Harburg. Außenstelle der Zentraln Erstaufnahme bleibt Konfliktherd: Die hygienischen Mängel in Sanitäranlagen sind nach wie vor gravierend.
Obwohl die mit 720 Plätzen konzipierte Außenstelle der Zentralen Erstaufnahme für Asylbewerber (ZEA) auf dem Schwarzenberg zum Stichtag 30. Juli mit 656 Bewohner nicht einmal voll ausgelastet war, reißen die Klagen über die Zustände im Camp nicht ab. Das Abendblatt hatte sie bereits in der Ausgabe vom 25. Juli dokumentiert. Viel geändert hat sich seitdem offenbar nicht. Schlimmer noch, es sind neue Vorwürfe hinzugekommen.
„Die hygienischen Mängel in Sanitäranlagen sind nach wie vor gravierend, und dabei geht es nicht nur um verstopfte Toiletten“, berichtet Azad Aryaie, ein Flüchtling aus Afghanistan. Noch begünstigt durch das feuchtwarme Wetter würden sich die Bewohner einer zunehmenden Mücken- und Fliegenplage ausgesetzt sehen, viele seien mit Stichen übersät und hätten heftige Hautprobleme. „Verschärft wird das Problem noch dadurch, dass der Abfluss auch in den Duschen nicht richtig funktioniert und die Anlagen nur ungenügend gereinigt und gewartet werden“, sagt Aryaie.
Diese Unterstellung weist Susanne Schwendtke, Pressesprecherin des städtischen Camp-Betreibers fördern & wohnen, zurück. Zweimal täglich würden die Anlagen gesäubert. Der technische Dienst prüfe die sanitären Anlagen permanent und nehme auch Reparaturen vor. „Es entstehen leider oftmals Defekte durch unsachgemäßen Gebrauch, wenn beispielsweise Gegenstände in die Toiletten geworfen werden. Dabei weisen wir mit Schildern in verschiedenen Sprachen und Piktogrammen auf den sachgemäßen Gebrauch hin“, so Schwendtke. Überdies sei ein Unternehmen für Schädlingsbekämpfung zurate gezogen worden: „Der Spezialist versicherte uns, dass die Fliegen sich nicht dauerhaft vertreiben lassen. Derzeit prüfen wir aber, ob eine zusätzliche Verkleidung der Rohre eine Verbesserung bringen könnte.“
Weiterhin ungelöst ist derweil das Problem der fehlenden Duschköpfe. Weil bereits etliche von ihnen gestohlen wurden, gibt es sie inzwischen nur noch im Tausch mit dem Unterkunftsausweis. Wie viele Duschköpfe aktuell zur Verfügung stehen, vermochte Schwendtke allerdings nicht zu sagen. Sie versicherte aber, eine „große Menge“ werde demnächst nachgeliefert.
Kritisiert wird von den Flüchtlingen auch die medizinische Versorgung. Es steht der Vorwurf im Raum, gerade an Wochenenden würden selbst akute Fälle bis Montag vertröstet. „Es trifft zwar zu, dass am Wochenende nur ein Mitarbeiter vor Ort ist und Bewohner in der Regel gebeten werden, die Sprechstunde am Montag aufzusuchen. Bei akuten gesundheitlichen Problemen wird jedoch selbstverständlich jederzeit sofort reagiert“, sagt Schwendtke. Ansonsten gebe es wöchentlich mehrstündige Sprechstunden im Camp durch Allgemeinmediziner, Kinderärzte und Psychologen, sowie eine Mütter- und Schwangerenberatung.
Ein anderes Dauerthema in der ZEA-Dependance auf dem Schwarzenberg ist die Versorgung. Laut Azad Aryaie sei sie insbesondere früh und abends sehr einseitig, biete kaum Variationen: „Fast immer gibt es Käse und Frikadellen. Das aber können oder dürfen viele aus religiösen und gesundheitlichen Gründen nicht essen.“ Es werde einfach zu wenig Rücksicht auf bestimmte Essgewohnheiten gewisser Ethnien genommen. Dagegen hätten neben den Albanern auch schon Araber und Kurden protestiert. Viele Bewohner würden am liebsten selbst kochen. Doch das ist in der Erstaufnahme aus Sicherheitsgründen verboten.
Susanne Schwendtke räumte ein, dass dem Camp-Betreiber solcherart Beschwerden bekannt seien: „Wir haben nicht nur mit den Bewohnern gesprochen, die ihre Wünsche äußern und Verbesserungsvorschläge machen konnten. Wir sind auch mit dem Caterer regelmäßig im Gespräch. Zum Beispiel wurde das Abendessen um eine Beilage ergänzt.“ Allerdings wäre es bei derzeit 25 Nationalitäten schwierig, allen gerecht zu werden. Außerdem sei fördern & wohnen an ein Budget gebunden, das gewisse Grenzen setze.
Unterdessen moniert Azad Aryaie auch eine unterschiedliche Behandlung der Ethnien durch die Sicherheitskräfte. Vor allem Afghanen fühlten sich drangsaliert, vornehmlich durch osteuropäische Guards, die immer wieder in provokativer Weise aufträten.
Kay Kohlermann, Geschäftsführer des Sicherheitsdienstes WEKO, bestätigte, dass unter den 38 im Camp eingesetzten Mitarbeitern sieben aus Osteuropa kämen. Von den geschilderten Spannungen sei dem Teamleiter vor Ort allerdings nichts bekannt: „Die Zutrittskontrollen erfolgen nach einheitlichen Regeln. Im Übrigen sind alle unsere Mitarbeiter geschult worden, deeskalierend einzuwirken.“ Angesichts der historischen Konflikte zwischen Afghanen und Russen seien Überreaktionen aber nicht ausgeschlossen. „Auf Fehlverhalten unserer Mitarbeiter würden wir aber sofort reagieren“, versicherte Kohlermann.