Die Deutsche Wildtierstiftung hat den Hasen zum Tier des Jahres 2015 ernannt. Doch die Bestände gehen weiter zurück.
Winsen/Harburg. Sein Name ist Hase und er weiß, dass er immer auf dem Sprung sein muss, um sich vor Feinden zu retten. Lange Ohren, große Augen, stramme Hinterbeine und gute Tarnung sind seine Lebensversicherung. Der Europäische Feldhase, „Lepus europaeus“, von der Deutschen Wildtierstiftung zum Tier des Jahres 2015 ernannt und von Kindern jetzt als Osterhase sehnlichst erwartet, ist in diesen Wochen morgens und in der Abenddämmerung besonders aktiv.
Nicht weil er Ostereier bemalen muss, sondern weil er auf Brautschau geht, um für Nachwuchs zu sorgen. Auf Äckern, Weiden und Wiesen kämpft „Meister Lampe“ um empfangsbereite Weibchen und muss sich mächtig ins Zeug legen, um seine Angebetete zu betören. Vor der Hasenhochzeit jagen sich die männlichen Rivalen und boxen mit ihren Vorderläufen wild aufeinander los. Und auch die Hasendamen hauen sich ordentlich mit.
Der Sieger darf sich mit der Häsin seiner Wahl paaren. Sie setzt nach etwa 42 Tagen Tragzeit zwei bis fünf Junge in eine geschützte Erdmulde, die so genannte Sasse. Die Hasenjungen wiegen etwa 100 bis 150 Gramm, haben bereits Fell und können wie alle Nestflüchter sofort sehen. Die Jungtiere bleiben allein, aber nicht verlassen in der Sasse, während die Häsin auf Futtersuche geht. Sie kommt nur zweimal täglich, um ihre Jungen zu säugen.
Damit ihre Milch gehaltvoll ist, bevorzugen Häsinnen saftige Wildkräuter, Gräser, aber auch Kulturpflanzen wie jungen Mais, Klee oder Luzerne. Auf dem Speiseplan der Feldhasen stehen zudem Pilze, Wurzeln, reife Früchte oder Wildbeeren, die sie mit ihren scharfen Schneidezähnen zerkleinern und mit den Backenzähnen zermahlen. Bis zu vier Mal bringt die Häsin während der Hauptfortpflanzungszeit von Februar bis August Junge zur Welt. Von Treue hält sie nichts, so müssen die stärksten Rammler ständig neu um ihre Gunst kämpfen, um ihre Gene weiterzugeben.
Dennoch sind die Bestände der Feldhasen rückläufig, sagt Dr. Egbert Strauß vom Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung an der Tierärztlichen Hochschule Hannover. „Allerdings sind die kausalen Zusammenhänge der Ursachen dafür nicht bekannt.“
Strauß, der bei der Wildtiererfassung in Niedersachsen (WTE) und mit dem Wildtier-Informationssystem der Länder Deutschlands (WILD) die sogenannte „Besatzdichte der Feldhasen“ pro Quadratkilometer analysiert, nennt Niedersachsen und Schleswig-Holstein als Areale mit hohen Hasen-Beständen. Auch wenn die Zahlen lokal großen Schwankungen unterliegen, leben derzeit in Niedersachsen durchschnittlich 15 Hasen pro Quadratkilometer. „Damit liegt das Niveau wieder bei Beständen wie Mitte der 1990er Jahre“, rechnet Strauß vor. Im Raum Hildesheimer Börde und Vechta wurden die meisten – zeitweise bis zu 60 Hasen – je Quadratkilometer gezählt, während in den Neuen Bundesländern die Feldhasen mit nur fünf Tieren auf gleicher Fläche als bedroht gelten.
In Deutschland steht „Meister Lampe“ auf der Roten Liste bedrohter Tierarten, für Niedersachsen und Schleswig-Holstein gelte das nicht, so Strauß. Sogar die „nachhaltige Jagd“ ist in Niedersachsen erlaubt, allerdings werde in 60 Prozent aller Jagdreviere von Waidmännern darauf verzichtet.
Dennoch wird die Hälfte aller Junghasen kaum ein Jahr alt. Krankheiten, Tod auf den Straßen, Regen und Kälte gehören zu den Ursachen der hohen Sterberate. Aber auch freilaufende Hunde und streunende Katzen verursachen deren Tod.
Anders als ihre entfernten Verwandten, die Wildkaninchen mit den deutlich kürzeren Ohren, legen die nachtaktiven Feldhasen keinen unterirdischen Bau an. Die reinen Pflanzenfresser graben sich nur eine flache Mulde, die ihnen und ihrem Nachwuchs Deckung gibt. Dort tarnen sich die scheuen Einzelgänger während ihrer Ruhezeiten gegen Fressfeinde ab. Ihre langen Löffel(Ohren) legen sie dicht an den Körper, so dass sie wie ein kleiner Erdhaufen aussehen. Droht Gefahr von Hunden, Katzen, wildem Raubzeug wie Marder oder Hermelin sowie Greifvögeln, verharren sie tief geduckt in der Mulde. Wenn sie im letzten Moment bis zu zwei Meter hoch oder drei Meter weit aufspringen und hakenschlagend mit „Tempo 80“ davonjagen, hilft ihnen dieser Überraschungseffekt, zu überleben.
Dank seiner muskulösen, auffällig langen Hinterbeine ist der Feldhase ein extrem schneller Sprinter und Springer. Trotz seiner Kurzsichtigkeit hat Meister Lampe aber einen perfekten Überblick in seinem Revier. Da die großen Augen seitlich am Kopf stehen, kann er einen Bereich von nahezu 360 Grad beobachten und Fressfeinde entdecken. Zudem ist sein feines Gehör ein perfektes Frühwarnsystem.