Winsen. 1.860 Gastro-Beschäftigte im Landkreis Harburg leisten im Mai Mehrarbeit. Die Folge: ein unbezahlter Überstunden-Marathon.

Vom Koch bis zum Kellner: Die rund 1.860 Teil- und Vollzeitkräfte in Hotels, Restaurants und Gaststätten im Landkreis Harburg schieben einen enormen „Überstunden-Berg“ vor sich her. Darauf hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hingewiesen. „Wer in der Küche arbeitet oder Gäste bedient, der macht häufig am laufenden Band Mehrarbeit. Aber viel zu wenige bekommen dafür auch nur einen Euro extra oder zumindest einen Zeitausgleich“, sagt Silke Kettner.

Umsonst-Überstunden sind nicht ungewöhnlich

Die Geschäftsführerin der NGG Lüneburg beklagt, dass „Umsonst-Überstunden“ in Hotels und Gaststätten eher die Regel als die Ausnahme sind. Aus einer 8-Stunden-Schicht würden schnell zehn oder zwölf Stunden am Herd, an der Theke oder im Biergarten. „Selbst 14-Stunden-Schichten gibt es immer wieder, obwohl maximal 10 Stunden am Stück erlaubt sind. Unterm Strich leisten viele der Vollzeit-Beschäftigten in der Gastro-Branche im Landkreis Harburg dreißig bis vierzig Überstunden pro Monat – ohne das in der Lohntüte oder auf dem Stundenkonto zu merken“, so Kettner.

Überstunden durch viele Feiertage

Besonders schlimm sei es an Wochenenden und Feiertagen. So stehe der Gastronomie am Pfingstwochenende ein „wahrer Mehrarbeits-Marathon“ bevor. Insgesamt sei der Mai mit seinen vielen Feiertagen ein „heftiger Überstunden-Monat“. Das bekämen ebenso die mehr als 2.120 Mini-Jobber im Landkreis Harburg zu spüren, die im Hotel- und Gaststättengewerbe arbeiteten. Auch sie klopften fleißig Überstunden. „Meistens unbezahlt, versteht sich. Das liegt daran, dass Arbeitgeber – vom Hotel-Chef bis zum Gastwirt – so tun, als wäre es völlig normal und selbstverständlich, ein paar Stunden für umsonst dranzuhängen“, sagt NGG-Geschäftsführerin Silke Kettner. Auch bei Azubis würde kaum Rücksicht genommen.

Kontrolle der Arbeitszeiten

Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz seien in der Branche seit langem gang und gäbe. Eigentlich hätten die Arbeitszeiten schon immer dokumentiert werden müssen. Doch jetzt werde es durch das Mindestlohngesetz richtig ernst: „Wer eine Küchenhilfe oder ein Serviceteam im Biergarten für sich arbeiten lässt, muss die geleisteten Stunden aufschreiben – und damit auch jede Überstunde. Passiert das nicht, macht sich der Arbeitgeber strafbar. Jeder Gastwirt muss jetzt damit rechnen, dass die Dokumentation der Arbeitszeiten vom Zoll kontrolliert wird. Genau das passt vielen Chefs natürlich ganz und gar nicht“, sagt Silke Kettner.

Mehrarbeit solle bezahlt werden

Kein Gastwirt müsse seine Gäste um Mitternacht nach Hause schicken, um Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz zu vermeiden. „Jedes Brautpaar kann seine Hochzeit bis tief in die Nacht weiterfeiern. Der Wirt muss nur bereit sein, einen vernünftigen Schichtplan zu machen. Das ist schon deswegen sinnvoll, damit weder Koch noch Kellnerin am Ende kaputter sind als die Gäste“, sagt die Geschäftsführerin der NGG Lüneburg. Immerhin beginne das Personal bei einer Hochzeitsfeier schon am Vormittag mit den Vorbereitungen. „Irgendwann ist die Luft dann raus“, so Silke Kettner. Zudem sei es notwendig, dass der Wirt geleistete Überstunden auch bezahle.

Überstunden Dokumentieren und darlegen

Die NGG Lüneburg rät allen Gastro-Beschäftigten, ihre Überstunden aufzuschreiben, um diese gegenüber dem Chef nachweisen zu können. Das sei ebenso simpel wie nützlich und habe mit Bürokratie absolut nichts zu tun. „Der Beginn und das Ende der Arbeitszeit sollten notiert werden. Ebenso die Pausen. Wer dann Schwierigkeiten hat, den Lohn für geleistete Mehrarbeit einzufordern, sollte sich an seine Gewerkschaft wenden“, so Kettner.

Die NGG Lüneburg bietet hier Rat und Hilfe an. Die NGG-Geschäftsstelle in Lüneburg ist unter der Rufnummer 041 31/ 421 46 zu erreichen. (HA)