Harburg. Die wichtige City-Achse zwischen Phoenix-Center und Karstadt bleibt trotz BID eine Problemzone. Eine Zwischenbilanz der Bemühungen.

„Ist die Lü im Aufwind?“ hat die SPD-Fraktion unlängst in einer Pressemitteilung gefragt und damit auf die Sitzung des Wirtschaftsausschusses am Montagabend hingewiesen. Dort haben Vertreter des Zentrums für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt (WBZ) und der konsalt GmbH, die das BID Lüneburger Straße managt, eine Zwischenbilanz der Bemühungen gezogen, Harburgs City spürbar zu „revitalisieren“.

Glaubt man den Ausführungen von Peter C. Kowalsky, dann ist die Lüneburger Straße Dank des 2009 initiierten Business Improvement Districts (BID) „auf einem guten Weg“. Getreu der Binse, dass der Zustand eines öffentlichen Raumes imageprägend sei, hätte konsalt im Verbund mit Grundeigentümern und Geschäftsleuten viel dafür getan, die Aufwertung dieser wichtigen Innenstadtachse voranzubringen. Von einer Erneuerung aller Sitzbänke war die Rede, von zusätzlichen Räumdiensten im Winter, der Pflege der Baumscheiben und dem unermüdlichen Einsatz der Stadtbildpfleger, die nicht nur losen Müll, sondern auch Plakatreste entfernen würden.

Überdies verwies Kowalsky auf die neue – durch einen Softwarefehler aktuell aber blockierte – Website, einen Imagefilm, einen bunten Shopping Guide, kostenfreies WLAN, einen regelmäßig erscheinenden Newsletter. Und auf die Veranstaltungsreihe „Lust auf Lü“, die ab sofort bis zum Ferienbeginn am 16. Juli immer donnerstags mit „Walking Acts“, dem Auftritt von Live-Bands und zahlreichen Aktionen für Groß und Klein noch mehr als die täglich 15.000 bis 20.000 Passanten auf die Lü locken soll.

Vermietungsmanager Radszat fordert mehr Pop-Up-Stores

Konterkariert würden die Bemühungen indes, weil sich die Bezirkspolitiker weigerten, die großen Bäume im südlichen Teil der Fußgängerzone abholzen zu lassen. Sie würden nicht nur zu viel Schatten werfen, sondern auch noch für jede Menge Taubendreck verantwortlich zeichnen, und sollten deshalb deutlich weniger in die Breite wachsenden Säuleneichen weichen. Dieser Vorstoß war im Umweltausschuss abgewiesen worden.

„Neun von zehn Grundeigentümer fühlen sich von Politik und Verwaltung im Stich gelassen“, begann Norbert Radszat seinen Vortrag. Der Immobilienexperte ist seit einem Jahr für die Koordination und Vermietung von Verkaufsflächen respektive der Akquise geeigneter Mieter zuständig. „Ganz dicke Bretter“ gelte es da zu bohren, ließ er einmal mehr wissen, um Harburgs City wieder nachhaltig auf die Landkarte des Einzelhandels zurückzubringen. Immerhin konnte er aber vermelden, im Verbund mit den anderen Akteuren für sieben Neuvermietungen gesorgt zu haben. Dazu gehören neben der Kock & Sack-Dependance für Berufs- und Outdoorbekleidung, ein neuer Vodafone-Shop, eine Brasserie, ein Juwelier, eine Filiale der Damenmoden-Kette Modeco sowie zwei temporäre Outlet-Stores.

Laut Radszat müsse in viel stärkerem Maße mit Pop-Up-Stores, also temporären Ladenvermietungen bis zu 90 Tagen, gearbeitet werden: „Das verhindert hässlichen Leerstand und ist eine gute Nische für Existenzgründer.“ Deshalb wolle er die Zusammenarbeit mit Zwischennutzungsagenturen sowie die Kooperation mit den Grundeigentümern intensivieren.

BID Sand/Hölertwiete soll in den Startlöchern stehen

Echte Marken zu positionieren bleibe aber äußerst schwierig. So habe es zwar Verhandlungen mit namhaften Labeln wie Gerry Weber, Apanage und Orsay gegeben, zu einem Vertragsabschluss sei es jedoch bislang nicht gekommen. Und interessierte Gastroketten wie die Burgergriller Hans im Glück und Jim Block hätten ihr Harburger Engagement von der Ansiedlung einer großen Textilkette wie etwa Primark abhängig machen.

Immerhin sei es aber gelungen, die Lehrstandsquote im gesamten BID-Bereich innerhalb eines Jahres von 22 auf 17 Prozent zu senken. Betrachte man nur die Lüneburger Straße könne gar eine Senkung von elf auf acht Prozent konstatiert werden.

Etliche Bezirkspolitiker sehen die Entwicklung trotz BID weiter kritisch. Anna-Lena Bahl von den Neuen Liberalen monierte, die große Wende sei für sie noch nicht erkennbar. André Lenthe von der Linksfraktion vermisst gar ein schlüssiges Gesamtkonzept. Und SPD-Fraktionschef Jürgen Heimath spricht nur von einem „ersten Schritt“.

Unterdessen soll schon bald auch das BID Sand/Hölertwiete starten. Elf der mehr als 50 Grundstückseigentümer seien inzwischen dafür. Treibende Kraft ist die Sparkasse Harburg-Buxtehude, die auch 12.000 Euro für die Anschubfinanzierung bereitstellte. Einem Gutachten zufolge würden für nachhaltige Maßnahmen 3,6 Millionen Euro benötigt. „Realistisch sind aber nur 1,8 Millionen“, erklärte die WBZ-Chefin Gunda Wüpper. Und avisierte deshalb schon mal ein abgespecktes Maßnahmenpaket. Bedenklich erscheint zudem die Tatsache, dass die marode westliche Bebauung des Sands nach wie vor nicht zum Entwicklungsdistrikt gehört.