Buchholz. Polizei und Jugendpfleger informieren Eltern in Buchholz über Drogenmissbrauch und die möglichen Ursachen.

Auf den Tischen liegen Äpfel und Bananen. „Sind die von Aldi?“, witzelt jemand. Schließlich wurden in einer Obstlieferung an den Discounter gerade große Mengen an Drogen gefunden. Über die Gefahren des Drogenkonsums wollen an diesem Abend in der Buchholzer Rathauskantine auch die Jugendpfleger von Stadt und Landkreis, die Polizei und die Sozialarbeiter der Reso-Fabrik informieren.

Grund dazu haben sie: In dieser Woche hat die Polizei in der Nähe des Schulzentrums am Kattenberge drei Schüler mit Drogen ertappt. 113 Interessierte kamen zu dem Infoabend – ein Zeichen, dass das Thema vielen Eltern Sorge bereitet.

Zu Recht, denn die Polizei hat seit Ende vergangenen Jahres rund 150 Jugendliche als Zeugen oder Tatverdächtige im Zusammenhang mit Drogen vernommen.

Ob jemand süchtig wird, hänge von vielen Faktoren ab, die in der eigenen Persönlichkeit, im Umfeld und in den Drogen selbst begründet sind, erläuterte Michael Mocko vom Sozialpsychiatrischen Dienst des Landkreises Harburg.

Bereits Kinder könnten süchtig werden, „das verfügbarste Mittel sind PC, Smartphone und Spielekonsole“, sagte Mocko. Jugendliche seien häufig als erstes von Zigaretten abhängig. Zugleich sei Rauchen Voraussetzung, um Cannabis konsumieren zu können, nur so ließen sich die Wirkstoffe aufnehmen. „Man kann es auf jedem Schulhof kaufen“, betonte er.

Unter den Zwölf- bis 17-Jährigen hätten sechs Prozent schon einmal Cannabis konsumiert, bei den 18- bis 25-Jährigen seien es 20 Prozent der Männer und zehn Prozent der Frauen. „Die meisten kiffen nur gelegentlich, doch es gibt auch Kiffer, die täglich Cannabis nehmen, oft schon morgens.“

Carsten Bünger, Präventionsbeauftragter bei der Polizeiinspektion Harburg betonte, am gefährlichsten seien Nikotin und Alkohol, die jährlich um 180.000 Tote zur Folge hätten, illegale Drogen dagegen nur um 1000.

Er warnte jedoch davor, Cannabis zu bagatellisieren: „Es spielt auch in Buchholz eine zunehmende Rolle – bei 68 Prozent der Tatverdächtigen im Zusammenhang mit Drogen und bei 82 Prozent der minderjährigen Konsumenten.“

Die Straftaten im Zusammenhang mit Alkohol seien von 2009 bis 2013 auf ein Drittel geschrumpft, im Zusammenhang mit Cannabis aber um 200 Prozent gestiegen. Die Droge sei durch die Diskussion um deren Legalisierung und die Freigabe im US-Bundesstaat Colorado präsent und habe ein „sauberes“ Image: „Man hat, anders als bei Alkohol, keine Ausfälle, man riecht nicht danach, man wird nicht aggressiv.“

Problematisch sei, dass Hanfpflanzen heute durch Züchtung einen Wirkstoffanteil von 20 Prozent hätten, vor Jahren waren es fünf bis sieben Prozent. „Eine Prognose über die Langzeitauswirkungen ist noch gar nicht möglich.“

Woran erkennen Eltern, ob ihre Kinder mit Drogen in Berührung kommen? „Das ist schwierig. Anzeichen wie kränkliches Aussehen, Leistungsabfall, Stimmungsschwankungen können darauf hinweisen, es sind aber auch normale Pubertätserscheinungen“, sagte Bünger.

Eltern sollten beobachten, ob sie Kifferzubehör oder Tütchen im Kinderzimmer finden, oder ob das Kind plötzlich neue Freunde hat. „Sie müssen Vorbild sein, ihre Kinder aufklären und Regeln vereinbaren.“

Fragen aus der Elternschaft drehten sich um den höheren Jungenanteil bei den Konsumenten. „Bei Jungen geht in der Pubertät die Dopaminausschüttung zurück, sie überspielen Unsicherheiten und sind risikofreudiger. Mädchen lösen ihre Probleme im Gespräch mit Freundinnen“, erklärten dazu Michael Mocko und Sozialarbeiterin Silke Schneiderer.

Ob auf Schulhöfen auch Crystal verteilt werde, wollte eine Zuhörerin wissen. „Nein, denn die Dealer wollen etwas verdienen und nicht verschenken“, betonte Carsten Bünger. Eine andere Zuhörerin fragte, warum die Schüler nicht häufiger kontrolliert würden.

Auch hierauf hatte Bünger die Antwort: „Ranzenkontrollen sind Eingriff in die Privatsphäre. Es muss ein Anfangsverdacht vorliegen, und dann darf das nur die Polizei machen.“

Sozialarbeiter Bernd Borchert mahnte, sich für Kinder Zeit zu nehmen, Stabilität zu bieten. Heutige Familienstrukturen seien schwierig: Patchworkfamilien und Trennungen, keine Zeit für gemeinsame Mahlzeiten. Für seinen Rat an die Eltern „ich muss wissen, was mein Kind macht“ erntete er Applaus.

Infos: www.drugcom.de, www.kenn-dein-limit.info, www.rauchfrei-info.de, www.quit-the-shit.net