
Dazu gehört ein Quiz, welches das Team des Electrums selbst entwickelt hat: 70 Fragen rund um die Elektrotechnik müssen beantwortet werden. Hinzu kommen mehrere, alte Spielkonsolen und ein Telefon, das klingelt, wenn man daran vorbei läuft. Wer den Hörer abnimmt, erfährt, wie es 1912 im Hotel Kaiserhof in Altona war. „Damals hat das Hotel tatsächlich mit seiner elektrischen Beleuchtung geworben, das kann man sich heute kaum vorstellen“, so Niemann. All diese Gegenstände entführen die Besucher auf äußerst unterhaltsame Art und Weise in die Vergangenheit der Elektrizität. „Viele Leute haben Angst, ein technisches Museum zu besuchen, weil sie denken, dass dort Schulwissen vermittelt wird“, so Margot Niemann. „Das Electrum ist aber kein verstaubtes Museum, in dem man leise sein muss, sondern wir sind sehr nah am Menschen.“
Wie Harburgs Alter Friedhof bald Bestandteil einer App werden soll, darüber können sich die Besucher des Kulturtags in der Helms-Lounge informieren. Dort präsentiert der Verein Alter Friedhof seine Arbeit. Seit 2007 kümmern Gründer Peter Jungehülsing und seine Mitstreiter sich um die Sanierung der rund 100 bedeutenden Grabdenkmäler. Das neueste Projekt ist nun also die App, durch die der mittlerweile zur innerstädtischen Parkanlage umgewandelte Friedhof noch bekannter gemacht werden soll. Zu dem Vorhaben wird Dr. Michael Merkel, Sammlungsleiter des Archäologischen Museums Hamburg, um 13 Uhr einen Vortrag halten.
„Wir haben über das Museum eine App namens ‚Fundpunkte’ entwickelt, die über ganz Hamburg verteilte, spannende kulturelle Orte wie Baudenkmäler, Ausgrabungsstätten und Ähnliches enthält“, erklärt Merkel. „Der Verein Alter Friedhof soll in diese App integriert werden.“ Fotos und Hintergrundinformationen zu den bis zu 120 Jahre alten Grabdenkmälern sollen dazu aufgearbeitet werden. Merkel rechnet mit einer Fertigstellung im ersten Quartal 2016. Einen ersten Vorgeschmack gibt es beim Harburger Kulturtag.
Harburger Kulturtag am 7. November 2015> TU Hamburg-Harburg, Eißendorfer Straße 42, Gebäude M, Eingangshalle. Führungen um 12 und 14 Uhr. www.kunst-tuhh.de> Electrum – Das Museum der Elektrizität, Harburger Schlossstraße 1. Führungen zu jeder vollen Stunde. www.electrum-hamburg.de> Verein Alter Friedhof e.V., Museumsplatz 2 (Helms-Lounge). Vortrag um 13 Uhr. www.verein-alter-friedhof.de