Harburg. Thomas Krieger und Peter Hornberger sind Imker. Ihre Bienen sammeln mitten in der Harburger Innenstadt Nektar von Bäumen und Blumen

Auf dem Dach des Sozialen Dienstleistungszentrum (SDZ) in Harburg summt es. Zwei Bienenvölker leben auf dem Dach der Behörde und verwandeln Nektar, den sie mitten in der Harburger Innenstadt sammeln, in köstlichen Honig.

Die fleißigen Bienen, die zur friedfertigen Rasse Carnica zählen, gehören Thomas Krieger und Peter Hornberger. Drei Kilometer fliegen die Tiere im Schnitt, um Nektar zu sammeln. Die Bienen der beiden Harburger Imker haben es bequem, sie landen bevorzugt auf Kastanien- und Lindenblüten am Harburger Rathaus, aber auch in den Gärten und Parkanlagen in der Umgebung. „Es muss im Frühjahr auch Raps dabei gewesen sein“, sagt Thomas Krieger mit Kennerblick auf ein Glas mit fast weißem, cremigen Honig. Der Sommerhonig, der in der vergangenen Woche geerntet wurde, ist so frisch, dass er noch kein Etikett hat. Er ist flüssig und leuchtet bernsteinfarben.

Mit der zweiten Honigernte im Jahr ist für die Imker die Saison vorbei. Nur wer seine Stöcke zurzeit in der Heide stehen hat, kann noch mit Heidehonig rechnen. Thomas Krieger hatte über längere Zeit für seinen Stock einen geeigneten Ort in Harburg gesucht. Am liebsten hätte er seine Bienen im Binnenhafen aufgestellt, aber dort gebe es zu viel Publikumsverkehr. „Dann ist das SDZ im Rahmen der Kampagne ‘Hamburg summt’ an mich herangetreten und wir sind uns sofort einig geworden“, sagt der 54-Jährige, der auch in Hausbruch und Moorburg weitere Bienenvölker betreut.

Die Umweltbehörde in Wilhelmsburg bietet ihr Dach als Bienenquartier an

Auf dem Behördendach stehen Kriegers Bienen nun seit 2012. „Der Standort ist optimal, weil die Bienen keinen stören und selbst geschützt stehen“, sagt der Hausbrucher Hobbyimker. Außerdem gehören die Mitarbeiter des SDZ inzwischen zu seinen besten Kunden. Der einzige Wermutstropfen sei die Tatsache, dass sich die Imker, die ihre Tiere regelmäßig besuchen, an die Öffnungszeiten des SDZ halten müssen. „Ich habe zwar die Telefonnummer des Hausmeisters, aber bisher ging es auch immer so“, sagt Thomas Krieger.

Erfolgreiche Projekte wecken oft auch anderswo Interesse. Inzwischen hat auch die Hamburger Umweltbehörde, die in Wilhelmsburg ihren Sitz hat, angefragt, ob Krieger oder seine Vereinskollegen nicht Lust hätten, auch auf deren Dach Bienenstöcke aufzustellen.

Überhaupt sei schon seit einigen Jahren die Stadtimkerei ziemlich in Mode, sagen Krieger und Hornberger. „Manche halten ja die Stadt für eine Steinwüste, in der es nichts für die Bienen gibt, aber das stimmt nicht. Es gibt hier bis in den Spätsommer Nahrung für die Tiere. Ganz anders als auf dem Land, wo oft nur Monokulturen angebaut werden und die Bienen nichts mehr finden, wenn die Blüte vorbei ist“, sagt Peter Hornberger.

„Das Thema ist regelmäßig im Fokus, aber leider geht es häufig nur um Bienensterben“, sagt Thomas Krieger, der eher zufällig zu seinen Bienen kam. „Ich habe meinen Honig immer vom Imker gekauft und eines Tages hat er mich gefragt, ob ich das nicht selbst einmal ausprobieren wolle.“ Auf dem Dach, bei seinen Bienen, kann Krieger auch mal abschalten. Als Maschinenbauexperte ist er bei Conti Tech im Harburger Binnenhafen in der Entwicklungsabteilung zuständig. Muss er längere Zeit beruflich ins Ausland, springen Vereinsmitglieder ein und betreuen die Bienen. Überhaupt scheinen die kleinen Insekten eine gute Lobby zu haben, denn viele Menschen, nicht nur in Harburg, wollen etwas für Bienen tun. „Viele, die sich für Bienen interessieren, wollen etwas für die Umwelt tun“, sagt Peter Hornberger.

Die Zahl der Hobbyimker ist in denvergangenen Jahren stetig gestiegen

Inzwischen schlägt sich die Begeisterung für die Imkerei auch in Zahlen nieder. Thomas Krieger, der vor sieben Jahren den ersten eigenen Honig geerntet hat, kann das bestätigen. „Als ich im Verein anfing, war ich der Jüngste und einer von zehn Mitgliedern. Heute hat der Verein 70 Mitglieder, darunter viele junge Frauen“, sagt der Vorsitzende des Imkerverbandes Harburg-Wilhelmsburg und Umgebung. Besonders gefragt seien Kurse, in denen die Imker ihr Wissen weitergeben.

Auch für Peter Hornberger war ein Kursus am Kiekeberg der Einstieg in die Imkerei. „Ich lese viel und nehme an Kursen teil“, sagt Hornberger. Der Maschinenbauingenieur, der an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg eine Professur inne hat, ist zufrieden mit seinem ersten Jahr als Imker. „Die Bienen haben sich gut entwickelt“, sagt der 63-Jährige.

Und essen die Imker eigentlich selbst gern Honig? „Aber ja, vor allem den eigenen“, sagt Thomas Krieger und lacht. Ohne Honigstulle zum Kaffee gehe er morgens nicht aus dem Haus. Aber auch nach dem Frühstück findet Honig in seiner Küche vielfältige Verwendung, unter anderem in Saucen und an Salaten. Sein Geheimtipp ist aber ein Avocado-Orangen-Smoothie, natürlich mit Honig. „Das gibt Energie für den Tag.“