Harburg. Die Brücken im Binnenhafen bleiben eine einzige Baustelle. Massive Verkehrsbehinderungen en masse drohen in den nächsten Jahren.
Wenn am kommenden Wochenende das 15. Binnenhafenfest wieder Tausende Besucher in Harburgs Boomviertel lockt, wird sich das Hauptzentrum der großen Sause erstmals nicht auf dem Kanalplatz befinden, sondern auf der gegenüberliegenden Schlossinsel. Welchen Anteil daran die Erstellung der Drehbrücke über den Lotsekanal hat, darüber gibt es heute verschiedene Versionen.
Eigentlich sollte das Harburger Prestige-Projekt, die einzige Drehbrücke in der ganzen Hansestadt, längst fertig sein. Sie gehörte nämlich zu den Referenzobjekten der Internationalen Bauausstellung. Und sollte ursprünglich bis März 2013, also noch vor Beginn der IBA, stehen.
Daraus wurde bekanntermaßen nichts. Im Ausschreibungsverfahren waren die Baukosten seinerzeit mit 1,3 Millionen Euro veranschlagt worden. Doch dann hatte sich ziemlich schnell herausgestellt, dass sich keine Firma in der Lage sah, die Brücke für diesen Preis zu realisieren. Die Angebote lagen letztlich zwischen knapp vier und acht Millionen Euro.
Rücksicht auf die Flüchtlinge vom Hotelschiff „Transit“
Eine Firma wäre sogar bereit gewesen, die Brücke für 3,6 Millionen Euro zu bauen. Doch hätte der Bezirk sämtliche Mehrkosten tragen müssen, was er aber nicht konnte. Als auch Projektentwickler IBA Hamburg, der sich mit der Brücke schmücken wollte, abwinkte, stoppte die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) die Ausschreibung des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) – und legte sie auf Eis.
Im November vergangenen Jahres kam dann aber doch wieder Bewegung in die Sache. Eine Spezialtiefbaufirma setzte im Lotsekanal vier plus drei Gründungspfähle für den Dreh- und den Strompfeiler der Brücke respektive mehrerer Dalben. Und auch die notwendigen Auflagebänke an den Hafenmauern des Kanalplatzes und des Lotsekais sind erstellt worden.
Seitdem ruht wieder still der Kanal, bis heute. Allerdings hatte der LSBG zwischenzeitlich mitgeteilt, mit der Anlieferung der Teile für die Brücke sei Anfang Juni zu rechnen. Womit wir wieder beim Thema Binnenhafenfest wären.
Mit der Ankunft des Flüchtlingsschiffs „Transit“ ergaben sich weitere Probleme
Denn bei den Organisatoren der Kulturwerkstatt schrillten plötzlich die Alarmglocken. Schließlich besteht die Brücke aus einem 34 Meter langen, schwenkbaren Konstrukt auf der Südseite, sowie einem festen Überbau mit einer Länge von etwa zwölf Metern auf der Nordseite.
„Uns war klar, dass dann ein Großteil des Kanalplatzes für uns nicht mehr nutzbar gewesen wäre“, sagt Gorch von Blomberg von der Kulturwerkstatt Harburg. Weil das Fest aber eines langfristigen planerischen Vorlaufs bedürfe, habe man sich rechtzeitig auf den Lotseplatz als Hauptzentrum konzentriert.
Zumal sich mit der Ankunft des Flüchtlingsschiffs „Transit“ ein weiteres Problemfeld aufgetan hatte: Die Bewohner sollten durch das Fest nicht übermäßig lärmbelastet werden. „Deshalb haben wir uns dafür entschieden, den Kanalplatz zu einer ruhigeren Aktionsfläche zu machen. Dort befindet sich diesmal unser Infomarkt, auf dem sich rund 30 Vereine und Initiativen den Besuchern präsentieren werden“, so Gorch von Blomberg.
Auch das Harburger Bezirksamt betrachtet lieber den „Schutz“ der Flüchtlinge als ursächlich für die Verlegung des Hauptfestzentrums. „Nach unserer Kenntnis hat die geplante Brückenanlieferung keine wesentliche Rolle bei der Entscheidung gespielt“, so Verwaltungssprecherin Bettina Maak auf Abendblatt-Nachfrage. Bestätigte aber in einem Nachsatz, „die ursprünglich für den Zeitraum des Binnenhafenfestes geplante Anlieferung und anschließende Montage der Brückenteile“ verschiebe sich um eine Woche. Den Grund für dafür verriet schließlich Susanne Meinecke, Sprecherin der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation: „Derzeit finden die Stahlbauarbeiten in der Fabrik statt.“ Mit anderen Worten: Die Montage der Drehbrücke verzögert sich weiter.
Brückenneubau Hannoversche Straße ist auf unbestimmte Zeit verschoben
Die Drehbrücke ist im Übrigen nicht die einzige Brückenbaustelle im Binnenhafen. Das sogenannte Schalthaus der Klappbrücke am Östlichen Bahnhofskanal war Ende vergangener Woche zwar beseitigt worden. Der Umbau der Brücke selbst wird frühestens im November dieses Jahres beginnen und voraussichtlich bis Oktober 2016 dauern. Das Gros der Bauzeit wird der Veritaskai zwischen Neuländer Straße und Theodor-Yorck-Straße voll gesperrt sein.
Die Planungen für den Neubau der Brücke Hannoversche Straße, der 2015/2016 realisiert werden sollte, ist indes gestoppt worden, weil die Deutsche Bahn erst einmal die Strecke Hamburg-Cuxhaven ertüchtigen will.
Was die Brücke über den Westlichen Bahnhofskanal angeht, wird der LSBG im Stadtplanungsausschuss am 15. Juni „technische Machbarkeiten“ vorstellen. Zum einen gibt es die Option einer Generalinstandsetzung, es ist aber auch eine teilweise oder komplette Neukonstruktion denkbar.