Harburg. Mehr als 200 Ausbildungsplätze in vielen Branchen sind noch frei. Die Arbeitslosigkeit sinkt im Bezirk Harburg auf 9,1 Prozent.

Sie befasst sich gerade mit einem Zahn für einen Unterkiefer, der später form- und farbgerecht in eine Gebiss eingesetzt werden soll. Alina Blank, 17, mag solche Feinarbeit in der Werkstatt des Zahntechnischen Labors Linnich+Mahn in Harburg. „Wenn jemand lächelt, fallen doch zuerst die Zähne auf. Menschen mit neuen Zähnen ein neues Lächeln zu schenken, ist etwas Schönes“, sagt sie und strahlt.

Kenntnisse in Chemie, Biologie und Physik sind notwendig

Blank hat ihren Traumberuf gefunden. Mit ihrem Realschulabschluss mit einer Durchschnittsnote von 2,1 bewarb sie sich bei dem Labor, absolvierte ein einwöchiges Praktikum und wurde von den Kollegen sofort „gut aufgenommen.“ Für ihre Lehre nimmt sie die zwei Stunden Fahrweg von Uelzen aus gern in Kauf. Als nächstes wird sie nun in die Gold-Abteilung wechseln, um ihre sensiblen Fingerspitzen an Brücken und Kronen für die Kunden auszuprobieren. Im Frühjahr 2017 soll dann die dreieinhalbjährige Ausbildung abgeschlossen sein.

Zahntechnikermeister Uwe Mahn, der Chef des Zahnlabors, bildet gern aus. Derzeit sind acht seiner 29 Angestellten Lehrlinge. „Weil die Anforderungen an den Beruf immer höher werden, brauchen wir gute Realschüler und Abiturienten“, sagt der 60-Jährige Firmenchef. Schließlich sind allein schon für die Werkstoffkunde Kenntnisse in Chemie, Biologie und Physik notwendig. „Nur wer hier mindestens mit einer Drei abschließt, hat Chancen. Sonst wird es in der Berufsschule schwer“, sagt Mahn. Derzeit sind bei Linnich+Mahn zum 1. September noch zwei Ausbildungsplätze frei.

„Die Anforderungen an Zahntechniker werden immer höher. Wir brauchen gute Realschüler und Abiturienten“, sagt Uwe Mahn, Zahntechnikermeister
„Die Anforderungen an Zahntechniker werden immer höher. Wir brauchen gute Realschüler und Abiturienten“, sagt Uwe Mahn, Zahntechnikermeister © HA | Rolf Zamponi

Gesucht wird auch bei Elektronikern in der Energie- und Gebäudetechnik

Insgesamt summiert sich die Zahl der unbesetzten Lehrstellen in Harburg mit Stand Juni auf 221. Besonders gesucht wird Nachwuchs im Bezirk nicht nur bei den Zahntechnikern, sondern auch bei Elektronikern in der Energie- und Gebäudetechnik. Viele Firmen würden zudem gern Verkäufer und Kaufleute für den Einzelhandel sowie für Speditionen und Logistikfirmen, Augenoptiker, Hotel- und Restaurantfachleute sowie Anlagenmechaniker ausbilden.

In Harburg kümmert sich seit Anfang Dezember 2014 ein dreiköpfiges Team speziell um die Vermittlung von Jugendlichen aus den Bezirken Harburg, Hamburg-Mitte und Bergedorf. Das Projekt AzubiPlus ist in der Jugendberufsagentur in der Neuen Straße angesiedelt. „Die Jugendlichen kommen von der Berufsberatung der Agentur, wir lernen sie kennen und können ihnen dann Arbeitgeber vorschlagen, die uns wiederum aus dem Arbeitgeber-Service bekannt sind“, sagt Elisabeth Menges, eine der Vermittlerinnen. Der Service soll mit dazu beitragen, dass alle Jugendlichen nach der Schule eine für sie geeignete Ausbildung aufnehmen können.

Arbeitsmarkt in Harburg entwickelte sich im Juli positiv

Insgesamt entwickelte sich der Arbeitsmarkt in Harburg im Juni genau wie in Hamburg positiv. So sank die Arbeitslosenquote im Vergleich zum Mai von 9,3 auf 9,1 Prozent. Im Juni 2014 lag dieser Wert noch bei 9,6 Prozent. Ohne Job waren 7429 Menschen, 163 weniger als im Mai sowie 366 weniger als vor einem Jahr. Unter den sieben Bezirken der Hansestadt belegt Harburg aber unverändert den sechsten und damit vorletzten Platz. Die Zahl der offenen Stellen stieg im Juni um 83 auf 1241.

für Jugendliche in der Jugendberufsagentur in Harburg
für Jugendliche in der Jugendberufsagentur in Harburg © HA | Rolf Zamponi

„Die Wirtschaft hat weiter Bedarf an neuen Arbeitsplätzen, der aber in Hamburg höher ausfällt als in Harburg“, sagt die Chefin der Harburger Arbeitsagentur, Ines Rosowski. Auch bei den ausgebildeten Fachkräften sind in Harburg Zahnmedizinische Fachangestellte gesucht. Bei der Agentur sind aber auch freie Stellen für Maschinen- und Anlagenführer, Fahrer, Friseure oder Pflegekräfte gemeldet.

Für Zahntechniker gibt es derzeit keinen gültigen Tarifvertrag

Zahntechnikermeister Mahn bildet seine Gesellen vor allem selber aus. „Die Top-Leute bleiben im Betrieb“, versichert er. Zu ihnen gehören drei Meisterschüler, die er während dieser Zeit unterstützt. Auf dem Weg zum Meister ist auch sein Sohn Nicolas, 24, der es schon zum Landessieger in Hamburg brachte. Grundsätzlich erhält ein Geselle nach der Ausbildung zwischen 1700 und 2000 Euro brutto. Allerdings gibt es für Zahntechniker derzeit keinen gültigen Tarifvertrag.

Auch Alina Blank würde gern nach ihrer Lehre weiter im Unternehmen bleiben. Ihre Übernahmechancen sind gut. Denn erst zuletzt hatte die junge Frau auf dem Elbcampus, dem Kompetenzzentrum der Handwerkskammer am Harburger Bahnhof, einen überbetrieblichen Kurs zur Kiefernorthopädie absolviert. Der wurde mit einer Zwei benotet.

Das stellt nun nicht nur Blank, sondern auch ihren Ausbildungsmeister Mahn mehr als zufrieden. Mahn weiß: „In diesem Bereich wird kaum einmal ein Teilnehmer mit Eins benotet.“

Weniger als 16.000 Arbeitslose in der Region

Die Arbeitslosigkeit im Landkreis Harburg geht weiter zurück. Die Quote betrug im Juni noch 4,2 Prozent nach 4,3 Prozent im Mai und 4,6 Prozent im Juni 2014. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den beiden Geschäftsstellen im Kreis wider. Für den Bereich Buchholz sank die Quote gegenüber Mai von 4,2 auf 4,1 Prozent, für Winsen von 4,6 auf 4,4 Prozent. Insgesamt waren im Juni im Landkreis noch 5650 Menschen ohne Job.

Für die Region der Arbeitsagentur Lüneburg-Uelzen zu der der Kreis Harburg zählt, ist die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit November mit 15.813 wieder unter die Marke von 16.000 gesunken. „Die Arbeitslosigkeit geht kontinuierlich zurück. Zugleich bleibt die Zahl der freien Stellen auf hohem Niveau“, sagt der Chef der Agentur, Bernd Passier. Beim Arbeitgeberservice für die Region, zu der neben Harburg auch die Kreise Lüneburg, Uelzen und Lüchow-Dannenberg gehören, sowie beim Jobcenter waren im Juni insgesamt 3935 offene Stellen gemeldet.

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