Die 55-Jährige aus Jesteburg wurde mit 89 Prozent ewählt. Sie folgt Michael Grosse-Brömer, der den Vorsitz nach 22 Jahren abgibt.

Jesteburg Britta Witte ist eine Frau, der nicht polterig daher kommt, das ist ihre Sache nicht. Dennoch strahlt sie eine abgeklärte Autorität aus, die ihr in allen Lebenslagen den Respekt ihrer Gegenüber eingebracht hat. Seit fast 20 Jahren engagiert sich die 55-Jährige in der Politik, genauso lange ist sie in der CDU. Schon seit neun Jahren sitzt sie im Gemeinderat ist Jesteburg, ist Mitglied im Samtgemeinderat und engagiert sich im Verwaltungsausschuss sowie im Ausschuss für Jugend, Schule und Sport. Sie leitet den Bau, Planungs- und Wegeausschuss und ist seit einem Jahr Fraktionsvorsitzende ihrer Partei in ihrem Heimatort. Nun kommt noch ein weiteres Amt hinzu: Am vergangenen Sonnabend wählten sie ihre Parteikollegen mit 89 Prozent der Stimmen zur Vorsitzenden der CDU im Landkreis Harburg.

Das neue Amt nimmt sie mit links, schließlich hat sie schon seit sechs Jahren als Stellvertreterin viele Aufgaben ihres Vorgängers Michael Grosse-Brömer wahrgenommen. Grosse-Brömer war 22 Jahre lang CDU Kreisvorsitzender, trotz seines Wechsels nach Berlin in den Bundestag und seinem Amt als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nahm er seine Aufgaben als CDU-Kreisvorsitzender so oft wie möglich wahr. „Er hat lange durchgehalten“, lobt die Nachfolgerin das Engagement ihres Vorgängers.

Zur Politik gekommen ist Britta Witte durch ihre Kinder. Vor 28 Jahren heiratete die gebürtige Hamburgerin „einen Eingeborenen“, ins Jesteburg fühlte sie sich von Anfang an wohl. Mit den drei Kindern begann sie sich im Kindergarten und später in der Schule einzubringen und arbeitet mit im Schulelternrat. Damals kämpfte sie für die verlässliche Halbtagsschule: „Da galt noch das Motto ‚Wir erziehen unsere Kinder selbst‘, was wir forderten war geradezu unerhört“, erinnert sich Witte. Diese Arbeit brachte Britta Witte das erste Mal in Kontakt mit der Politik – und trieb ihr den Respekt davor ein wenig aus: „Ich hatte seinerzeit eine unglaublich hohe Meinung von den Ratsmitgliedern, aber dann stellte sich schnell heraus, dass die auch nur mit Wasser kochen“.

Vielleicht zeigt das ein wenig die Problematik, warum so wenig Frauen in der Politik aktiv sind. „Frauen wollen immer alles hundertprozentig machen und stellen manchmal zu hohe Ansprüche an sich selbst“, hat Witte festgestellt. Die gelernte Reiseverkehrskauffrau hatte jedenfalls Geschmack an der politischen Arbeit gefunden, früher lag ihr Arbeitsschwerpunkt im Bereich Schule, seitdem ihre drei Kinder erwachsen sind, haben sich die Prioritäten in Richtung Bauen und Verwaltung verschoben.

Als neue Chefin der Landkreis CDU werden ihre Abende nicht länger – sie sind es sowieso schon. Es gibt natürlich den einen oder anderen Repräsentationstermin, den sie zusätzlich wahrnehmen muss, aber auch das wird sie meistern. Für die nächsten zwei Jahre Amtszeit will sie neue Akzente setzen: „Wie alle Parteien haben auch wir natürlich Probleme mit der Altersstruktur und dem Mitgliederschwund“. Auch die Themen Schulpolitik und Y-Trasse hat sie sich auf die Fahnen geschrieben: „Davon ist der ganze Landkreis betroffen. Wir können vom Kreisverband aus Veranstaltungen organisieren und uns positionieren.“

Als Vorstandschefin will sie enger mit den Ortsverbänden und der Kreis-CDU zusammenarbeiten. Wenn sie auf die Zusammensetzung des Kreisvorstands schaut, sieht sie auch hier noch Verbesserungsbedarf. Bisher waren zehn Männer und fünf Frauen darin vertreten, „ich denke da müssen wir mal dran arbeiten“, sagt Britta Witte. Dennoch hat sie sich während ihrer gesamten Zeit in der Politik nie von Männern behindert gefühlt. „Ich bin immer überall unterstützt worden“, betont sie. Dennoch darf man als Frau in der Politik auch nicht empfindlich sein: „Man lernt mit Angriffen umzugehen, heute geht mir das nicht mehr so nahe.“

Auf der Basis ihrer Erfahrungen will die neue Vorsitzende andere Frauen zur politischen Arbeit motivieren. „Es laufen so viele Frauen herum, schade dass man sie so wenig begeistern kann“, bedauert sie den nach wie vor akuten Mangel an weiblichen Politikbegeisterten.

Auch deshalb engagiert sich Britta Witte in einem Mentoring-Programm für Frauen. Momentan weicht ihr bei keiner politischen Veranstaltung Anja Misch von der Seite. Die Hanstedterin „lernt“ von ihr, wie Politik funktioniert und welche Möglichkeiten eine Frau hat, in dem großen und immer noch stark von Männern dominierten Haifischbecken Kommunalpolitik mitzumischen.

Wenn es ihre Zeit bei der vielen ehrenamtlichen Arbeit zulässt, wühlt Britta Witte am allerliebsten in ihrem riesigen Garten. Allerdings gibt’s bei ihr keine Rosen, sie hat den Kampf gegen die Rehe, die bei ihr regelmäßig vorbeischauen, aufgegeben. Und wenn sie dann immer noch ausgelastet sein sollte, gibt es ja auch noch die Familie. Demnächst wird Britta Witte Großmutter. „Darauf freue ich mich auch schon sehr“, sagt sie.